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Grand Cru

Grand Cru

Titel: Grand Cru Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Walker
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stockte. »Oder was auch immer da drin gewesen sein mochte. In der Zeitung stand, dass der Schuppen als Büro genutzt wurde.«
    »Hat dir Dominique irgendwas über dieses Büro gesagt?« Bruno hörte den scharfen Unterton in seiner Stimme und nahm sich zurück. In der
Sud-Ouest
war tatsächlich von einer verkohlten Schreibmaschine die Rede gewesen, aber kein Wort von vernichteten Akten.
    »Ich weiß von ihr nur, dass sie Buch führen musste, wenn sie da oben war. Das mit dem Feuer hat sie richtig wütend gemacht. Und überhaupt, seit sie für dieses Institut arbeitet, denkt sie über Gentechnik anders als früher. Das war auch unser Thema, darüber haben wir gesprochen.«
    »Bist du einer Meinung mit ihr?«
    Max zuckte wieder mit den Achseln. »Ich weiß nicht. Das Ganze ist ziemlich komplex. Die meisten französischen Rebsorten sind veredelte Wurzelstöcke aus Kalifornien, also Pfropfreben. Im Grunde ist das ja auch schon eine genetische Modifikation, oder? Würde ich jedenfalls sagen.«
    Bruno ließ nicht locker. »Wie denkst du über das Feuer?«
    »Eine blödsinnige Aktion. Wenn ich mehr darüber erfahre, gebe ich dir Bescheid«, antwortete Max. Er legte Jacqueline den Arm um die Schulter. »Wir sehen uns beim Training«, sagte er schon im Gehen zu Bruno.
    Er gab Cresseil zum Abschied einen Klaps auf die Schulter und schlenderte mit Jacqueline auf die Scheune zu, aus der er wenig später Cresseils altes Motorrad herausschob. Es sah aus wie ein Modell aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs. Alphonse entschuldigte sich bei Bruno und stieg hinter seinem Ziehsohn auf den Sozius. Bruno beschloss, nicht zur Kenntnis zu nehmen, dass die beiden keine Helme trugen. Er schaltete sein Handy aus und sah, wie Max das Mädchen umarmte, bevor es sich auf ein klappriges Fahrrad schwang und allein davonradelte.

10
    »Sie haben Max anscheinend liebgewonnen«, sagte Bruno, als das Motorrad mit lautem Knattern den Hof verlassen hatte und die stinkende Auspuffwolke verflogen war. Er dachte über Cresseils Aussage nach, ohne die Max der Hauptverdächtige wäre, und fragte sich, wieviel dieses Alibi wohl wert sei.
    »Wenn er nicht wäre, säße ich längst im Altenheim.« Cresseil durchsuchte seine Tasche nach Streichhölzern, fand eines und steckte sich die Pfeife wieder an. »Er kauft für mich ein, hilft mir im Garten und repariert, was kaputtgeht. Ohne ihn wäre ich aufgeschmissen. Und er will nicht mal was für seine Hilfe, kein Geld, nichts. Auch das alte Motorrad nicht, obwohl er es selbst wieder zum Laufen gebracht hat. Er sagt, dass er's sich nur ausleiht und mir zurückgibt, sobald mein Bein wieder heil ist.«
    »Wie geht's denn Ihrem Bein?«
    »So lala, ich komme zurecht. Aber im Winter wird's schwer werden, und ich fürchte, dass man mich dann ins Heim steckt.«
    »War vielleicht nicht das Schlechteste.«
    »Quatsch. Ich bin alt, aber nicht blöd. Und deshalb möchte ich selbst entscheiden, wann ich ins Heim gehe. Das ist schließlich die allerletzte Etappe, und wohin dann mit meinem Hund, dem letzten Jagdhund im ganzen Tal? Der pfeift auch auf dem letzten Loch, genau wie ich, und müsste allein zurückbleiben.«
    Er stupste ihn mit dem Krückstock an. Der Hund öffnete ein Auge, blickte zu seinem Herrchen auf und schnaufte. Bruno betrachtete die beiden und lächelte.
    »Max scheint eine Freundin zu haben«, sagte er. »Ein hübsches Mädchen.«
    »Die beiden haben sich in Huberts
cave
kennengelernt. Sie studiert und will Winzerin werden, so wie Max. Er ist ganz verrückt nach ihr, was ich gut verstehen kann. Manchmal bringt er sie mit hierher, dann hilft sie ihm im Garten oder im Weinberg.« Er zwinkerte Bruno zu. »Allein schon so eine Frau überhaupt zu sehen macht einen um Jahre jünger. Von solchen Schönheiten werde ich wohl nicht mehr viele zu Gesicht bekommen. Ich hab das Gefühl, für mich ist bald Schicht.«
    »Was wird dann aus Ihrem Hof?«, fragte Bruno. »Haben Sie Angehörige, die sich darum kümmern könnten?«
    »Angehörige gibt's immer irgendwo, Vettern oder Großneffen, aber niemanden, der mir nahesteht und dem ich das alles hier gern vermachen würde. Ich bin in diesem Haus zur Welt gekommen, Bruno, hab hier mein ganzes Leben zugebracht, über achtzig Jahre, und deshalb ist mir nicht egal, was daraus wird. Ich kann mir zwar vorstellen, wie es weitergehen könnte, bin mir aber nicht sicher, ob es das Richtige ist.«
    »Was stellen Sie sich denn vor?«
    »Also, ich habe an Max gedacht. Vielleicht könnte er

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