Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Gralszauber

Titel: Gralszauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
das Leben gerettet hatte, kurz: eine
komplette Rüstung. Nachdem er den Helm ans Ufer geworfen hatte, griff er aus einem bloßen Gefühl heraus
noch einmal in den Schlamm und förderte als Letztes einen aus Metall geflochtenen Waffengurt und eine schlanke
Schwertscheide zutage, aus der der Griff einer fast zierlich
anmutenden Waffe ragte; ein ausgewachsenes Schwert für
Dulac, in den Händen eines Ritters aber kaum mehr als ein
Spielzeug.
Dulac war vollkommen verwirrt. Was er hier gefunden
hatte, war ein regelrechter Schatz. Alt oder nicht, eine Rüstung war etwas unglaublich Wertvolles, das niemand einfach so wegwerfen würde. Es sei denn …
Ein eisiger Schauer lief über seinen Rücken, als Dulac
begriff, dass er vermutlich die Rüstung eines Toten gefunden hatte. Der Mann musste hier am Ufer gestorben und in
seiner Rüstung ins Wasser gestürzt sein. Die Rüstung hatte
dort so lange gelegen, bis ihr rechtmäßiger Besitzer von
Fischen und Würmern aufgefressen worden war.
Nun, dachte Dulac schaudernd, zumindest wusste er
jetzt, warum die Luft im Helm so seltsam geschmeckt hatte.
Nichts war im Moment so wichtig für ihn wie Zeit.
Trotzdem überlegte Dulac noch einen Augenblick, was er
mit seinem Fund anfangen sollte. Er war einfach zu kostbar, um ihn wieder ins Wasser zurückzuwerfen oder ihn
einfach hier liegen zu lassen. Und es war nicht nur der rein
materielle Wert – auch wenn er enorm war –, der ihn faszinierte. Irgendetwas … Besonderes war an dieser Rüstung. Es war, als ob sie auf unheimliche Weise mit ihm
sprach. Es waren keine Worte und wenn, dann konnte Dulac sie nicht verstehen, aber da war ein sonderbares, wort-
und lautloses Flüstern tief in ihm. Er wusste einfach, dass
es kein Zufall war, dass diese Rüstung ihm das Leben gerettet hatte. Ebenso wenig wie es ein Zufall war, dass er
sie gefunden hatte. Es war fast, als hätte sie ihn … gerufen ?
Dulac lächelte nervös und versuchte den Gedanken als
so lächerlich abzutun, wie er klang, als eine Stimme hinter
ihm sagte:
»Was treibst du da, Bursche?«
Dulac erstarrte für eine Sekunde. Sein Herz schlug ganz
langsam, aber sehr hart, und er blieb reglos so stehen, wie
er war: Halb nach vorne gebeugt und die rechte Hand auf
dem Schwertgriff. Er widerstand der Versuchung, sich
erschrocken herumzudrehen, aber er wusste wie durch
Zauberei ganz genau, was hinter ihm war: Der Pikte war
zurückgekommen!
Ohne aufzustehen oder die Hand vom Schwert zu nehmen, drehte er sich herum und sah seine Befürchtungen
nicht nur bestätigt, sondern sogar übertroffen. Der Krieger
war zurück, aber er war nicht allein. Er zog einen Maulesel am Zügel hinter sich her, über dessen Rücken ein regloser Körper lag. Dulac konnte Evans Gesicht nicht erkennen, aber das Haar das Jungen, das wirr nach unten hing,
war voller Blut.
»Ich habe dich gefragt, was du da tust, Bürschchen«,
wiederholte der Pikte zornig. Er ließ den Zügel des Maulesels los, schwang sich aus dem Sattel und trat herausfordernd auf Dulac zu. »Was hast du da?«
Dulacs Hand schloss sich um das Schwert. Mit einem
scharrenden, sonderbar … gierigen Laut glitt es aus der
Scheide.
»Deinen Tod«, sagte er.
    Der Schwarze Eber war nicht das, was man in Camelot
unter einem Gasthaus verstanden hätte – oder in irgendeiner anderen Stadt. Er bestand nur aus einem roh aus kaum
behauenen Felsblöcken gebauten Haus, an das sich ein
windschiefer Pferdestall anlehnte, der nicht so aussah, als
würde er nach dem nächsten Winter noch stehen. Aber er
war im Umkreis eines halben Tagesrittes der einzige Ort,
an dem Reisende rasten und ihre Pferde tauschen konnten,
und zumindest im Moment glich er mehr einem Heerlager
als der heruntergekommenen Kaschemme, die er in Wirklichkeit war: Mehr als drei Dutzend gepanzerter Schlachtrösser waren am nahen Waldrand angebunden und die
gleiche Anzahl Ritter in schimmernden Rüstungen stand
in kleinen Gruppen beieinander, durchsuchte das Haus
oder durchkämmte auch den nahe gelegenen Wald. Artus
selbst stand zusammen mit Gawain und Parzifal unweit
des Einganges und vor ihm stieg ein Junge mit blutverschmierten blonden Haaren vor Aufregung unentwegt von
einem Bein auf das andere.
    »Aber wenn ich es Euch doch sage, Herr!«, versicherte
Evan händeringend. »Es war ganz genau so: Dieser Ritter
–«
    »Langsam, Junge.« Parzifal unterbrach ihn mit einer Geste. »Vielleicht sollten wir zuerst einmal klären, was du
unter einem Ritter

Weitere Kostenlose Bücher