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Grand Cru

Grand Cru

Titel: Grand Cru Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Walker
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kreischten die Frauen vor Vergnügen.
    »Kämmst du dir eigentlich auch die Beine?«, rief Monique, die als Bademeisterin im Stadtbad den Anblick halbnackter Männer durchaus gewöhnt war, und drehte vor ihren kichernden Freundinnen eine Pirouette, mit der sie den Rock fliegen ließ und ihre braungebrannten Schenkel entblößte.
    »Unser Meister Petz im Sommerpelz!«, rief Montsouris' Frau, Arm in Arm mit Josette vom Blumenladen. »Sieh dich bloß vor, wenn du an meinen Honig willst.«
    Auch Isabelle schlüpfte lachend aus ihren Jeans und ließ sich von Bruno mit dem Wasserschlauch die schönen Beine abspritzen. »Die Frauen hier sind echt klasse«, sagte sie und legte ihm einen Arm um die Schultern.
    Feste wie die Maischparty bei Joe machten selbst aus den sonst eher gesetzten, ernsten Frauen von Saint-Denis ausgelassene Mädchen, die sich über die knochigen Knie ihrer Ehemänner lustig machten, schlüpfrige Witze rissen und, wenn sie aus dem Traubenfass stiegen, mit hochgeschürzten Röcken umherstolzierten, wobei aus vollem Hals gesungen wurde. An einem Abend wie heute wurde sich Bruno jedes Mal seines Junggesellendaseins bewusst, denn die Ehemänner schienen allesamt die feuchtfröhliche Stimmung ihrer Frauen zu genießen, vielleicht auch deshalb, weil beide Seiten zu Hause weniger zu lachen hatten. Die ledigen Männer dagegen zeigten sich eher befangen und verlegen, wenn die Frauen aus ihrer gewohnten Rolle zu fallen schienen und sich anders benahmen als sonst auf der Straße, in den Geschäften, auf Hochzeiten oder Trauerfeiern.
    Bruno aber fand, dass, wenn es den Männern erlaubt war, im Rugbyclub oder Jägerverein alle Hemmungen fallen zu lassen, ihre Frauen die gleichen Freiheiten verdienten. Schmunzelnd erinnerte er sich an Cresseils Rechnung, wonach im Juni, also neun Monate nach der Weinlese, auffallend viele Kinder zur Welt kamen. Wahrscheinlich grinsten die Ehemänner über die derben Spaße ihrer Frauen deshalb so breit, weil sie darauf hoffen durften, dass sie ihre übermütige Stimmung mit nach Hause nehmen würden. Er sah Isabelle an und verschränkte seine Finger mit ihren. »Wir bleiben nicht allzu lange, oder?«, flüsterte er.
    »Komm raus aus dem Fass, Jacquot!«, rief Josette ihrem Mann zu. »Ich will nicht, dass du dich jetzt schon müde strampelst.« Die Frauen ringsum krümmten und schüttelten sich vor Lachen. Bruno ging der Gedanke durch den Kopf, dass sich Szenen wie diese schon seit Jahrhunderten in dieser Gegend abspielten. Von freundlichen Schulterschlägen aufgemuntert, drängte er durch die Menge, um Jacquot im Fass abzulösen.
    Ein großer elektrischer Ventilator, den Joe neben das Fass gestellt hatte, verquirlte die schweren Düfte von Schweiß und Traubensaft. Joe, in Shorts und Unterhemd, spritzte Bruno und Isabelle noch einmal die Beine ab.
    Vorsichtig stieg Bruno über die glitschigen Sprossen der angelegten Leiter in das riesige Fass und nickte Joes hübscher Großnichte Bernardine zu, die Platz für Isabelle machte. Bruno wunderte sich nicht im Geringsten, Bondino hier zu sehen, der eine sichtlich vergnügte Jacqueline untergehakt hatte und mit ihr im Gleichschritt durch die violett schäumende Maische stampfte. Die beiden unterhielten sich auf Englisch, aber mehr als Worte sagte der Blick, mit dem der junge Amerikaner das Mädchen betrachtete. Max' Freundin hatte offenbar eine neue Eroberung gemacht. Für die Feier zur Adoption, die Alphonse in der Kommune geben wollte und zu der auch Bruno eingeladen war, schwante diesem nichts Gutes.
    Er tauchte die Hand in den violetten Schaum, der sich noch schmierig anfühlte, was ein Zeichen dafür war, dass fleißig weitergestampft werden musste. Mit den Füßen versuchte er, noch eine feste Traube zu ertasten. Sie zwischen den Zehen zu zerquetschen war ein ganz besonderes sinnliches Vergnügen. Nach einer Weile aber hatte sich der Reiz des Neuen verbraucht, und ihm war fast, als marschierte er wieder als Soldat im Gleichschritt auf der Stelle.
    Er kannte dieses Ritual seit Jahren und machte Isabelle vor, wie sie sich zu bewegen hatte. Sie standen einander gegenüber, hielten sich mit einer Hand am Rand des Fasses fest und gingen stampfend vor und zurück, hin und her. Er strahlte sie an und bewunderte ihre Bereitschaft, alles auszuprobieren. Isabelle lächelte zurück und warf einen Blick auf ihre safttriefenden gebräunten Schenkel.
    »Das wird mir in Paris niemand glauben«, sagte sie und beugte sich vor, um ihn zu küssen.

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