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Grand Cru

Grand Cru

Titel: Grand Cru Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Walker
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das.«
    »Ja, jetzt hat er seinen eigenen Weinberg, ein hübsches kleines Erbe. Wie dem auch sei, ich werfe mal eben einen Blick auf Cresseils Papiere.
Die
pompiers
werden gleich hier sein.«
    Bruno war schon häufiger bei alten alleinstehenden Personen zu Besuch gewesen und machte sich auf einiges gefasst. Cresseils Wohnung aber war sauber, ordentlich und gut durchlüftet. Sie bestand aus einem großen Wohnzimmer und einer Küche im Parterre; angebaut waren ein kleines Schlafzimmer, ein Bad und ein Raum, der wie ein Arbeitszimmer aussah. Cresseil war in letzter Zeit so wacklig auf den Beinen gewesen, dass er sich wahrscheinlich nur unten aufgehalten hatte. Bruno rannte die Treppe hinauf ins Obergeschoss und fand dort zwei spartanisch eingerichtete Schlafzimmer vor. Von den Betten war nur eines bezogen. Vielleicht schlief Max darin, wenn er im Haus übernachtete.
    Unten in der Küche standen zwei gebrauchte Weingläser im Spülbecken. Ansonsten war alles aufgeräumt, sämtliches Geschirr ordentlich weggeräumt. Die Handtücher in Küche und Bad wirkten praktisch unbenutzt. Auch das Arbeitszimmer, in dem ein altes Sofa und ein Sekretär mit etlichen Ablagefächern standen, war aufgeräumt. Die meisten Fächer waren leer. In einem entdeckte Bruno die Adoptionsurkunde, zusammengerollt und mit rotem Band verschnürt. In den Schubladen fand er sorgfältig abgeheftete Kontoauszüge und Stromrechnungen, einen alten Résistance-Orden sowie eine Schachtel voller Fotos. Manche datierten aus der Kriegszeit und zeigten lächelnde junge Männer mit Waffen; die meisten aber stammten von Annie, Cresseils Frau, und dem gemeinsamen, verstorbenen Sohn. In einer anderen Schublade lagen ganz zuunterst die Besitzurkunden. Die letzte Eintragung war 1949 vorgenommen worden und bescheinigte die Erbschaft des Cresseilschen Anwesens. Unterzeichnet hatte Brosseil, der
notaire
von Saint-Denis, dessen Kanzlei nun von seinem Enkel geführt wurde. Falls es noch andere Dokumente gab, würden sie dort hinterlegt sein.
    Als er die schwere Maschine die Zufahrt heraufrollen hörte, ging Bruno nach draußen, um die Feuerwehrmänner zu begrüßen. Pamela musste ihr Pferd beruhigen, das vor dem großen Fahrzeug scheute. Albert stieg aus, gefolgt von Ahmed, der am Steuer gesessen hatte. Bruno führte sie zur Scheune. Auf halbem Weg machte Ahmed kehrt, um den Defibrillator aus dem Wagen zu holen.
    »Ich glaube, den brauchen wir nicht«, meinte Bruno.
    »Vorschrift«, entgegnete Ahmed achselzuckend. »Man kann nie wissen. Damit sind schon Wunder bewirkt worden.«
    Als sie in der Scheune angekommen waren, schüttelte Albert den Kopf und schickte Ahmed zurück.
    »Der arme Kerl ist schon seit Stunden tot«, sagte Albert und nahm den Helm ab. »Wie der Hals aussieht, gefällt mir nicht. Glaubst du, er ist gestürzt?«
    »Dieser Trittleiter würde ich nicht trauen, schon gar nicht, wenn ich so gebrechlich wäre wie Cresseil«, antwortete Bruno. »Ich kann mir nicht vorstellen, dass er da hochgestiegen ist, und auf den Stufen sind auch keine Rutschspuren zu sehen.«
    Draußen hupte es zweimal kurz hintereinander. Der Arzt war gekommen. Bruno ging nach draußen und sah, dass Pamela schon wieder ihr Pferd beruhigen musste. Er nickte ihr verständnisvoll lächelnd zu und ging einer jungen Frau entgegen, die aus dem Kofferraum eines älteren Renault 5 ihre Bereitschaftstasche holte. Bruno war ihr noch nicht begegnet; er wusste nur, dass sie einen italienischen Vornamen und vor kurzem die Praxis übernommen hatte. Er sah sie von hinten und war beeindruckt. Als sie sich umdrehte, bekam er einen Schreck, und er hoffte, dass er ihm nicht allzu deutlich anzumerken war. Über ihre gesamte rechte Gesichtshälfte erstreckte sich eine lange Narbe. Er fragte sich, wie es wohl dazu gekommen war, und versuchte, seinen Blick auf ihre Augen gerichtet zu halten.
    »Sie sind Bruno, nicht wahr, der Polizist. Ich bin Fabiola Stern, die neue Ärztin«, sagte sie und streckte die Hand aus. »Wo ist der Tote?«
    »Mademoiselle, äh,
doctoresse«,
grüßte er und schüttelte ihr die Hand. »Trotz der eher traurigen Umstände freut es mich, Sie kennenzulernen. Das ist Madame Nelson. Sie hat den Toten gefunden. Und unsere
pompiers
kennen Sie ja bereits. Wenn Sie mir bitte folgen würden.«
    »Madame Nelson, freut mich. Ein prächtiges Pferd haben Sie da.« Sie wandte sich an Bruno. »Also los. Und nennen Sie mich bitte nicht Mademoiselle. Ich bin Fabiola.«
    »Der Halswirbel ist

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