Grace & Josephine - Eingeschneit (German Edition)
treffen?“
„Unglaublich gerne“, hatte Jo geantwortet. „Sag mir wann und wo, und ich werde da sein.“
Da musste Grace nicht lange überlegen, denn es gab noch zwei Gemeinsamkeiten, die sie teilten: die Liebe zu Weihnachten und die Liebe zu New York.
„Dezember, Christmas-Shopping in New York“, schlug Grace vor und erntete sogleich freudige Zustimmung.
...
„Alle Passagiere des Fluges 876 nach New York City werden zum Boarding gebeten“, ertönte die Durchsage.
Grace stand auf, lächelte ein großes Lächeln und stieg in das Flugzeug, das sie in weniger als zwei Stunden zu ihrer Jo bringen sollte.
JOSEPHINE
„Oh mein Gott“, schluchzte Jo, die nicht mehr in der Lage war, ein weiteres Wort über ihre Lippen zu bringen, als sie die Zeilen auf dem Brief ihrer Sitznachbarin Ruth las.
Zu spät merkte sie, dass sie ihn vielleicht nicht hätte mitlesen dürfen, da er sehr persönlich war. Doch die Versuchung war einfach zu groß gewesen, als sie das Datum oben rechts in der Ecke erblickt hatte – April 1978, und sie unbedingt wissen wollte, warum Ruth einen so alten Brief las.
Etwas beschämt blickte sie dann doch auf, direkt in die mit Tränen gefüllten Augen dieser vom Leben gezeichneten Frau, und griff automatisch nach ihrer Hand, ein Ich-bin-für-Sie-da-Reflex.
„Bitte sagen Sie mir, dass Sie sich auf dem Weg befinden zu dem Mann, der diese wundervollen Worte für Sie zu Papier gebracht hat!“, sagte sie voller Hoffnung.
„ Ach Liebes, wenn das Leben doch immer nur so einfach wäre“, antwortete Ruth, während sie Jos Hand einmal drückte. „Doch Sie liegen nicht ganz falsch, ja, ich bin auf dem Weg zu dem Mann, der diese Worte zu Papier brachte, der Mann, der meine erste große Liebe war und immer sein wird. Aber leider nicht aus erfreulichen Gründen. Ich fahre dort hin, um mich an seinem Grab von ihm zu verabschieden. Er ist vor zwei Wochen von uns gegangen. Er ist gestorben und ich hatte nicht mehr die Gelegenheit, ihm zu sagen, wie viel er mir bedeutet und dass er immer noch einen großen Platz in meinem Herzen hat und immer haben wird.“
Jo blickte sie mit aufgerissenen Augen an und das Einzige, was sie in diesem Moment sagen konnte, waren die Worte: „Es tut mir von Herzen leid.“
Sie entschuldigte sich und begab sich direkt zur Toilette. Dort angekommen, spritzte sie sich erst mal jede Menge kaltes Wasser ins Gesicht, betrachtete sich dann im Spiegel. Immer noch zutiefst von diesen Worten berührt, schloss sie ihre Augen und atmete einmal tief durch.
Gerade als sie sich auf den Rückweg machen wollte, spürte sie eine Vibration in ihrer Tasche – eine SMS von Grace.
Jaaaaa … Sie hat um 10.15 Uhr endlich ihren Flug und ich muss keine Angst haben, am Ende alleine dazustehen. Zwar werde ich mir etwas die Zeit vertreiben müssen, da sie um einiges später kommt als ich, aber das Wichtigste ist doch, dass sie KOMMT!, dachte sie, während sie wieder neben Ruth Platz nahm.
Zuerst wollte sie Grace die Geschichte von Ruth gleich per SMS erzählen, doch dann dachte sie sich, dass sie das auch später noch tun könne. Die Freude, dass es für sie nun endlich losging, war im Moment größer!
...
Was für ein Tag , dachte sie, während sie ihr Moleskine-Notizbuch auf den kleinen Tisch vor sich legte. Gerade als sie ansetzen wollte zum Schreiben, fing der Zug plötzlich an zu stocken und die Fahrgäste wurden leicht durchgerüttelt, während der Zug immer langsamer wurde.
Nein … nein … nein …, das darf doch nicht wahr sein! Warum bleibt denn dieser verdammte Zug plötzlich stehen? Bitte lieber Gott, tu mir das nicht an, nicht jetzt und nicht heute!, betete sie, doch vergebens, der Zug stand und bewegte sich keinen Zentimeter mehr.
„Liebe Fahrgäste, es gibt einen kleinen technischen Fehler – aus diesem Grund mussten wir
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