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Gralszauber

Titel: Gralszauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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darin war. Er hatte in der letzten Zeit
einfach zu viele Enttäuschungen erlebt, um noch mehr
davon aushaken zu können. Er sagte gar nichts, sondern
lächelte nur schüchtern.
»Artus war der Meinung, du würdest nie wieder kommen«, sagte Gwinneth.
»Er muss ziemlich zornig auf mich sein«, vermutete Dulac.
»Zornig?« Gwinneth schüttelte den Kopf. »Nein. Enttäuscht. Er war sehr enttäuscht, weißt du? Er wollte alles
für dich tun, was er konnte, und dann bist du einfach weggelaufen.«
»Ich bin nicht weggelaufen«, antwortete Dulac impulsiv.
»Ich meine, ich … ich bin nicht –«
»– aus Feigheit weggerannt.« Gwinneth fiel ihm kopfschüttelnd ins Wort. »Das glaube ich auch nicht. Ebenso
wenig wie Artus, wenn du mich fragst. Vielleicht hält er
dich für undankbar, aber gewiss nicht für feige.« Sie hob
die Schultern. »Wo bist du die ganze Zeit gewesen?«
»Hier und da«, antwortete Dulac ausweichend. »Überall.«
»Außer in Camelot«, fügte Gwinneth hinzu.
Dulac beließ es zur Antwort bei der Andeutung eines
Nickens. Das Verhör, dem ihn Gwinneth unterzog, begann
ihm mit jedem Augenblick unangenehmer zu werden. Andererseits – was hatte er erwartet?
Wieder verging eine ganze Weile, in der sie einander nur
schweigend ansahen, und obwohl das Lächeln auf Gwinneths Zügen vollkommen unverändert blieb, glaubte er
doch immer deutlicher zu spüren, dass ihr die Situation
genau so unangenehm war wie ihm. Er war nicht der Einzige, der sich … befangen fühlte.
»Du könntest zurück, weißt du das?«, fragte Gwinneth
plötzlich.
Zurück? Wohin?
Obwohl er die Frage nicht laut ausgesprochen hatte,
schien Gwinneth sie in seinen Augen gelesen zu haben,
denn sie beantwortete sie. »Nach Camelot. Artus hätte
sicher nichts dagegen.« Sie verbesserte sich: »Artus hat
nichts dagegen.«
»Woher wollt Ihr das wissen?«, fragte Dulac misstrauisch.
»Weil er es mir gesagt hat«, antwortete Gwinneth. Sie
schien auf eine ganz bestimmte Reaktion seinerseits zu
warten. Als diese nicht kam, hob sie mit einem Ausdruck
leiser Enttäuschung die Schultern und wandte sich um.
Dulac befürchtete schon, dass sie einfach zu ihrem Pferd
gehen und davonreiten würde, aber sie machte nur ein paar
Schritte und setzte sich dann mit angezogenen Knien auf
das Moos am Waldrand. Ohne darüber nachzudenken
folgte Dulac ihr und setzte sich neben sie; nicht so nahe,
wie er es gerne getan hätte, aber eindeutig näher, als sich
geziemte.
Erneut war es, als hätte sie seine Gedanken gelesen,
denn sie sagte: »Mach dir keine Sorgen. Niemand wird
uns so zusammen sehen. Ich bin allein.«
»Hier draußen?« Dulac sah sich um. »Ist das nicht zu
gefährlich?«
»Jetzt hörst du dich an wie Artus«, sagte Gwinneth.
»Aber keine Angst. Mir kann nichts geschehen. Ich bin in
einer Gegend wie dieser aufgewachsen, weißt du? Alle
Barbaren der Welt würden mich in diesen Wäldern nicht
fangen.«
So selbstverständlich, wie sie das sagte, klangen ihre
Worte vollkommen überzeugend. Und plötzlich rutschte
sie ein kleines Stück auf ihn zu und legte den Kopf auf
seine Schulter. Dulac erstarrte innerlich schier zu Eis.
»Ich komme oft hierher«, sagte sie. »Fast jeden Tag,
wenn es mir gelingt, mich aus der Stadt zu schleichen,
heißt das.«
»Warum?« Dulac hob ganz vorsichtig die Hand, wartete
darauf, dass sich der Boden auftat um ihn zu verschlingen,
und legte ihr schließlich den Arm um die Schulter. Auch
jetzt fiel ihm nicht der Himmel auf den Kopf, aber Gwinneth schmiegte sich noch etwas fester an ihn. Dulacs Herz
begann zu rasen.
»Es ist sehr schön hier«, antwortete sie, wenn auch erst
nach einer geraumen Weile. »Dieser Platz erinnert mich
an meine Heimat. Ich wurde an einem See wie diesem
gefunden, weißt du?«
»Gefunden?« Dulac war so überrascht, dass er um ein
Haar die Hand von ihrer Schulter genommen hätte.
»Ja«, bestätigte Gwinneth. »Meine Eltern sind … waren
nicht meine wirklichen Eltern, musst du wissen. Sie haben
mich nur an Kindes statt angenommen, weil sie selbst keine Kinder hatten. Sie haben es mir nie gesagt, aber nach
ihrem Tod hat Uther mir erzählt, dass ich als Säugling am
Ufer eines Sees gefunden wurde.« Sie machte eine Kopfbewegung auf das still daliegende Wasser hin und lachte
leise. »Es könnte sogar dieser See hier gewesen sein.«
»Dieser … See?«, murmelte Dulac stockend. Er war völlig fassungslos.
Gwinneth lachte abermals. »Ich weiß, was du sagen

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