Grandios gescheitert
nur Einzelabteile gibt. Bars, Lesezimmer, Bade- und Duschräume, Speisewagen, Aussichtswagen und Frisier-Salons stehen den Passagieren zur Verfügung. (…) Die großzügige Weiträumigkeit der Wagen ermöglicht einen Komfort, wie er in dem schönsten D-Zug-Wagen von heute unbekannt ist. Die Abteile sind wesentlich geräumiger und länger, jeder Passagier hat einen breiten Sitz. Die Gänge in den Wagen, die heute 70 cm breit sind und immer als eng empfunden werden, sind bedeutend breiter.«
Architektur im Größenwahn
Adolf Hitler verstand sich als Architekt eines Weltreiches, sowohl politisch als auch baulich, und scheiterte in beidem. Während des Krieges, und zumal seit den ersten militärischen Problemen im Winter 1941, äußerte Hitler gegenüber Vertrauten, er habe eigentlich Architekt und nicht Feldherr werden wollen. Zur Entspannung befasste er sich mit architektonischen Entwürfen, insbesondere mit Plänen zur Umgestaltung der fünf sogenannten »Führerstädte«, die nach dem siegreichen Krieg triumphierend ausgebaut werden sollten: Berlin als »Welthauptstadt Germania«, München als »Hauptstadt der Bewegung« und Nürnberg als »Stadt der Reichsparteitage«, außerdem das österreichische Linz, wo Hitler seine Jugend verbracht hatte, sowie Hamburg als »Hauptstadt der deutschen Schifffahrt«. Sie sollten mit Prachtstraßen und Großbauten ausgestattet werden, um damit alles andere weltweit mühelos in den Schatten zu stellen. Die größten und noch heute bekanntesten dieser nie errichteten Bauwerke waren die »Große Halle« und ein Triumphbogen in Berlin. Die Halle sollte bis zur Kopffeder des Reichsadlers auf der Kuppelspitze 320 Meter hoch werden und im Inneren Platz bieten für 180.000 Menschen. Der davor befindliche Reichstag wäre hinsichtlich der Größenverhältnisse zur Pförtnerloge degradiert worden. Der Triumphbogen wenige Kilometer südlich sollte 170 Meter breit und 117 Meter hoch werden und damit mehr als doppelt so hoch und vom Bauvolumen her vieldutzendfach größer als der Pariser Arc de Triomphe. In Nürnberg begann man mit dem Bau eines monströsen Parteitagsgeländes, für Hamburg war eine gigantische Elbbrücke geplant. Im Zentrum der Planung für München aber stand ein riesiger kreisrunder Kuppelbahnhof.
Wann die Idee zur Breitspurbahn aufkam, ist nicht ganz klar. Hitler war erklärtermaßen Autofan und befand, die Eisenbahn sei ein »Relikt aus früheren Zeiten« und sowieso »zu kleinspurig«. Dem Konstrukteur des berühmten Schnellzugs »Schienenzeppelin« Franz Kruckenberg war das wohl nicht bekannt, sonst hätte er sich mit seinen kleinspurigen Ideen nicht an den Reichskanzler gewandt. Kruckenberg schrieb nach dem Krieg, Hitler habe seine Vorschläge für ein Schnellbahnnetz auf herkömmlicher Spurweite mit den Worten abgeschmettert: »Ich habe mir auch Gedanken über die Eisenbahn gemacht und möchte die Spur auf vier Meter verbreitern.« Das war bereits 1934. Allzu dringlich schien Hitler die Sache aber zunächst nicht zu sein, denn einstweilen tat sich nichts. Irgendwann aber beschloss er, seine fünf »Führerstädte« mit einer Eisenbahn zu verbinden, die vom Maßstab her angemessen sein sollte. Hitler ging es zunächst um ein im wahrsten Sinne des Wortes großspuriges Verbindungsglied zwischen den architektonischen Großprojekten. Zwischen Berlin und München, Hamburg, Nürnberg und Linz sollte eine Breitspurbahn von vier Metern Spurweite verkehren. Im übersteigerten Maßstab der Planungen hätte eine Normalspurbahn in der Tat wie eine lächerliche Spielzeugeisenbahn gewirkt.
Anfang 1941, wenige Monate vor dem Überfall auf die Sowjetunion, erging ein Führerbefehl an die Reichsbahn, Vorschläge für ein Schnellbahnnetz für den Reise- und Massengüterverkehr zu machen. »Der Führer hat die Deutsche Reichsbahn veranlasst, die Schaffung eines besonderen umfangreichen Schnellverkehrsnetzes zu prüfen, wobei die Güterzüge mit wesentlich größeren Gewichten und die Schnellzüge und Triebwagen mit viel höheren Geschwindigkeiten befördert werden sollen als im heute vorhandenen Bahnnetz.« Eine Vorgabe bezüglich der Spurweite gab es dabei nicht. Das Deutsche Reich schickte sich gerade an, seine größte Ausdehnung, besser gesagt Überdehnung zu erreichen: von Nordafrika bis zum Nordkap, von den Pyrenäen bis nach Moskau, vom Ärmelkanal bis nach Kreta. Zwei von drei Europäern befanden sich Ende des Jahres unter deutscher Oberherrschaft. Für den Verkehr bedeutete
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