Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Gralszauber

Titel: Gralszauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
Gesicht aus
seinem Versteck heraus nicht erkennen, aber er spürte,
dass Artus für einen Moment nahe daran war, tatsächlich
zu tun, was Morgaine ihm vorgeschlagen hatte.
Aber er zog sein Schwert nicht. Stattdessen starrte er
Morgaine eine Sekunde lang an, dann fuhr er mit einem
Ruck herum und stürmte davon.
Dulac duckte sich tiefer hinter den Busch, hinter dem er
Deckung gesucht hatte. Dennoch hätte Artus ihn zweifellos gesehen, wäre er nicht viel zu aufgeregt gewesen, um
auf seine Umgebung zu achten. Artus rannte so dicht an
ihm vorbei, dass er ihm beinahe auf die Finger getreten
wäre.
    Erst eine geraume Zeit nach Artus und noch länger nach
Tander erreichte er die Burg. Dulac war von dem, was er
gesehen und gehört hatte, so aufgewühlt, dass er das Donnerwetter, das Tander wegen seines Zuspätkommens über
ihm entfesselte, kaum zur Kenntnis nahm. Tander packte
ihn sogar einmal grob bei der Schulter und hob die Hand
um ihn zu schlagen, ließ den Arm aber dann wieder sinken; vielleicht war auch ihm klar geworden, dass Dulac es
wahrscheinlich gar nicht gespürt hätte. So versetzte er ihm
nur einen derben Stoß und überschüttete ihn mit einem
neuerlichen Schwall von Beschimpfungen und Flüchen.
    Seit Dulac den Wald verlassen hatte, kam er sich vor
wie in einem bösen Traum, einem von jener ganz besonders unangenehmen Art, in der man weiß, dass man
träumt, ohne dass dieses Wissen der apokalyptischen Szenerie auch nur einen Deut von ihrem Schrecken nehmen
konnte. Er hatte Dinge von solcher Ungeheuerlichkeit gehört, dass sich ein Teil von ihm immer noch weigerte, sie
zu glauben. Die Arbeiten, die Tander ihm auftrug, verrichtete er ohne überhaupt zu merken, was er tat.
    Die Glocken der kleine Kapelle läuteten zum Mittagsgebet, als Evan zu ihm kam. Dulac kniete auf dem Boden
und schrubbte ihn mit einer groben Wurzelbürste und seine Finger hatten von der ungewohnten Arbeit bereits zu
bluten begonnen. Außerdem schmerzten seine Rücken-
und Nackenmuskeln so sehr, dass er sich kaum noch bewegen zu können glaubte.
    »Du sollst dich waschen«, raunzte Evan ihn an. »Und
beeil dich gefälligst.«
»Waschen?« Dulac blickte auf seine Hände hinab. Unter
seinen Fingernägeln sickerte ein wenig Blut hervor, aber
seine Haut war von der stundenlangen Arbeit im Wasser
rubbelig und weich und seine Finger waren so sauber, wie
es nur ging. »Wozu?«
Evan schob die Hände in die Hosentaschen, zuckte mit
den Schultern und kam in gemächlichem Schlendergang
näher. »Woher soll ich das wissen?«, fragte er. »Vielleicht
will Tander nicht, dass du dem König so schmutzig unter
die Augen trittst. Obwohl ich nicht glaube, dass er es
überhaupt merken würde. Er ist heute noch später zu Bett
gegangen. Nach Sonnenaufgang, heißt es.«
Es lag Dulac auf der Zunge, Evan in scharfem Ton zu
fragen, was es ihn anginge, wann der König zu Bett ging,
aber er schluckte die Bemerkung hinunter. Er hatte wahrlich anderes im Kopf als sich mit Evan zu streiten. Mit
einem angedeuteten Heben der Schultern ließ er die Bürste
in den Eimer fallen, stützte die flachen Hände auf die
Oberschenkel auf und stemmte sich mit einiger Mühe in
die Höhe. Evan sah ihm stirnrunzelnd dabei zu, zuckte
bedauernd mit den Schultern und stieß den Wassereimer
dann mit dem Fuß um.
»Hoppla«, grinste er. »Das tut mir aber jetzt Leid. Tander wird das gar nicht gefallen, fürchte ich. Aber du kannst
es ja später wegwischen.«
Dulac hätte wütend werden müssen, aber er wurde es
nicht. Er blickte nur auf die rasch größer werdende Pfütze
aus schmutzigem Wasser hinab, die sich auf den Steinfliesen ausbreitete, die er gerade so mühsam geschrubbt hatte.
Dann sah er zu Evan auf und fragte: »Warum hast du das
getan?«
»Getan? Aber das war doch keine Absicht«, beteuerte
Evan, ohne dass das unverschämte Grinsen dabei aus seinem Gesicht wich.
Dulac schüttelte den Kopf und wollte einfach an Evan
vorbeigehen, aber der Junge vertrat ihm mit einem raschen
Schritt den Weg. »Aber mal angenommen, es wäre Absicht gewesen, was würdest du dann tun? Mich wieder
schlagen? Mir die Nase brechen oder ein paar Rippen?
Oder mir das halbe Bein abreißen, wie es dein Köter mit
meinem Hund gemacht hat?«
»Mein Köter? Wolf?« Dulac erinnerte sich erst jetzt
wieder an das Geschehen vom frühen Morgen. Nachdem
er das Gespräch zwischen Artus und Morgaine belauscht
hatte, hatte er die Balgerei der Hunde vollkommen

Weitere Kostenlose Bücher