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Grand Cru

Grand Cru

Titel: Grand Cru Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Walker
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gebrochen«, stellte sie nach kurzer Untersuchung fest. »Die geweiteten Pupillen, die violett angelaufenen Hände und das sehr bleiche Gesicht lassen allerdings darauf schließen, dass er an einem Herzinfarkt gestorben ist. Vielleicht hatte er einen Herzstillstand und ist dann gestürzt. Wir werden eine Autopsie machen müssen.«
    Verflucht, dachte Bruno, auch das noch.
    »Sind Sie sicher?«, fragte er. »Er war sehr alt und scheint doch eines natürlichen Todes gestorben zu sein.«
    »Tut mir leid«, entgegnete sie kühl. »Aber da die Todesursache nicht klar ist, muss ich mich an die Vorschriften halten.«
    Gegen den Bescheid einer Ärztin war Bruno machtlos. Im Übrigen musste er sich jetzt um andere Dinge kümmern. Als Erstes musste er Max informieren. Der Junge konnte nicht weit sein, schließlich hatte er am Tag zuvor die Trauben geerntet. Wahrscheinlich waren sie bereits in dem Fass, was erklären würde, warum die Trittleiter davor stand. Bruno trat auf den Hof und holte sein Handy aus der Tasche.
    »Alphonse, hier Bruno. Ist Max bei dir?«
    »Nein, er ist bei Cresseil. Er wollte über Nacht bei ihm bleiben, weil es mit der Lese spät werden würde. Nach seinem biologisch-dynamischen Lehrbuch sollten Trauben nämlich im Dunkeln gepflückt werden, wenn es kühler ist.«
    »Nun, die Trauben sind gepflückt, und gestern Nacht war er auch in der Stadt, aber hier ist er nicht. Ich bin auf Cresseils Hof, zusammen mit den
pompiers
und der neuen Ärztin. Cresseil ist tot. Sieht so aus, als hätte er einen Herzschlag erlitten. Könntest du bitte Max ausfindig machen und ihn benachrichtigen?«
    Die
pompiers
wollten gerade zusammenpacken, als Bruno in die Scheune zurückkehrte, um das Ergebnis von Max' Weinlese zu begutachten. Plötzlich klingelte ein Handy. Automatisch holte Bruno wieder seines hervor, obwohl der Klingelton ein anderer war und aus dem hinteren Teil der Scheune kam, wo sich auf breiten, durchgebogenen Regalbrettern eine Menge staubiger Körbe, Flaschen und Altkleider türmte. Das Handy war schnell gefunden. Es lag neben einem Paar Turnschuhe auf frischgewaschenen, zusammengefalteten Jeans.
    »Hallo?«, meldete er sich.
    »Max, bist du's?«
    »Nein, Alphonse, ich bin's wieder, Bruno. Ich habe Max' Handy hier in Cresseils Scheune läuten hören und bin drangegangen.«
    »Was? Dass er sein Handy irgendwo liegenlässt, ist ihm, soweit ich weiß, noch nie passiert. Und du bist sicher, er ist nicht da?«
    »Augenblick.« Bruno befühlte die Taschen der Jeans. Es steckten eine Brieftasche, ein paar Schlüssel und mehrere Münzen darin. In der Brieftasche fand er Max' Bibliotheksausweis, seinen Studentenausweis und eine Telefonkarte der France Télécom im Wert von fünf Euro, was ihn nur mäßig überraschte. Bruno schaute sich um. Vor der Wand lag ein kleines rotes Bündel. Er nahm einen Stift zur Hand, hob es damit auf und bemerkte, wie Fabiola und die Feuerwehrmänner jede seiner Bewegungen aufmerksam verfolgten. Was er da gefunden hatte, war eine von Wein durchtränkte kurze Baumwollhose.
    Merde,
dachte er und spürte, wie ihm bei dem Gedanken an das Fass flau wurde.
    »Alphonse, ich rufe gleich zurück.« Er legte das Handy auf die Jeans und wandte sich der Trittleiter zu. »Ahmed, würdest du das Ding bitte mal für mich halten, und Albert, pack den Defibrillator noch nicht weg.«
    Er kletterte vier Stufen nach oben, hoch genug, um ins Fass blicken zu können. Um sich aber auch über den Rand hinwegzubeugen, musste er noch eine Stufe höhersteigen.
    »Halt gut fest, Ahmed.« Die Trittleiter schaukelte bedrohlich, als er den Arm ausstreckte, um den blonden Haarschopf zu ergreifen, der auf der Schaumkrone des gärenden Traubensaftes schwamm. Er bekam ihn nicht zu fassen. Er versuchte, den Jungen bei der Schulter zu packen, rutschte aber immer wieder ab. Ohne lange zu fackeln, schwang er sich in voller Montur über den Rand, hielt sich mit einer Hand daran fest und wuchtete mit dem freien Arm Max' nackten Leib aus dem dickflüssigen Most.
    »Albert, Ahmed, holt schnell eine zweite Leiter, und helft mir. Fabiola, könnten Sie über die Trittleiter hochkommen?«
    Bruno hatte Max zwischen sich und der Fasswand festgekeilt, öffnete ihm den Mund, klaubte mit den Fingern zerplatzte Beeren und Schaum daraus hervor und holte tief Luft. Er stülpte seine Lippen über Max' Mund und versuchte, den Jungen zu beatmen. Doch die Lungen wollten sich nicht füllen lassen, die Luftröhre war blockiert. Er ließ vom Rand

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