Grand Cru
Koffer nach oben, die Bücherkisten vor das Regal im Wohnzimmer, die Plastikbeutel auf den Küchentisch und der Arztkoffer neben die Tür.
»Schauen Sie«, sagte Fabiola und zeigte auf eine Vase mit frischgeschnittenen Blumen. »Was für ein schöner Willkommensgruß!« Im Kühlschrank fand sie nicht nur Eier und Milch, sondern auch Orangensaft und Butter. Auf der Anrichte standen Kaffee und eine Schale Obst. »Pamela ist einfach so nett.«
»Ja, das ist sie«, sagte Bruno und lächelte. »Eine echte
Périgourdine
eben. Warten Sie's ab, Ihre neuen Nachbarn werden Sie schon bald mit
pâté, rillettes,
Marmeladen und
vin de noix
beschenken. Eier brauchen Sie keine zu kaufen. Damit kann ich Sie versorgen. So funktioniert das hier bei uns.«
Sie gingen zurück in den Hof, wo Pamela und Jean-Jacques mit den Drinks auf sie warteten. Alle vier stießen auf Fabiolas Einzug an.
»Jacqueline wird gleich hier sein«, sagte Bruno mit Blick auf die Armbanduhr.
»Wie auch meine Mannschaft«, ließ Jean-Jacques verlauten. »Ich werde wohl Ihren
capitaine
Duroc bitten müssen, eine seiner Zellen zur Verfügung zu stellen.«
»Nehmen Sie sie nicht mit nach Perigueux?«, fragte Bruno.
»Nein, bevor der Haftrichter ein Wörtchen mitzureden hat, brauchen wir den Bericht der Spurensicherung. Und ich will vorher noch ein paar Fragen geklärt wissen. Der amerikanische Botschafter in Paris ist bereits verständigt. Er wird Anzeige erstatten. Ich will nicht, dass sich die kanadische Vertretung auch noch einmischt.«
Fabiolas Handy bimmelte. »Ja?... Jean-Claude?... Nichts, nur Haare und Holzsplitter. Keine Gewebespuren. Verstanden, danke. Kannst du dafür sorgen, dass der Bericht entsprechend ergänzt wird?... Ja, genau. Noch mal danke und bis bald.« Sie blickte auf. »Sie haben's gehört.«
Jean-Jacques nickte und wandte sich an Bruno. »Ein durchtriebenes kleines Biest, diese Kanadierin. Aber warum wollte sie Bondino einen Mord anhängen? Was für ein Motiv hatte sie? Geld?«
»Der Grund liegt in einer alten Familienfehde. Geld ist wohl nicht im Spiel, es sei denn, sie hat darauf spekuliert, Bondino zu heiraten. Aber die beiden sind miteinander verwandt, und wie hätte sie verhindern sollen, dass das herauskommt? Nein, Habgier steckt nicht dahinter. Ich schätze, ihr Motiv war Rache.«
»Um Bondino ans Messer zu liefern, ist sie sogar mit ihm ins Bett gestiegen«, sagte Pamela.
»Fragen wir sie selbst«, empfahl Bruno und blickte über den Hof.
Auf der Zufahrt näherte sich eine Fahrrad fahrende Gestalt mit flatternden blonden Haaren. Pamela stand auf, stellte die leeren Gläser aufs Tablett und brachte sie in die Küche. »Kommen Sie, Fabiola. Ich helfe Ihnen beim Auspacken.«
Als die beiden gegangen waren, holte Jean-Jacques ein Paar Handschellen aus seinem Wagen und trat an Brunos Seite. Jacqueline hatte den Hof erreicht. Sie sprang vom Rad und bot Bruno ihre Wange zum Kuss. Doch der ließ sich nicht darauf ein. Er hielt das Rad am Lenker fest und sagte:
»Bonsoir,
Jacqueline. Chefinspektor Jalipeau hat einige Fragen an Sie, und ich möchte noch einmal Ihren Reisepass sehen.«
Plötzlich argwöhnisch geworden, blickte sie zwischen Bruno und Jean-Jacques hin und her. Dann nahm sie ihren Rucksack vom Gepäckträger, holte ein dunkelblaues Heftchen daraus hervor und reichte es Bruno. Er warf einen Blick auf das Lichtbild, schaute ihr in die Augen, steckte den Pass in seine Hemdstasche und knöpfte sie zu.
»Wir wissen Bescheid, Mademoiselle«, sagte Jean-Jacques. »Wir wissen, wie Sie Bondinos Fingerabdrücke auf das Glas in Cresseils Wohnung gebracht haben. Wir wissen, wie Sie an seine Haare gekommen sind, die Sie Ihrem toten Freund unter die Fingernägel gesteckt haben. Wir wissen, wie Sie auf Bondinos Laptop zugreifen konnten. Sie haben versucht, ihm einen Mord anzuhängen. Das lässt sich beweisen. Meine Kriminaltechniker werden gleich hier sein und jeden Quadratzentimeter Ihrer Wohnung unter die Lupe nehmen, und wenn wir Sie in die Gendarmerie gebracht haben, wird eine Beamtin eine Leibesvisitation an Ihnen vornehmen.«
Jean-Jacques ergriff ihren rechten Arm und öffnete die Handschellen. »Haben Sie etwas zu sagen?«
Hilfesuchend blickte sie zu Bruno auf. »Antworten Sie«, sagte er. »Haben Sie etwas zu sagen?«
»Ich weiß nicht«, murmelte sie zögernd und starrte auf die Handschellen.
»Fangen wir mit einer Ihrer Lügen an«, sagte Bruno. »Sie haben ausgesagt, Bondino habe eine Nacht in Ihrem Hotelzimmer
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