Grace & Josephine - Eingeschneit (German Edition)
lieben! , dachte sie, während sie sich schon wieder auf dem Rückweg zu ihrem Bahnsteig befand.
Punkt 7:20 Uhr stand der Zug vor ihr, ohne Verspätung!
Mit einem Fuß auf der Treppe schaute sie noch ein letztes Mal nach oben, in den Himmel von Providence, an dem man noch die Sterne sehen konnte, und flüsterte: „Das wird das schönste Wochenende, das ich je hatte, mit der Freundin, die ich nie hatte!“
GRACE
Inzwischen war ihr richtig übel von dem viel zu starken Kaffee. Da wäre sie noch lieber müde geblieben als das jetzt! Grace machte sich auf den Weg zur Flughafentoilette und spritzte sich jede Menge kaltes Wasser ins Gesicht.
„Na toll, jetzt verläuft mir auch noch die Schminke!“, sagte sie zu ihrem Spiegelbild.
Das fehlte noch, bei der ersten richtigen Begegnung mit Josephine leichenblass mit verschmierter Wimperntusche aufzutauchen. Sie würde sicher an ihr vorbeigehen und sie nicht einmal erkennen, weil sie sie für irgendeinen Drogenjunkie hielt.
Das Make-Up war sicher in dem kleinen Koffer verstaut, den sie natürlich schon als Gepäckstück aufgegeben hatte und der bereits im Flugzeug verstaut war – dort, wo sie höchstwahrscheinlich heute nicht mehr hingelangen würde.
Die freundliche Stimme der Dame an der Durchsage hatte vor zehn Minuten angekündigt, dass es sich noch um mehrere Stunden handeln könnte, bis die Flugbahn freigegeben wurde. Wenigstens hatte es endlich aufgehört zu schneien; aber wann die Flugbahn von den vielen Zentimetern Schnee befreit sein würde, das wusste anscheinend niemand.
Missmutig machte Grace sich auf zur Flughafen-Drogerie, wo sie sich erst einmal eine Tube Make-Up, schwarze Wimperntusche und, wo sie schon dabei war, auch gleich noch einen hübschen dunkelroten Lipgloss kaufte.
An der Kasse fielen ihr wieder Schokoriegel ins Auge und sie griff nach ein paar Hershey-Riegeln – die aus weißer Schokolade mit Keksstückchen, die Jo am liebsten aß. Sie verstaute alles in ihrer großen Handtasche, die bereits überfüllt war.
Wenn mich jetzt jemand kontrolliert, denkt der noch, ich schmuggel Schokoriegel , dachte sie und musste laut lachen.
Ein älterer Herr sah sie grimmig an, doch sie tänzelte nur fröhlich davon. So ein bisschen Schnee konnte ihr und Jo doch nicht ihr Wochenende verderben!
Grace kam an einem großen, wunderschön geschmückten Weihnachtsbaum vorbei, der mitten in der Abflughalle stand und die Menschen auf Weihnachten einstimmen sollte. Bei Grace bewirkte er nur ein noch größeres Lächeln, denn sie dachte an den „größten Tannenbaum der Welt“ am dem Rockefeller Center, den Jo und sie sich zusammen ansehen wollten, wenn sie in New York waren. Falls sie denn überhaupt nach New York kommen würden.
Jo saß bereits in ihrem Zug, der zum Glück nicht dem Schnee zum Opfer gefallen war. Wie die Verhältnisse aber auf dem weiteren Weg sein würden und ob sie sich dadurch auch verspäten würde, das wusste niemand. Auch nicht, wann endlich ihr verdammter Flieger gehen würde.
Warum haben wir uns für unser erstes gemeinsames Treffen auch nur Mitte Dezember ausgesucht? , dachte Grace. Weil wir beide Weihnachten lieben und fanden, das wäre perfekt, erinnerte sie sich sogleich.
Nicht nur die Liebe zur Weihnachtszeit hatten sie gemeinsam. Inzwischen fragte Grace sich, ob es überhaupt auf der großen weiten Welt noch zwei Menschen gab, die so viel gemeinsam hatten wie sie beide.
…
Vor sechs Monaten hatte sie Jo auf Facebook entdeckt. Sie schrieb Gedichte und hatte eine Lyrik-Seite, genau wie sie selbst. Dadurch war sie auf sie aufmerksam geworden und hatte ein paar ihrer Gedichte gelesen. Sie war aus dem Staunen gar nicht herausgekommen: Da gab es wirklich einen Menschen, der so dachte wie sie, der sogar dieselbe
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