Grand Cru
ab, schlang nun beide Arme um Max' Brust und drückte mit aller Macht zu. Eine Fontäne aus Saft und Schaum schoss aus seiner Kehle. Sofort drückte Bruno wieder seine Lippen auf den Mund und presste ihm seinen Atem ein.
»Ja, weiter so«, sagte Fabiola, von der nur Stirn und Augen zu sehen waren. »Nicht nachlassen.«
Mit lautem Getöse schleppten Albert und Ahmed zwei Leitern herbei und legten sie außen ans Fass an. Bruno hörte Pamelas Stimme, die über den Notruf den Rettungsdienst alarmierte.
»Holen Sie ihn raus«, rief Fabiola. »Schnell.«
Die beiden Feuerwehrmänner packten zu. Bruno half von unten nach, und mit vereinten Kräften hievten sie Max aus dem Fass. Kaum hatten sie den Jungen auf dem Boden ausgestreckt, übernahm Fabiola die Beatmung. Ahmed drückte ihm die beiden Elektroden des Defibrillators auf die Brust und bat Fabiola, auf Abstand zu gehen. Ein Beben ging durch den Körper, als Ahmed den Elektroschock auslöste. Gleich darauf setzte Fabiola die Beatmung fort.
Bruno keuchte vor Erschöpfung und spürte ein Stechen im Kopf, als er, bis zum Hals eingetaucht, mit tastenden Händen durch den Most rührte, um festzustellen, ob sich noch irgendetwas in dem Fass befand. Aber er war inzwischen so geschwächt, dass er sich kaum noch auf den Beinen halten konnte. Vergeblich versuchte er, sich mit beiden Armen am Rand emporzuziehen, und stieß einen kläglichen Hilferuf aus.
»Albert, holen Sie Bruno da raus«, drängte Fabiola. »Schnell, er muss an die frische Luft.«
Bruno rutschte mit der Hand ab und spürte einen seiner Fingernägel umknicken. Vor Schmerzen bäumte er sich so weit auf, dass ihn Albert beim Kragen zu packen bekam. Kaum hatte Bruno den Kopf über den Rand gestreckt, schnappte er gierig nach Luft und sah gleich darauf wieder klarer. Albert hievte ihn höher, während Pamela seine herabbaumelnde Hand ergriff und daran zerrte. Albert packte Bruno nun beim Gürtel, wuchtete ihn über den Rand und senkte ihn in Pamelas Arme ab.
»Schaffen Sie ihn raus an die Luft«, rief Fabiola.
Bruno lag auf dem Rücken ausgestreckt im Hof und keuchte. Pamela - von oben bis unten mit Traubensaft beschmiert - kippte gerade einen Eimer kaltes Wasser über ihm aus, als
capitaine
Duroc auftauchte. Fabiola versuchte immer noch, Max zu reanimieren, doch Ahmed schüttelte betrübt den Kopf und wandte sich Albert zu, der vornübergebeugt nach Luft rang. Von beiden troff violetter Most, auf Haaren und Augenbrauen klebte Schaum.
»Es hat keinen Zweck.« Fabiola richtete sich auf und stemmte ihre Hände in den Rücken. »Der Junge ist nicht zu retten.«
»Was zum Teufel ist hier vorgefallen?«, polterte Duroc.
»Wir haben zwei Tote«, berichtete Fabiola. »Und fast hätte auch Bruno dran glauben müssen. Kohlendioxidvergiftung. Ich habe davon schon gehört, selbst aber keine Erfahrung damit. Wenn ich mich richtig erinnere, entsteht bei der Gärung Kohlensäure in einem Volumen, das vierzigmal größer ist als das der Flüssigkeit.«
»Kohlensäure ist doch nicht giftig«, sagte Duroc.
»Aber es verdrängt den Sauerstoff und verursacht dadurch den Erstickungstod.«
Bruno hob den Kopf. Er schaute zu Pamela auf, die vor ihm kauerte und seine Hand hielt. Ihr Anblick brachte ihn fast zum Schmunzeln, und er fühlte sich schon ein bisschen besser.
»In Kellereien sollte es deshalb ein gut funktionierendes Belüftungssystem geben«, fuhr Fabiola fort. »Bei der Bergung des Jungen wäre Bruno fast selbst erstickt.«
Sie betrachtete den athletischen Körper des Toten, der bis auf die Stelle, wo er seine Shorts getragen hatte, braungebrannt war. Dann wischte sie sein Gesicht ab, drückte ihm die Lider zu und breitete die von Ahmed gebrachte Decke über ihm aus.
»So ein schöner junger Kerl«, sagte sie. »Was für ein Verlust!«
Bruno war aufgestanden. »Ein doppelter Verlust. Cresseil hatte anscheinend einen Herzschlag und ist von der Leiter gestürzt. Die Autopsie wird zeigen, woran er gestorben ist. Und Max, den er gerade erst adoptiert hat, scheint im Weinfass erstickt zu sein. Tragische Unfälle, so sehe ich das.« Er wandte sich an Fabiola. »Muss auch Max obduziert werden?«
Sie schüttelte den Kopf und rieb sich die Augen. »Erst eine Woche hier und schon zwei Todesfälle«, murmelte sie.
»Sie haben alles Menschenmögliche getan«, versuchte Pamela zu trösten.
»Und wenn Sie nicht da gewesen wären, hätten wir womöglich Bruno auch noch verloren«, sagte Albert. »Ich habe noch nie davon
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