Grabt Opa aus - Ein rabenschwarzer Alpenkrimi
hinterlassen. Aber so gut konnten die Greise nicht mehr zielen. Schon gar nicht im bekifften Zustand. Was sie nicht daran hinderte, es zu versuchen.
Bis Selma „Hoppla!“ sagte.
„Hoppla?“, fragte die Herzoginwitwe mit mulmigem Unterton. „Was meinst du mit Hoppla ?“
„Mir ist womöglich eine entsicherte Handgranate in den Fußraum gekullert ...“ Selma zuckte mit den schmalen Schultern, legte den Zeigefinger auf die rot geschminkten Lippen und lächelte süßlich. In ihrer weit, weit, weit entfernten Jugend hatte sie vermutlich einmal wie Marilyn Monroe ausgesehen. Bestimmt trug sie im Bett nichts weiter als Chanel No. 5 – aber das war jetzt wahrlich kein Trost.
„Alle Handgranaten raus, sofort!“, bellte Jeff.
Alfie war sich sicher, dass er seine Finger nie wieder vom Haltegriff des VW-Busses würde lösen können. Das musste man seinen pensionierten Auftragskillern lassen: Die waren nicht so leicht aus der Ruhe zu bringen. Andererseits hatten die ja auch nicht mehr so viel Lebenszeit vor sich, dass noch Anlass zur Panik bestanden hätte.
Alle begannen, sämtliche Handgranaten nach draußen auf die Straße zu werfen – manche noch gesichert, damit es schneller ging – und kicherten dabei, als hätten sie den Spaß ihres Lebens. Das musste definitiv das Marihuana sein. Alfie fand die Situation kein bisschen komisch. Aber er bekam langsam Hunger ...
Hinter ihnen riss eine Explosion nach der anderen Löcher in die Bundesstraße. Als vom Hang eine Schlammlawine abging, weil Selmas entsicherte Handgranate den Weg nach draußen gefunden hatte, wurde der Hummer langsamer und der VW -Bus gewann an Vorsprung. Nicht dank Technik, sondern dank Dummheit. Aber hey, Vorsprung war Vorsprung.
Vor ihnen tauchte das Ortsschild von Seefeld auf.
„Sind wirklich alle Granaten draußen?“, fragte Jeff.
„Das werden wir gleich merken.“ Selma lachte.
Alfie schloss die Augen und zählte bis zehn.
Und dann nochmal bis zehn. Die anderen bemerkten es und stießen sich grinsend mit den Ellbogen an.
„Bumm!“, brüllte Ludwig alias Hugh Hefner von hinten.
Alfie kreischte wie ein Mädchen. Womöglich machte er sich auch nass. Die anderen amüsierten sich prächtig und lachten lauthals. Alle außer Alfie.
Und Yussef.
Yussef lachte nie.
14
Heute ist ein guter Tag zum Sterben
„Da geht’s doch nicht zum Waldschlössl!“, stellte Alfie fest, als Jeff Bridges in Seefeld vorzeitig nach rechts bog. „Oder doch?“
Eigentlich konnte Alfie gar nicht mitreden. Er kannte sich in Seefeld ja nun wirklich nicht aus. Was vielleicht anders gewesen wäre, wenn er auch einmal in Ruhe das Städtchen hätte erkunden können, anstatt andauernd irgendwelchen Mördern entkommen zu müssen. Womöglich war das ja eine Abkürzung zum Schloss.
Jeff Bridges schaute grimmig in den Rückspiegel. In der Ferne sah man Scheinwerfer. Ganz bestimmt hatte der Hummer wieder Witterung aufgenommen.
„My Schloss is my castle“, sagte Jeff mit einer Stimme, die alte Männer für gute Ratschläge reserviert haben, „aber niemals den Showdown im eigenen Heim durchziehen! Das Aufräumen hinterher kostet den letzten Nerv, und wenn was zu Bruch geht, dann immer die Lieblingsstücke. Murphys Gesetz.“
„Das ist jetzt unlogisch, mein Lieber“, warf die Herzoginwitwe von hinten ein. „Wenn ich mich recht erinnere, haben die bei uns zu Hause vorhin schon alles kaputt gehauen, sogar die Ming-Vase am Eingang.“
„Ich denke in größeren Dimensionen, meine Liebe, dagegen nehmen sich Vasenscherben harmlos aus. Ich spreche von einem finalen Showdown, damit endlich Ruhe herrscht. Wir müssen die ganze Bande auf einen Schlag loswerden.“
„Showdown? Final? Was?“, stotterte Alfie.
„Jungelchen, es ist kein Zeichen von Schwäche, wenn man flieht. Gewonnen hat, wer am nächsten Tag noch am Leben ist“, fuhr Jeff Bridges in seinem Ratschlag-Tonfall fort. „Aber manchmal kommt der Zeitpunkt, an dem ein Mann sich seinem Schicksal stellen muss. Dieser Zeitpunkt ist da.“
Alfie bekam eine Gänsehaut.
Und ehe er sich’s versah, stand das quietschbunte Lovemobil vor einem großen Gebäude mit ein paar Steinklumpen und ganz viel Glas, das sich organisch in die Landschaft zu schmiegen schien. Hinter einem kleinen Rinnsal erhob sich im Mondlicht eine weiße Kapelle und ganz weit dahinter das Karwendelspitzmassiv. Über allem aber lag die Nacht.
Alfie erinnerte sich, dass er an seinem allerersten Tag in Seefeld bis hierher spaziert war, bevor
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