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Grand Cru

Grand Cru

Titel: Grand Cru Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Walker
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eindrücken ließ, als wäre er mit etwas Flüssigem gefüllt. Immerhin keine Steine, dachte er.
    »Alles klar?«, fragte Bruno. Alphonse nickte, reichte einem der beiden Männer sein Transparent und drehte sich um in Richtung Tor.
    »Vielleicht machst du mich mit deinen Freunden bekannt. Ich nehme an, sie sind von
Aquitaine Verte«,
sagte Bruno in freundlichem Plauderton.
    »Tja, also... «
    Bruno schüttelte bereits dem einen die Hand und stellte sich als Ortspolizist vor, hieß die beiden in Saint-Denis willkommen und wünschte ihnen einen angenehmen, friedlichen Aufenthalt in der Stadt. Der eine war, wie Bruno aus dem kurzen Wortwechsel mit ihnen erfuhr, Mitglied des
conseil régional,
der andere ein Kandidat der Grünen für die nächsten Parlamentswahlen. Der Junge mit dem Rucksack hatte es unterdessen offenbar eilig, in der Menge unterzutauchen. Als sich Alphonse schließlich im zunehmenden Gedränge dem Tor näherte, ging Bruno auf die Rugbyspieler am Straßenrand zu.
    »Wenn's Ärger gibt, schnappt euch die Kapuzenjungs und haltet sie in Schach, aber möglichst sacht«, flüsterte er dem Baron zu und kehrte dann zum Tor zurück, wo sich Alphonse und der Bürgermeister mit dem Rücken zur Menge angeregt miteinander unterhielten. Bruno verzichtete auf das Megaphon, bestieg die Trittleiter und zog jenes Stimmregister, das er sich beim Militär angeeignet hatte.
    »Willkommen in Saint-Denis, wo wir das Recht auf Versammlungsfreiheit sehr ernst nehmen, vorausgesetzt, es wird in friedlicher Absicht wahrgenommen. Wir sind stolz auf die Wissenschaftler und Laboranten unseres Forschungsinstituts, die sich dafür einsetzen, dass der Hunger in der Welt besiegt wird und das Périgord das landwirtschaftliche Herzland Frankreichs bleibt. Unser hochgeschätztes Ratsmitglied Alphonse Vannes von der Partei der Grünen - er dürfte den meisten von Ihnen bekannt sein - wird jetzt ein paar Worte zu dem Thema sagen, das Sie hierhergeführt hat. Danach möchte Ihnen der Bürgermeister ein paar interessante Neuigkeiten vortragen.«
    Bruno sprang nach unten, reichte Alphonse das Megaphon und half ihm auf die Leiter. Im Hintergrund sah er Dominique auf einem Fahrrad vorsichtig an der Lkw-Kolonne vorbei auf die Rugbyspieler zuradeln, von denen sie fast alle noch aus der Schulzeit kannte. Vor der Gruppe angekommen, hüpfte sie vom Rad und gab es einem von ihnen in Verwahrung.
    Alphonse erhob seine Stimme. Er war kein geborener Redner und hatte Probleme mit dem Megaphon, das zu kreischen anfing oder komische Rülpslaute von sich gab, wenn er vor lauter Aufregung zu heftig hineinsprach. Wozu es zum Glück nur zwei- oder dreimal kam. Bruno hatte Alphonse bewusst als Hauptredner ausgesucht, weil er wusste, dass dieser kein besonders feuriger Redner war. Er sprach von den Gefahren der Gentechnik, belegte seine Behauptungen mit statistischen Zahlen und pries die biologische Landwirtschaft, allerdings mit so wenig Verve, dass viele seiner Zuhörer schon nach wenigen Sätzen gelangweilt waren, was ihm selber offenbar nicht entging, denn er schlug plötzlich einen anderen Ton an und bezichtigte das Forschungsinstitut illegaler, weil ungenehmigter Freilandversuche. Jetzt zeigten seine Worte ein bisschen mehr Wirkung, insbesondere bei den Radikaleren, die
»
Arrêtez
omg« zu skandieren anfingen, und als er, vielleicht weil er nichts mehr zu sagen wusste, den Slogan aufgriff, stimmte bald die Menge mit ein, angefeuert von den Kapuzenjungs, die rhythmisch in die Hände klatschten.
    Bruno zupfte Alphonse am Ärmel. »Immer mit der Ruhe«, mahnte er, worauf Alphonse seine Rufe einstellte. Zu spät, die Stimmung war aufgeheizt. Die Menge wurde lauter und rückte vor. Von Bruno dazu aufgefordert, versuchte Alphonse zu beschwichtigen, doch aus irgendeinem Grund funktionierte das Megaphon nicht mehr, und seine Worte gingen unter. Als Bruno sah, wie die jungen Kapuzen mit ruppigem Körpereinsatz die vorderen Reihen zum Tor hindrängten, stellte sich Bruno neben Alphonse auf die Leiter und gab dem Baron über die Köpfe der Menge hinweg ein Zeichen. Die Rugbymannschaft setzte sich in Bewegung.
    Plötzlich sauste etwas Schwarzes durch die Luft, gleich darauf ein zweites Wurfgeschoss, das wie das erste einen Schwanz hinter sich herzuziehen schien und in hohem Bogen über das Tor hinweg auf das lange Gewächshaus neben dem Institutsgebäude zuflog. Bruno zog Alphonse von der Leiter, packte sich das Megaphon und schaltete es ein. Drei, vier, fünf weitere

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