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Grand Cru

Grand Cru

Titel: Grand Cru Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Walker
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hat wahrscheinlich nicht die blasseste Ahnung, wer sie ist. Beide Seiten der Familie haben sich gründlich überworfen und verkehren offenbar schon lange nicht mehr miteinander.«
    »Ziemlich unheimlich, diese Geschichte.«
    »In der Tat«, erwiderte Bruno. »Was ist in diesem Ordner da?«
    »Weitere Zeitungsausschnitte, allesamt jüngeren Datums, ausgedruckte Seiten aus dem Internet. Hier ist zum Beispiel ein Artikel aus
Business Week,
erschienen im März dieses Jahres, über Produktionsprobleme in Australien wegen anhaltender Dürre. Und hier ist ein Interview, das Bondino im Mai einer Fachzeitschrift gegeben hat. Ein Absatz ist mit Edding am Rand markiert. Es geht darin um >unhaltbare Zustände in der Region um Bordeaux aufgrund zu vieler kleiner Erzeuger, die zu viele Weine unterschiedlicher Qualität produzieren<. Hier steht, Fernando Bondino hat in Stanford Betriebswirtschaft studiert.«
    »Jacqueline wusste schon im Mai von Bondinos Absicht, nach Europa zu reisen«, dachte Bruno laut. »Ende Mai bewirbt sie sich bei Hubert. Sie ist nach Saint-Denis gekommen, weil sie wusste, dass ihr hier Bondino begegnen würde. Aber was wollte oder will sie von ihm?«
    »Dieses Papier hier sieht interessant aus. Es stammt von irgendeinem Professor einer Universität in Kalifornien und befasst sich mit der Geschichte des Weinbaus in der Dordogne und dem Tal der Vézère. Der Lehrstuhl des Professors wird offenbar von Bondino Wines gesponsert. Unterstrichen ist folgender Absatz, ich übersetze: >Die Dordogne und das Tal der Vézère bieten nach meinen Recherchen die letzte noch ungenutzte Gelegenheit in Europa, Qualitätsweine zu produzieren. Klima und Bodenbeschaffenheit eignen sich bestens; die Preise für Grund und Boden sind vergleichsweise gering.< Das Gutachten ist im April dieses Jahres verfasst worden. Bondino hat also von seinem eigenen Professor den Rat bekommen, sich in Saint-Denis umzuschauen.«
    Bruno blickte auf, als er Jean-Jacques' Wagen über den Kiesbelag im Hof knirschen hörte. Die Fahrertür ging auf, doch der Chefinspektor blieb hinterm Steuer sitzen; er hatte sein Handy am Ohr.

42
    Jean-Jacques platzte zur Tür herein. »Wir haben ihn. Ich hatte recht«, rief er und strahlte übers ganze Gesicht. »Die dna-Analyse bestätigt, dass die Haare unter Max' Fingernägeln eindeutig und ohne jeden Zweifel von Bondino stammen.«
    »Aber die hätte sich Max auch am Abend zuvor bei der Schlägerei in der Bar einfangen können«, gab Bruno zu bedenken.
    »Erinnern Sie sich nicht? Er hat doch zugegeben, dass er von Max nicht einmal berührt worden ist. Wir haben seine Aussage auf Band. Er sagt, er habe Max mit der Faust ins Gesicht geschlagen, und der Junge sei gar nicht mehr dazu gekommen, sich zu wehren. Wie also will er erklären, dass seine Haare unter Max' Nägel gekommen sind?«
    »Was weiß ich«, entgegnete Bruno. »Ich habe Sie aus einem anderen Grund hierhergebeten. Die junge Kanadierin weiß sehr viel mehr, als wir dachten. Schauen Sie sich die Familienfotos und all diese Unterlagen an. Sie ist Bondinos Cousine zweiten Grades, was sie schon länger weiß, im Unterschied zu ihm. Und es scheint, dass sie ihm nachstellt. Aber ich sollte Sie zuerst einmal unserer Gastgeberin vorstellen. Das ist Pamela.«
    Die beiden gaben sich die Hand und lächelten.
    »Pamela kann Ihnen alles erklären. Ich schaue mich noch ein bisschen in der Wohnung um. Jacqueline wird bald zurückkommen.«
    In der Kochecke warf Bruno einen Blick in den Abfalleimer. Der war leer. In einem großen Weidenkorb neben dem Kamin lagen alte Zeitungen. Mit seinem Kugelschreiber hob er ein paar Exemplare an und stellte fest, dass es sich um Ausgaben der
Sud-Ouest
handelte. Als er sich aufrichtete, blieb eine Seite am Kugelschreiber hängen. Abschütteln ließ sie sich nicht. Er schaute näher hin und entdeckte zwei Klebestreifen zwischen Kugelschreiber und Papier. Bei dem Versuch, den Stift davon abzuziehen, fand er fünf weitere Streifen, zwischen acht und zehn Zentimeter lang.
    »Seltsam«, dachte er laut und zeigte, als Pamela zu ihm herüberschaute, auf die Klebestreifen.
    »Damit sollte wohl ein Geschenk verpackt werden«, erklärte sie spontan. »So mache ich das auch immer. Ich schneide mehrere Streifen im Voraus, um sie zur Hand zu haben, wenn das Papier gefaltet ist.«
    »Aber ich sehe nirgends Geschenkpapier«, entgegnete Bruno. »Die Flasche, die sie mir geschenkt hat, wurde in Huberts
cave
eingepackt.«
    »Vielleicht hat sie nur

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