Grand Cru
anstoßen sollten, jedenfalls nicht, ehe Max vom Tod seiner Mutter erfuhr. »Den musst du auch mal probieren, Bruno«, fuhr Alphonse fort. Max hatte die Hacke weggelegt und kam herbei, murmelte ein Grußwort und küsste Alphonse und dann auch Bruno, den er seit seiner Kindheit kannte, auf beide Wangen.
Inzwischen war auch das Mädchen herangekommen und umarmte Alphonse. Interessant, dachte Bruno, wie gut sich die beiden offenbar schon kannten. »Das ist Jacqueline. Du erinnerst dich bestimmt an sie«, sagte Max, als sie Brunos Hand schüttelte - wie schon im
cave
wieder einen Tick zu lang. Auch ihr Blick war ein wenig zu forsch, und die Art, wie sie Luft holte und die Brüste unter ihrem knappen Oberteil anhob, fand Bruno schon fast anzüglich. Aber anscheinend posierte sie so aus Gewohnheit und ohne dass ihr bewusst war, welche Signale sie damit aussandte.
»Hol doch was von unserem Wein«, sagte Cresseil. Max streifte sich ein Hemd über die breiten Schultern und ging ins Haus, gefolgt von Jacqueline.
»Sie nehmen ihn ja ganz schön hart ran«, sagte Bruno.
»Es tut ihm gut. Der Teufel findet auch für faule Hände Arbeit«, entgegnete der Alte, zog eine abgegriffene Tabakspfeife aus der Westentasche und riss ein Streichholz an. »Was bringt euch hierher?«, fragte er und blinzelte durch den Rauch. »Schlechte Nachrichten?«
»So ist es«, antwortete Bruno. Schweigend warteten die drei, bis Max zurückkam, mit einem kleinen Tisch, den er sich unter den Arm geklemmt hatte, und zwei Klappstühlen. Das Mädchen brachte auf einem Tablett den Wein und Gläser und schenkte ein. Als gedeckt war, nahmen die beiden im Schneidersitz neben dem Alten Platz. Der Hund wälzte sich herum und legte die Schnauze auf die Füße seines Herrchens.
»Bruno hat dir etwas Trauriges zu sagen«, begann Alphonse. Bruno atmete tief durch. Es war das erste Mal, dass er einem im Stich gelassenen Kind die Nachricht vom Tod seiner durchgebrannten Mutter überbringen und gleichzeitig polizeiliche Ermittlungen führen musste.
»Mir wurde aus Paris mitgeteilt, dass deine Mutter Mireille bei einem Autounfall ums Leben gekommen ist. Es tut mir sehr leid«, sagte Bruno. Nach einer Weile fuhr er fort: »Du wirst ein paar Formalitäten zu erledigen haben, weil sie dich als einzigen Erben eingesetzt hat, aber ich könnte dir ein paar Wege abnehmen und bei allem anderen helfen.«
Max starrte mit ausdrucksloser Miene vor sich hin, biss sich auf die Unterlippe und schaute hinüber zum Fluss. Jacqueline legte ihm ihre Hand auf den Arm und schwieg. »Ich kannte sie kaum und kann nicht sagen, dass sie mir viel bedeutet. Ich dachte immer, vielleicht können wir uns irgendwann einmal begegnen und ruhig miteinander über alles reden.«
»Wenn du willst, beerdigen wir sie hier bei uns und lassen ihr Grab einsegnen«, schlug Alphonse vor.
»So was bedeutet mir nichts«, erwiderte Max. »Ich bin nicht religiös und finde eine Einäscherung passender.« Er wandte sich an Bruno. »Soll ich zu dir ins Büro kommen und irgendwas unterschreiben?«
»Noch nicht. Wir müssen auf die Papiere aus Paris warten. Du musst jetzt auch noch keine Entscheidung treffen, aber wenn du willst, kann ich für dich dafür sorgen, dass sie eingeäschert wird, in Paris.«
Der junge Mann nickte zerstreut und nahm einen tiefen Schluck aus seinem Glas. »Wie schmeckt dir der Wein, Bruno? Er ist vom letzten Jahr, aus meiner ersten Gemeinschaftsproduktion mit Cresseil.«
»Ich hab nicht viel gemacht«, sagte der Alte. »Nur dagesessen und ihm bei der Arbeit zugesehen.«
Bruno schwenkte sein Glas, hielt es an die Nase und probierte. »Sehr gut, Max, genauso gut wie der, den du in der Kommune gemacht hast. Alphonse hat mich davon kosten lassen.«
»Der diesjährige wird noch besser. Jacqueline hilft mir dabei«, sagte Max. Er stand plötzlich auf, reichte seiner Freundin die Hand und zog sie hoch. Offenbar wollte er sich mit ihr zurückziehen.
»Augenblick, Max«, sagte Bruno und rutschte unruhig auf seinem Stuhl hin und her. Der Zeitpunkt war denkbar ungünstig, aber er musste Max fragen, wo er sich zur Tatzeit aufgehalten hatte.
»Ich werde wohl geschlafen haben«, antwortete Max, lächelte nervös und schaute seine Freundin an.
»Oben in der Kommune?«, fragte Bruno nach.
»Nein, du warst doch die Nacht über bei mir«, mischte sich der Alte ein. Und an Bruno gewandt: »Ich kann in letzter Zeit nicht mehr so gut schlafen und hätte es bestimmt mitgekriegt, wenn er gegangen
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