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Gralszauber

Titel: Gralszauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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über Artus gesprochen hatte und wie Artus mit Uther gesprochen hatte. Es hatte sich nicht angehört wie
ein Gespräch zwischen Vater und Sohn; allenfalls wie ein
Gespräch zwischen alten Freunden, zwischen denen vor
langer Zeit etwas vorgefallen sein musste, das ihre
Freundschaft zerstörte, ohne dass beide es sich bis zu diesem Moment eingestanden hatten.
Er fragte sich, ob Mordred gewusst hatte, wer Uther in
Wahrheit war. Wenn, dann wäre seine Tat noch verruchter, als sie es ohnehin schon gewesen war, denn dann hätte
Mordred wissentlich sein eigenes Blut vergossen: das seines Großvaters.
Kaum hatte er diesen Gedanken gedacht, da wurde ihm
klar, wie lächerlich er war. Mordred hatte keine Hemmungen, das Blut seines Vaters zu vergießen – wieso also sollte er auch nur eine Sekunde zögern, dasselbe mit seinem
Großvater zu tun?
Die Sonne war mittlerweile in den Zenit hinaufgestiegen
und es war warm geworden. Obwohl sich der Nebel längst
aufgelöst hatte, lag etwas wie ein unsichtbarer klammer
Hauch über dem Land. Ihr Weg führte sie zwischen kleinen, aber zahlreichen Waldstücken und ausgedehnten
Sumpfgebieten hindurch. Der Pflanzenwuchs war zum
Großteil niedrig und die wenigen Büsche kahl und geduckt. Aus den Augenwinkeln betrachtet wirkten sie
manchmal wie hingekauerte düstere Gestalten. Aus den
Wäldern krochen Schatten und die gleiche Art von unheimlicher Stille, die er schon am Morgen bemerkt hatte,
lag über allem.
Als hätte sie seine Gedanken gelesen, sagte Gwinneth:
»Ein seltsames Land, nicht wahr?« Sie machte eine ausholende Geste mit der linken Hand. »Die Menschen erzählen
sich düstere Geschichten darüber und meiden es. Mir gefällt es.«
Lancelot sah sie überrascht an und Gwinneth fuhr mit
einem bekräftigenden Kopfnicken fort: »Ich mag es, weil
es so wild und unberührt ist. Ich könnte mir vorstellen,
dass es früher überall so ausgesehen hat. Bevor es Menschen gab, meine ich.«
»Zu Zeiten des Alten Volkes?«
Gwinneth hob die Schultern. »Vielleicht noch früher.
Alles hier ist so … friedlich. Nennt mich verrückt, aber
manchmal habe ich das Gefühl, hierher zu gehören und
nicht nach Camelot oder in irgendeine andere Stadt.«
Verrückt? O nein, das kam ihm nicht verrückt vor, ganz
und gar nicht. Eher schon unheimlich, denn das, was sie
sagte, war fast wortwörtlich das, was er selbst an diesem
Morgen gedacht hatte, in einem anderen, aber ähnlichen
Teil dieses Landes.
»Wollt Ihr denn in Camelot bleiben?«, fragte er.
»Artus hat Uther versprochen, sich um mich zu kümmern, sollte ihm etwas zustoßen«, antwortete Gwinneth.
»Ja, aber ist es auch das, was Ihr wollt?«, fragte Lancelot geradeheraus.
Gwinneth zögerte gerade lange genug, um nicht mehr
ganz so glaubhaft zu klingen, wie sie es wohl beabsichtigt
hatte. »Ja«, sagte sie.
»Ja?«
»Welche Wahl habe ich schon?«, fragte Gwinneth. »Ich
kann nirgendwohin. Das Schloss meiner Eltern ist zerstört
und über Uthers Palast herrschen nun die Pikten.« Sie
lachte bitter. »Ich mag eine Königin sein, aber ich bin
trotzdem heimatlos und arm wie eine Bettlerin. Ich besitze
nur noch das, was ich auf dem Leib trage.«
»So geht es mir auch«, sagte Lancelot.
»Ihr seid eine heimat- und mittellose Königin?«, fragte
Gwinneth. In ihren Augen glitzerte es spöttisch.
»Nein«, lächelte Lancelot. »Aber auch ich besitze nicht
mehr als das, was ich bei mir habe. Ich brauche nicht
mehr. Weltlicher Besitz belastet nur. Eine Schatztruhe
oder gar ein Haus lassen sich schlecht mitnehmen, wenn
man auf Reisen geht.«
»Und Ihr seid viel auf Reisen«, vermutete Gwinneth.
Lancelot schwieg.
»Ihr wollt nicht darüber reden«, sagte Gwinneth. »Damit
werdet Ihr bei Artus nicht durchkommen. Er wird Euch so
lange bedrängen, bis Ihr von Euren Abenteuern erzählt.«
»Ich … werde Euch nicht nach Camelot begleiten«, sagte Lancelot zögernd.
Gwinneth wandte erschrocken den Kopf. »Nicht?«
»Keine Sorge«, sagte Lancelot rasch. »Ich begleite
Euch, bis Ihr in Sicherheit seid. Aber es ist besser, wenn
ich Camelot nicht betrete.«
»Warum? Ich dachte, Ihr kennt Artus gar nicht.«
»Es hat nichts mit Artus zu tun«, antwortete Lancelot.
»Ich habe meine Gründe. Bitte respektiert das.«
»Natürlich«, antwortete Gwinneth. Sie klang traurig und
enttäuscht. »Es ist nur … ich dachte, dass …«
»Es ist besser so, glaubt mir«, unterbrach sie Lancelot.
»Camelot ist nicht der richtige Ort für

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