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Grafeneck

Titel: Grafeneck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer Gross
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interessante Meldung bekommen betreffs Hermann Mauser«, sagt Waiblinger und deutet auf seinen Bericht.
    Greving tritt näher und beugt sich über das eingespannte Blatt.
    »Er hat den Eugen Mattes mit Waffengewalt bedroht.«
    »Aha. Und?«
    »Na, woher hat der eine Schußwaffe? Er hat zwar eine Legitimation, von wegen seiner Mitgliedschaft im Schützenverein, aber deswegen hat man noch lang keine Waffe im Haus.«
    »Das habe ich schon gewußt«, erwidert Greving.
    »Der Mauser steht doch in irgendeiner Verbindung mit der toten Person, Herr Kommissar. Der ist verdächtig, wenn Sie mich fragen.«
    »Weshalb hat er denn den Mann bedroht?«
    »Na ja, der hat keine Anzeige erstattet. Er hat es mir bloß erzählt …«
    »Und Sie schreiben einen Bericht darüber?«
    »Ich dachte halt, es ist wichtig …«
    Greving holt eines der Bilder aus der Manteltasche und hält es Waiblinger hin.
    »Haben Sie diesen Mann schon einmal gesehen?«
    Waiblinger ist verärgert. Daß sein Bericht über Mauser nicht ernst genommen wird und der Kommissar aus dem Unterland so einfach darüber hinweggeht, will er sich nicht gefallen lassen. Er nimmt das Bild in die Hand und hält es ins Licht.
    »Ist das die tote Person?«
    »Beachten Sie das Muttermal unterm Auge. Das ist auffällig.«
    »Also, nein, den kenne ich nicht.« Er gibt das Bild wieder zurück, legt die Hände neben die Schreibmaschine und weiß nicht, wie er weitermachen soll.
    »Den Bericht«, fragt er, »soll ich den zu Ende schreiben, oder …?«
    »Machen Sie das, wenn Sie wollen«, sagt der Kommissar und steckt das Bild wieder ein. »Und wenn Sie damit fertig sind, nehmen Sie sich einige der Ausdrucke und fragen die Leute im Dorf. Haben Sie eine Idee, bei wem ich anfangen sollte?«
    »Also, wenn einer die Nazis von damals kennt, dann ist es der Heinrich Waltz.«
    »Den habe ich schon kennengelernt.«
    Greving läßt einen Stapel Ausdrucke auf dem Tresen liegen und verläßt die Polizeistube. Draußen auf der Straße weht ihm ein böiger Wind entgegen. Das Wetter hat sich nicht gebessert, der Himmel ist stark bewölkt, Schauer gehen nieder.
    Daß Mauser jemanden mit seiner Pistole bedroht hat, will Greving nicht in den Kopf. Wie kommt der Mann dazu? fragt er sich. Den treibt etwas um. Der hat ein Geheimnis und will es loswerden. Vielleicht sollte ich als erstes mit ihm sprechen.
    Die Osterferien sind vorüber, Mauser muß vormittags in der Schule sein und unterrichten. Greving überlegt, ob er in die Schule fahren soll, verschiebt den Besuch dann aber auf nachmittags.
    Gerade geht er die Hauptstraße entlang, als ein Motorrad heranfährt und vor ihm anhält. Der Fahrer klappt das Helmvisier hoch und grüßt ihn mit erhobener Hand.
    »Grüß Gott, Herr Kommissar!«
    »Sind Sie das, Herr Mauser?«
    »Ich komm gerade von der Schule. War heut noch nicht viel los, nach den Ferien. Sie sind wieder bei uns?«
    »Ja. Seit heute.«
    »Und? Wissen Sie was Neues?«
    Greving nickt.
    »Darf ich Sie zu einer Tasse Kaffee einladen? Bei mir?
    Ich fahr schnell voraus und mach einen. Filterkaffee. Ist’s recht?«
    »Vielen Dank.« Greving lächelt und blickt dem Motorrad hinterher. Der alte Mann auf seinem Moped, denkt er. Wie kommt der dazu, jemanden mit seiner Pistole zu bedrohen? Mit der alten Pistole seines Vaters. Und wie aufgeschlossen er heute ist. Der will was loswerden. Da komme ich gerade richtig.
    Als Greving unten an der Haustür läutet, ist der Kaffee schon fertig. Mauser holt den Hefezopf aus einer Plastiktüte und schneidet den Laib in Scheiben. Ein Brotkorb, die Butterschale dazu, dann holt er zwei Tassen aus dem Küchenbord.
    »Kommen Sie rauf, es ist offen!« ruft er die Treppe hinunter.
    Er hört die leichten, bedächtigen Schritte des Kommissars auf den Stufen. Sie knarren nicht. Ein Leisetreter, denkt Mauser.
    »Ich hab Hefezopf«, sagt er, als der Kommissar in der Küchentür steht. »Möchten Sie einen Butter dazu?«
    »Vielen Dank.« Greving setzt sich an den Stubentisch und lehnt sich behaglich zurück. Mauser bringt den Kaffee in einer Porzellankanne.
    »Schön, daß wir mal so bequem beieinandersitzen«, sagt Greving. »Die Schule hat wieder begonnen?«
    »Ja, die Ferien sind vorbei.«
    »Und? Wie geht’s Ihnen damit?«
    »Ist mir ein bißchen schwergefallen, wenn ich ehrlich sein soll. Wissen Sie, die Tage über Ostern waren so … ich weiß nicht … als wären die Ferien nie zu Ende.«
    »Woher kommt das?«
    »Seit ich diese Leich in der Höhle gefunden hab. Ich

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