Grace - Die Biographie
sie Geliebte, nun kann er Grace die goldene Statuette überreichen. Grace ist eine der wenigen Schauspielerinnen, die nach nur wenigen Spielfilmen bereits einen Oscar erhält.
Graces Danksagung zählt zu den kürzesten überhaupt, zwanzig Sekunden: »Die Freude dieses Momentes hält mich davon ab, zu sagen, was ich wirklich empfinde. Ich kann nur mit meinem ganzen Herzen all jenen Danke sagen, die dies möglich gemacht haben. Danke.« 190 Zwei Sätze, die ihr sehr entsprechen. Erst hinter der Bühne bricht sie in jene Tränen aus, die sie zuvor vorn auf der Bühne unterdrückt hatte.
Auch John B. Kelly in Philadelphia verfolgt die Academy-Show live am Fernsehbildschirm. Als er von einem Reporter zu Hause angerufen wird, der ihn um einen Kommentar zu diesem großen Erfolg seiner fünfundzwanzigjährigen Tochter bittet, vermag der Vater nur Folgendes mitzuteilen: »Ich dachte immer, es würde Peggy sein. Alles, was Grace gekonnt hat, konnte Peggy immer besser. Ich kann einfach nicht glauben, dass Grace gewonnen hat. Von den vier Kindern ist sie die Letzte, von der ich gedacht hätte, dass sie mich im Alter unterstützen würde. Wie kommt so was bloß zustande?« 191
Wie Grace auf diese demütigende, zumal veröffentliche Aussage ihres Vaters über den größten Triumph ihrer Schauspielkarriere reagiert hat, ist nicht belegt. Doch man kann sich wohl vorstellen, was es bedeutet, wenn der eigene Vater angesichts eines solchen Erfolges mit derartiger Taktlosigkeit reagiert. Höheres kann sie in dem Beruf, den sie ausübt, nicht erzielen. Sie hat unter der Regie von Fred Zinnemann, John Ford und Alfred Hitchcock gearbeitet. Sie hat an der Seite von Clark Gable, von James Stewart und von Cary Grant gespielt. Sie hat den Oscar gewonnen – neben zahlreichen anderen Auszeichnungen. Vater Jack jedoch redet davon, dass seine Tochter Peggy immer alles besser gekonnt habe. Für ihre Eltern, für Vater Jack zumal, war Grace unter den vier Kelly-Kindern stets das schwarze Schaf. Sie scheint es auch jetzt, im Frühjahr 1955 nach der Oscar-Verleihung, noch immer zu sein. So sehr hatte sie gehofft, dass sich dies nun ändern würde. Vergebens. Grace Kelly wird weiter um die Gunst, ja, um die Absolution ihres Vaters buhlen und werben – 1956 schließlich wird sie sie endlich erlangen, erst gegen dessen Lebensende, vier Jahre vor seinem Tod.
Die sich der Zeremonie anschließende Oscar-Dinnerparty findet im »Romanoff ’s« am Rodeo Drive statt, einem der bekannten In-Lokale Hollywoods in den vierziger und fünfziger Jahren. Das »Romanoff ’s« ist zu dieser Zeit dem »Chasen’s« sehr ähnlich, welches sich jedoch länger hält. Im »Chasen’s«, Alfred Hitchcocks Lieblingsrestaurant, pflegt der Master of Suspense an jedem Donnerstagabend zusammen mit seiner Frau Alma zu speisen, und hier bietet er auch wenige Jahre später, im Herbst 1961, TippiHedren die Rolle in Die Vögel an und überreicht ihr dabei eine silberne Brosche mit drei Vögeln, die sie noch heute hat.
Grace hält an diesem Abend im späten März 1955, an ihrem Tisch im »Romanoff ’s« sitzend, immer wieder die goldene Statuette fest, die direkt vor ihrem Gedeck steht, und zeigt sie auf Bitten mehrfach den Fotografen, die zu ihrem Tisch kommen. Dabei strahlt sie über ihr ganzes Gesicht. Auch Edith Head sitzt mit an Graces Tisch – sie hat ebenfalls einen Oscar vor sich auf dem Tisch stehen, den sie für Wilders Sabrina erhielt.
Nicht allzu spät verlässt Grace die Dinnerparty. Nachdem sie von dem ihr zur Verfügung gestellten Wagen mit Chauffeur zurück in das »Beverly Hills Hotel« gefahren wird, soll sie die Statuette über dem Kaminfeuer ihres Hotel-Bungalows gestellt, sich aufs Sofa gesetzt und die Trophäe angestarrt haben. Es sei, trotz dieses Erfolges, ein sehr einsamer Moment gewesen, eine sehr einsame Nacht. Vielleicht der einsamste Moment ihres Lebens. So lautet eine Version dieser ausklingenden Oscar-Nacht des 30. März 1955.
Die andere Version lautet, dass Marlon Brando, der an diesem Abend ebenfalls einen Oscar erhalten hatte – für seine Rolle des Terry Malloy in Elia Kazans Die Faust im Nacken , Grace seine Telefonnummer zugesteckt haben soll. Woraufhin Grace angeblich Brando anruft und dieser in den Bungalow des »Beverly Hills« kommt. Zunächst soll sich Grace bei Brando über den Kollegen Bing Crosby beklagt haben, der wie erwähnt gegen ihre Besetzung in Ein Mädchen vom Lande gewesen sein soll. Als sich Grace und Brando
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