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Granger Ann - Varady - 01

Titel: Granger Ann - Varady - 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nur der Tod ist ohne Makel
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seiner Entdeckung zu Protokoll zu geben, damit die
Polizei von Hampshire informiert und zu der betreffenden
Stelle geschickt werden konnte.
Im Hinausgehen rief er mir zu: »Sobald ich hier fertig
bin, muss ich nach Hause und mich bei meiner Familie zeigen. Ich melde mich später bei dir, Fran.«
»Wenn er hier überhaupt rauskommt«, sagte Janice böse.
»Und glauben Sie nicht, ich würde Ihren Teil an dieser Geschichte nicht zur Kenntnis nehmen! Als Mr. Patel Ihnen
erzählt hat, dass er eine Leiche gefunden hat, war es Ihre
verdammte Pflicht, dafür zu sorgen, dass die Angelegenheit
auf der Stelle den einheimischen Behörden gemeldet wird!
Es war nicht nur seine, sondern auch Ihre Pflicht! Sie sind
genauso verantwortlich wie er, und das wissen Sie! Wenn
ich mit Ihnen fertig bin, werden Sie sich auch noch vor der
Polizei von Hampshire verantworten, keine Frage. Sie stecken bis zum Hals in Schwierigkeiten, Miss Varady!«
Ich hätte am liebsten geantwortet: »Und was ist daran
neu?«, doch es wäre nicht angemessen gewesen. Ich erkannte, dass sie wenigstens eine Entschuldigung erwartete. Ich
hatte eine wenn auch nur abgebrochene Schauspielausbildung hinter mir, und wenn es mir nicht gelang, eine glaubwürdige Vorstellung aufrichtigen Bedauerns zu liefern,
dann besaß ich nicht das geringste Talent.
Ich ließ den Kopf hängen, rutschte auf meinem Stuhl hin
und her und murmelte, dass es mir Leid täte, wenn ich ihr
Probleme bereitet hätte. Was den Leichnam von Squib angehe, so hätten wir geglaubt, dass sie als Erste davon erfahren sollte. Wir hätten einen Fehler gemacht, doch es wäre in
der besten Absicht geschehen. Ich überlegte, ob ich ein paar
Tränen hervorquetschen sollte – aber man kann auch übertreiben. Janice war nicht dumm.
Meine Vorstellung schien überzeugend gewesen zu sein,
denn Janice beruhigte sich sichtlich. Sie sagte, dass sie sehr
wohl verstehe, dass Ganesh und ich in Panik geraten seien.
Was meine eigenmächtige Tour nach Abbotsfield angehe, so
hätte ich wohl in dem guten Glauben gehandelt, ich könnte
helfen. Andererseits sei ich ohne Zweifel intelligent genug
einzusehen, dass polizeiliche Ermittlungen gewissen Regeln
zu folgen hätten. Abgesehen von allem anderen – wenn ein
Fall vor Gericht komme (falls er überhaupt vor Gericht
kam), würden sich die Verteidiger auf jede Unregelmäßigkeit stürzen, um Beweise zu entkräften. Ich wollte doch
wohl nicht, dass so etwas geschehe, oder?
All das war mehr oder weniger eine Wiederholung der
Art von Strafpredigt, wie ich sie von meiner alten Schulleiterin regelmäßig erhalten hatte. Ich hatte schon vor langer
Zeit eine Technik entwickelt, alles über mich ergehen zu lassen, während ich gleichzeitig ein möglichst schuldbewusstes
Gesicht aufsetzte.
Doch in Wirklichkeit beobachtete ich sie, während sie
weiter von Verantwortung redete und vom Geld der Steuerzahler (An welcher Stelle waren die ins Spiel gekommen?).
Ich schätzte ihr Alter auf nicht mehr als fünfunddreißig.
Wie konnte ein Mensch in so jungen Jahren schon ein derartiger Bürokrat sein? Sie war angezogen, als wäre sie fünfundsechzig. Sie trug ein graues Flanellkostüm und eine Crêpe de Chine-Bluse aus Kunstseide mit einem Schal um den
Hals. Wo um alles in der Welt kaufte sie solche Klamotten?
So etwas hatte ich bisher höchstens in Zeitungsanzeigen gesehen, in denen Fabriken um Kunden im mittleren Alter
warben und in denen sie ihre Waren üblicherweise als
»praktisch« und »direkt ab Lager verkäuflich« anpriesen. Sie
trug sogar diese Schuhe mit den runden Spitzen und flachen
Absätzen, in denen man angeblich »nie mehr müde Füße«
bekam. Kein Geschäft verkauft heutzutage noch derartige
Schuhe, oder doch? Sie tat mir ein wenig Leid. Mir wurde
bewusst, dass sie gar keine andere Wahl hatte, als sich so zu
kleiden, wenn sie als Polizeibeamtin ernst genommen werden wollte. Es war eine Schande, dass sie sich so zurechtmachen musste. Es war schlicht und einfach defensiv. Aber es
musste doch einen Kompromiss geben, irgendwo etwas in
der Mitte! Ich beschloss. mich irgendwann einmal mit ihr
darüber zu unterhalten, falls wir uns jemals näher kamen –
privat, meine ich.
»Wenn Sie mir sonst noch etwas zu sagen haben«, schloss
sie, »irgendetwas, dann sagen Sie es besser jetzt. Seien Sie
absolut offen, verschweigen Sie nichts, und ich drücke vielleicht noch einmal ein Auge zu. Versuchen Sie nicht, mir
etwas zu verheimlichen, Francesca. Wenn Sie

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