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Graciana - Das Rätsel der Perle

Graciana - Das Rätsel der Perle

Titel: Graciana - Das Rätsel der Perle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Cordonnier
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ein solches Kreuz in Auftrag und präsentiert es euren Untertanen«, schlug Kérven praktisch vor.
    »Es wäre nicht dasselbe«, meinte der Herzog schmunzelnd. »So wie Ihr nicht eine x-beliebige hübsche blonde Dame sucht, sondern eine ganz bestimmte, kann man auch das Kreuz von Ys nicht durch ein anderes ersetzen. Die Sage beschreibt es viel zu genau!«
    »Tatsächlich?« Kérven versuchte sich zu erinnern und musste dann zugeben, dass sein Herr recht hatte.
    »Es liegt an den Juwelen, nicht wahr? Man sagt, das Kreuz sei mit einmaligen Kostbarkeiten geschmückt!«
    »So ist es«, bestätigte Jean de Montfort. »Die Sterne von Armor sind es, die jenes Kreuz zu einem unschätzbaren Kleinod machen. Ein jeder für sich unverwechselbar und größer als ein Taubenei. In der Mitte des Kreuzes ist eine makellose schimmernde Perle, die wie der Schein des Mondes auf dem Meer glänzt. Dann gibt es einen Rubin, der für den roten Granit der Nordküste steht, einen Smaragd für die endlosen Wälder, einen Saphir für das Meer um die bretonische Küste und einen Diamanten, der das reine Herz des wahren Königs der Bretagne gleichnishaft darstellen soll. Niemand könnte fünf Steine in solcher Größe zusammentragen, ohne Aufmerksamkeit zu erregen. Und welcher Goldschmied vermag ein Kreuz zu fertigen, das die geheimnisvollen Symbole der alten Religion mit jenen des Christentumes vereint? Ihr träumt einen unmöglichen Traum, Kérven!«
    Der Seigneur des Iles sagte nichts, dafür sah er aus, als sei ihm eben ein leibhaftiger Geist erschienen. Wie unter Zwang griff er in den ledernen Almosenbeutel, den er am Gürtel seines eleganten Wamses trug, und griff nach einem dort verborgenen Gegenstand. Als er dem Herzog die ausgestreckte Hand präsentierte, lag eine Perle darauf. Eine wundervoll schimmernde, makellose Perle von der Größe eines Taubeneis. Jean de Montfort verschlug es für einen Moment die Sprache.
    »Bei Gott! Was ist das?«, fragte er endlich und suchte im Gesicht des jungen Ritters zu lesen. »Wüsste ich es nicht besser, ich würde meinen ... es ist ... Nein, nein, das ist unmöglich! Sagt mir, wie Ihr an diese Perle gekommen seid, mein Freund.«
    »Sie befand sich im Besitz von Graciana«, meinte Kérven seufzend und umschloss das Kleinod, das warm und seidig in seiner Hand zu pulsieren schien. »Ich vermutete, dass sie dieses unschätzbare Juwel irgendwo gestohlen hat. Aber es hat mich verwundert, dass sie keinen Versuch unternahm, es wieder an sich zu bringen, ehe sie Lunaudaie so heimlich verließ.«
    Der Herzog strich sich fahrig mit dem Handrücken über die Stirn. Es war eine Sache, über eine Legende zu spekulieren, und eine völlig andere, plötzlich mit einem Gegenstand konfrontiert zu sein, der diese Legende zu bestätigen schien.
    »Angenommen, diese Perle wäre einer der Sterne von Armor ...«, begann er vorsichtig. »Ihre ungewöhnliche Größe und Reinheit könnten zu diesem Glauben verleiten. Das würde bedeuten, dass das Kreuz von Ys unzweifelhaft existiert! Dass irgendwo das Kreuz mit den übrigen Juwelen sein muss! Gütiger Himmel, dieses Kreuz könnte unserer Heimat einen sichereren Frieden schenken als jede Schlacht! Ihr müsst dieses Mädchen finden, Kérven! Nur Eure Graciana kann uns sagen, was es mit dieser Perle auf sich hat!«
    Der Seigneur des Iles starrte seinen Herzog an, als frage er sich ernsthaft, ob mit dessen Verstand alles in Ordnung wäre.
    »Aber es ist doch nur eine Sage ...«, murmelte er ein wenig fassungslos. »Ein Märchen, das man sich an Wintertagen erzählt, wenn der Sturm durch den Kamin fährt und man nichts Besseres zu tun hat.«
    »Viele der Sagen unseres Landes beruhen auf tatsächlichen Ereignissen«, entgegnete der Herzog in tiefern Ernst. »Meint Ihr nicht, dass es besser ist, einer Sage Glauben zu schenken, als neuerliches Blutvergießen zu riskieren? Bisher habe ich das Kreuz von Ys auch nicht sonderlich ernst genommen, aber eines steht fest: Ich habe noch nie eine so riesige und makellose Perle gesehen. Wenn es dieses Kreuz gibt, dann wäre sie der passende Mittelpunkt für die übrigen vier Steine!«
    Er stieß einen tiefen Seufzer aus. »Wie dem auch sei, findet mir Eure Graciana und erlaubt mir, diese junge Frau nach der Herkunft dieses Juwels zu fragen!«
    »Ich bin Euer gehorsamer Diener!«
    Kérven machte seine Reverenz vor dem Herzog und ging dann hinaus, immer noch ganz verwirrt. Wie sich die Situation plötzlich verändert hatte! Nun hatte er den

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