Grand Cru
Vortag der Länge nach auf und legte die Hälften auf den Toaster, und während der Kaffee durch den Filter lief, aß er einen Apfel, den er soeben vom Baum gepflückt hatte. Dann bestrich er eine Hälfte des Baguettes mit seiner selbstgemachten Brombeermarmelade und verfütterte die andere an Gigi.
Eigentlich hieß er Gitan, also Zigeuner. Aber als Bruno ihn am verkaterten Morgen nach seiner Hauseinweihungsparty im Bett vorgefunden hatte, war ihm spontan das Kürzel Gigi eingefallen, sehr zur Verwunderung des Bürgermeisters, der ihm den Bassetwelpen aus eigener Zucht geschenkt hatte.
Zur vollen Stunde hörte er sich die Nachrichten von Radio Périgord an, denen er aber keine weitere Beachtung schenkte. Er stellte die gefüllte Kaffeekanne, zwei Tassen und einen Teller mit der Baguettehälfte aufs Tablett, ging in den Garten, um noch einen frischen Apfel vom Baum zu pflücken, schnitt auch eine späte weiße Rose vom Busch neben der Tür und schlich, von Gigi gefolgt, ins Schlafzimmer. Vom Kaffeeduft oder vielleicht doch eher durch Gigis Schnaufen geweckt, schlug Isabelle die Augen auf und schaute ihn an.
»Morgen«, flüsterte sie lächelnd, und ihr Gesicht verschwand plötzlich unter dem Hund, der über sie hergefallen war, um mit der Schnauze ihr Ohr zu liebkosen.
»Wie könnte eine Frau mit einer solchen Töle im Bett noch einigermaßen erotisch und romantisch wirken?«, protestierte sie lachend und kraulte Gigis Schlappohren. Als sie sich aufrichtete, rutschte das Laken über ihre wunderschönen kleinen Brüste. Sie fuhr sich mit den Fingern durchs Haar und schmunzelte.
»Frühstück im Bett, in Gesellschaft von Bruno und seinem Köter. Frischer Kaffee, eine Rose,
mon dieu.
So was gibt es in Paris nicht.« Sie legte das Tablett auf den Schoß, steckte die Rose hinters Ohr und klopfte auf die freie Stelle neben sich. »Komm, setz dich zu mir. Wir haben den ganzen Tag für uns.«
»Du vergisst, dass ein Landbulle auch am Wochenende Dienst hat«, sagte Bruno, beugte sich zu ihr hinab und gab ihr einen Kuss. Er setzte sich neben sie und genoss es, ihr beim Kaffeetrinken zuzusehen. Sie teilte die getoastete Baguettehälfte in drei gleiche Teile auf, einen für sich, einen für Gigi und den anderen für Bruno.
»Ich muss die
minimes
trainieren und hab noch einen Termin in der
mairie.
Danach bin ich frei. Wie wär's, wenn wir einen kleinen Waldspaziergang machen würden, bevor ich zum Rugbyclub fahre? Zum Mittagessen lade ich dich ein. Und den Rest des Tages haben wir für uns.« Er gab ihr wieder einen Kuss und stellte dann die Frage, die ihn seit ihrer ersten E-Mail bewegte. »Wie lange bleibst du?«
»Bis der Brandstifter gefasst ist«, antwortete sie. »Ich bin dem Team des
brigadiers
zugeteilt. Der Mistkerl will, dass jemand aus seinem Team bei dieser Untersuchung dabei ist.«
»Du bist also dienstlich hier.«
»Ja, aber ich hatte sowieso vor, zu kommen, denn in Paris sehe ich dich ja nur, wenn dort irgendein internationales Rugbyturnier ausgetragen wird.« Das Tablett drohte zu kippen, als sie sich zu ihm beugte und ihn küsste, um ihrer Bemerkung die Spitze zu nehmen. »Wann musst du denn los zu deinem Training?«
»Ein gutes Stündchen bleibt uns noch.« Er nahm ihr das Tablett vom Schoß, stellte es auf den Boden und scheuchte Gigi aus dem Zimmer.
»Schön«, sagte sie und hob das Laken, um ihn zu sich einzuladen.
Gigi war wie alle Bassets kein Hund, der gern bei Fuß ging. Wenn er mit Bruno unterwegs war, folgte er seiner eigenen Nase und schnüffelte in der Gegend herum, es sei denn, sein Herrchen zitierte ihn mit der Pfeife zu sich. In dem Wald, der an Brunos Häuschen grenzte, gab es kaum einen Baum, den er nicht schon markiert hatte, und doch gab es für ihn immer wieder neue aufregende Düfte, die ihn, von den langen Ohren zugefächert, auf Abwege lockten. Bruno freute sich, Isabelle wieder einmal sein Land zeigen zu können. Er nahm sie bei der Hand und folgte Gigi durch den lichten Hain aus Buchen und Kastanien.
»Du hast was auf dem Herzen«, bemerkte sie und drückte seine Hand. »Geht's um mich oder um uns? Um den Brandanschlag vielleicht? Sag, was es ist.«
»Was mich am meisten wurmt, ist der Gedanke, dass sich Saint-Denis durch Bondino bis zur Unkenntlichkeit verändern könnte.« Er führte sie auf die Felsenkanzel zu, von der sich ein herrlicher Ausblick auf das Tal und die Stadt bot. »Er will zehn Millionen investieren und natürlich ein Vielfaches für sich und sein
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