Grace - Die Biographie
schließlich näherkommen, klopft es nachts um drei Uhr herum an der Bungalowtür, und davor steht kein Geringerer als Crosby, der an diesem Abend ebenfalls für den Oscar nominiert war – und gegen Brando verloren hatte. Es kommt zu einem Handgemenge zwischen den beiden rivalisierenden Männern, bei dem der jüngere Brando – er ist zu dieser Zeit dreißig, zudem hatte er sich 1953 auf seine Rolle des Hafenarbeiters Terry Malloy mit Boxunterricht vorbereitet – mit dem wesentlich älteren Crosby leichtes Spiel hat. Grace muss Hotelmanager und Hausarzt rufen. Crosby verlässt Graces Hotelbungalow schließlich im doppelt geschlagenen Sinne.
Diese Version stammt von Brandos US-Biograph Darwin Porteraus dessen Buch Brando Unzipped (New York, 2006). Brandos Agentin, Edith Van Cleve, die eine Zeitlang auch Grace Kelly vertreten hat, soll sie ihm in dieser Form erzählt haben. 192
Es bleibt offen, welches der beiden Szenarien der Realität jener Oscar-Nacht dieses 30. März 1955 entspricht.
Green Fire
(Grünes Feuer , 1954)
Grünes Feuer zu drehen war keine angenehme Erfahrung.
Wir arbeiteten in einem erbärmlichen Dorf, mit
Elendshütten und voller Dreck. Ein Teil der Crew erlitt
Schiffbruch – es war schrecklich.
— Grace Kelly 193
Mit denkbar größtem Widerwillen reist Grace Kelly unmittelbar nach Abschluss der Dreharbeiten zu Ein Mädchen vom Lande im April 1954 nach Kolumbien, um ihren Vertrag mit der MGM zu erfüllen und für Grünes Feuer vor der Kamera zu stehen. Es ist, auf allen Ebenen, ein Zugeständnis, ein Opfer. Lohnarbeit. Von vornherein steht fest, dass dieses Projekt keinerlei künstlerischen Anspruch mit sich bringt, die Dreharbeiten unter schwierigen strapaziösen Bedingungen stattfinden und die Ausrichtung eine ausschließlich kommerziell orientierte ist. Als der Film schließlich am 24. Dezember 1954 in New York Premiere hat – und auf dem Plakat neben den Namen von Stewart Granger und ihrem eigenen eine mit üppiger Oberweite ausgestattete typische Hollywood-Blondine prangt, die offenbar Grace darstellen soll, worüber sie sich furchtbar aufregt –, wird er ein Flop an der Kasse und fällt bei der Kritik ohnedies durch. Für die MGM ein doppeltes Desaster.
Für zehn Drehtage steht Grace zunächst in Kolumbien vor der Kamera, danach für den Innendreh in den MGM-Studios in Culver City. Es mag sich für diese Frau, die inzwischen weiß, wo sie steht, und immer besser, wohin sie will, wie verlorene Lebenszeit anfühlen. Grace beginnt allmählich, ihren eigenen Wert zu erkennen, wenngleich selbst nach dem Oscar im März 1955 noch hartnäckig Zweifel an ihr nagen. Während sie an der Seite von Stewart Granger die Kaffeeplantagenbesitzerin Catherine Knowland spielt, weiß sie schon, wohin es nach Drehschluss dieses leidigen Projektes geht: an die französische Riviera, nach Cannes, Nizza und Monaco. Kein größerer Kontrast wäre denkbar zu jenemstaubig-heißen, anstrengenden Dreh in Kolumbien als einer an der lichtdurchfluteten Côte d’Azur mit ihren eleganten Grand Hotels und jener eleganten Noblesse, die dort sichtbar über allem liegt. Dieser extreme Wechsel der Locations mag für Grace Trost und Aussicht zugleich sein, während sie ihre Arbeit für Grünes Feuer pflichtgemäß erfüllt.
Regisseur Andrew Marton (1904–1992), gebürtiger Budapester, der parallel zu seinen eigenen Regiearbeiten über die Jahre bei legendären Hollywood-Großproduktionen wie etwa William Wylers Monumentalepos Ben Hur (1959) oder Joseph L. Mankiewicz’ Cleopatra (1963) auch oftmals die Regie der Second-Unit (des zweiten Aufnahmeteams) innehat, inszeniert diesen mit vielen Natur- und Landschaftsaufnahmen versehenen Abenteuerfilm handwerklich solide und routiniert. Das Drehbuch verfassen Ivan Goff und Ben Roberts nach dem Roman von Peter W. Rainier. Produzent ist Armand Deutsch. Die Handlung ist denkbar flach und eindimensional, die Figuren haben keine Tiefe, keine wirklichen biographischen Hintergründe, der Spannungsbogen wird lediglich durch bloße äußere Action zu etablieren versucht.
Als der Abenteurer Rian X. Mitchell (Stewart Granger) am Berg Carrere im tiefen Kolumbien auf Gestein stößt, das zu größeren Smaragdvorkommen führen könnte, will er diese unbedingt heben. Auf dem Rückweg von der historischen, jahrhundertealten Mine wird er erst von Banditen, dann von einem Leoparden angegriffen und verletzt. Nachdem Pater Ripero (Robert Tafur) den Gestrandeten findet und zur unweit, direkt
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