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Gralszauber

Titel: Gralszauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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machte sich auf den Weg zum Nordtor. Er mied
die Hauptstraße und bewegte sich nur durch schmale Gassen und Hinterhöfe, aber er begegnete trotzdem einer
Menge Menschen, von denen ihm nicht wenige stirnrunzelnd nachblickten. Vielleicht glaubten sie ja, er hätte
Diebesgut in seinem Sack; ein Verdacht, der nicht einmal
so weit hergeholt schien. Plündere! war eines der verachtenswertesten Verbrechen, die Dulac kannte, trotzdem
aber weit verbreitet.
Aber niemand sprach ihn an. Vielleicht lag es daran,
dass der Waisenjunge, der auf dem Heuboden schlief und
in der Burg arbeitete, in der ganzen Stadt bekannt war,
aber vielleicht war es auch etwas anderes. Möglicherweise
dasselbe, was Tander daran gehindert hatte, ihn zu schlagen.
Dulac war es gleich. Die Hauptsache war, dass ihn niemand aufhielt.
Unbehelligt verließ er die Stadt und machte sich auf den
Weg zu einem nahe gelegenen Waldstück. Nachdem er
sich davon überzeugt hatte, dass er auch wirklich allein
und unbeobachtet war, breitete er den Inhalt seines Sackes
vor sich auf dem Waldboden aus, um die einzelnen Rüstungsteile noch einmal zu betrachten. Es gab überhaupt
keinen Grund dafür; allerhöchstens den, noch einmal Zeit
zu gewinnen, bevor er die Rüstung endgültig anlegte.
Die größte Angst hatte er davor, sich hinterher wieder an
nichts erinnern zu können. Tief in sich war Dulac längst
klar geworden, dass niemand anderer als er selbst der Silberne Ritter gewesen war, den Evan am Ufer gesehen und
der Uther vor den Pikten gerettet hatte; genauer gesagt: die
Rüstung. Aber keine Rüstung, auch keine verzauberte,
bewegte sich von selbst. Er konnte sich noch immer an
rein gar nichts erinnern, aber es musste so gewesen sein,
dass ihn die Zauberrüstung irgendwie dazu gebracht hatte,
sie anzulegen. Nicht die Rüstung hatte ihm gedient, sondern er ihr. Ein Gedanke, der ihm zutiefst zuwider war. Er
hätte sich selbst jetzt lieber die rechte Hand abhacken lassen, ehe er dieses verzauberte Ding noch einmal anzog,
wäre es nicht um Gwinneths Leben gegangen. Und
schließlich hatte ihn Dagda mit seinem letzten Atemzug
selbst dazu aufgefordert, die Rüstung anzulegen, um Morgaine le Faye unschädlich zu machen.
Mit klopfendem Herzen legte er die einzelnen Rüstungsteile an, band sich den Schwertgurt um und befestigte den
Schild auf seinem Rücken. Als Letztes hob er den Helm
auf. Jetzt, im Nachhinein, wunderte er sich fast selbst darüber, dass ihm nicht sofort klar geworden war, dass mit
dieser Rüstung etwas nicht stimmte. Er hatte unter Wasser
atmen können, als er diesen Helm getragen hatte!
Dulac verscheuchte den Gedanken, schloss die Augen
und setzte den Helm auf. Nach einem Moment hob er die
Lider wieder und er rechnete fast damit, sich Tage oder
Stunden später und an einem vollkommen anderen Ort
wieder zu finden. Er stand jedoch noch immer, an derselben Stelle und es war genau die Zeit vergangen, die er
gebraucht hatte, um den Helm aufzusetzen und die Augen
zu öffnen.
    Dulac atmete erleichtert auf, klappte das Helmvisier hoch
und bewegte sich prüfend ein paar Schritte hin und her. Es
fiel ihm sehr viel leichter, als er erwartet hatte. Er hatte
überhaupt nicht das Gefühl, eine Rüstung zu tragen. Wenn
er sie überhaupt spürte, so hatte er das Gefühl, ein Kleidungsstück aus anschmiegsamem, weichem Leder zu tragen.
    Seine Hand senkte sich auf das Schwert und diesmal
spürte er etwas. Es war, als flösse eine unsichtbare prikkelnde Kraft in seine Hand, etwas, das direkt aus dem
Schwert kam und ihn mit einem Gefühl fast unbesiegbarer
Stärke erfüllte.
    Er nahm die Hand wieder vom Schwert, doch es kostete
ihn große Überwindung. Viel lieber hätte er die Waffe
gezogen, um sie in warmes, lebendiges Fleisch zu stoßen,
die Klinge Blut trinken zu lassen, um ihre Kraft auf diese
Weise zu mehren …
    Dulac schloss die Augen und presste die Lider so fest
zusammen, dass grelle Lichtblitze über die Schwärze dahinter huschten. Zugleich ballte er die Hände in den
schweren Handschuhen so fest zu Fäusten, dass es wehtat.
Die brodelnde Gier tief in seinem Inneren erlosch, aber
nur ganz allmählich, und zurück blieb eine vage Furcht.
Die Rüstung – und viel mehr noch das Schwert – waren
auf unheimliche Weise verzaubert. Er konnte nur hoffen,
dass er dieses Zaubers Herr wurde.
    Aber er hatte gar keine andere Wahl.
Dulac bewegte sich einen Schritt zurück in Richtung
Waldrand und blieb wieder stehen, als ihm

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