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Granger Ann - Varady - 01

Titel: Granger Ann - Varady - 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nur der Tod ist ohne Makel
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hatte die Dinge verkompliziert.
Ich war plötzlich Nebensache – Marcia stellte eine größere
Bedrohung für die wie auch immer geartete Verschwörung
dar, die er mit Watkins in diesem Weinlokal in Winchester
eingefädelt hatte. Doch er machte gute Miene zum bösen
Spiel.
»Bleibst du zum Mittagessen, Marcie?«
Sie zuckte mit den orangeroten Schultern. »Ich fürchte,
so viel Zeit habe ich nicht. Ich bin schon knapp dran.
Trotzdem, ich dachte, ich sollte ihn noch einmal besuchen.«
Sie warf einen Seitenblick zu mir. »Was hat sie hier zu suchen?«
»Würden wir das nicht alle gerne wissen?«, schnaubte
Jamie.
Das Misstrauen, das ihr natürlicher Gesichtsausdruck zu
sein schien, verstärkte sich noch in ihren schmalen Zügen.
»Ist das nicht der Mercedes von Sammy Watkins?«
»Er hat einen Termin bei Tante Ariadne.« Jamie blickte
unbehaglich drein.
»Spielst du wieder eines von deinen miesen kleinen Spielchen, Jamie?« Sie hielt sich wirklich nicht lange mit Vorreden auf. Sie stellte Jamie genau die Frage, die ich ihm auch
zu gerne gestellt hätte.
Doch Jamie dachte nicht daran, sie in meinem Beisein zu
beantworten. »Familienangelegenheiten, Marcie!« Er deutete wütend mit dem Kopf in meine Richtung.
»Sie kommen ja sicher ohne mich zurecht«, sagte ich und
wandte mich ab. »Ich mache einen Spaziergang.«
Es fügte sich ziemlich gut ineinander. Wenn Jamie mit
Marcia beschäftigt war, fand er keine Zeit, mir zu folgen.
Doch Marcia hatte ihre eigenen Vorstellungen.
»Sie gehen nirgendwohin!«, sagte sie grob. »Nicht, bevor
ich mich mit Ihnen unterhalten habe!«
Ich wollte ihr gerade eine passende Antwort geben, doch
dann fiel mir ein, dass ein guter Detektiv die Gelegenheit
nicht versäumen würde, mit ihr zu reden. Ich würde keine
zweite Chance erhalten. Jamie murmelte, dass er gehen und
Alastair und Ariadne über ihre Ankunft informieren würde.
Er ging derart eifrig davon, dass ich mich fragte, ob er auch
versuchen würde, Watkins Bescheid zu geben. Wie dem
auch sei: Marcia und ich blieben allein zurück. Wir standen
uns gegenüber wie zwei feindselige Katzen, die sich jeden
Augenblick zur Verteidigung ihres Reviers in die Wolle
kriegen würden.
»Was ist geschehen?«, verlangte sie zu wissen.
»Ich weiß es nicht.«
»Hören Sie mir auf mit diesem Mist!«, fauchte sie. »Sie
müssen es wissen! Sie waren dort!«
»Nicht, als …« Ich unterbrach mich rechtzeitig. Ich redete immerhin mit einer Frau, deren Tochter ermordet worden war. »Nicht, als es geschah«, sagte ich.
Ihre Gesichtszüge wurden vor Zorn womöglich noch verkniffener, und die Ähnlichkeit zu Terry nahm zu. Es war ein
eigenartiges Gefühl für mich – als stünde Terry selbst vor
mir.
»Wie ist sie überhaupt dorthin gekommen, zu … Ihnen?«
»Sie brauchte einen Platz zum Wohnen«, erklärte ich.
»Sie hatte einen Platz zum Wohnen!« Ihre Stimme drohte
sich zu überschlagen, teils Schluchzen, teils Wut, und sie
deutete mit bebender Hand auf das Haus hinter uns. »Sie
hat hier gewohnt!«
»Sie wollte nicht hier wohnen.«
»Warum nicht?«, brüllte Marcia wütend.
»Warum fragen Sie mich? Warum haben Sie nicht Ihre
Tochter gefragt, als Sie noch eine Chance dazu hatten? Haben Sie Terry jemals die Frage gestellt, ob sie hier zurückgelassen werden wollte?«
»Sie wurde nicht zurückgelassen!«
»Ach nein?« Ich hätte ihre Trauer respektieren müssen,
doch unter all den Designerklamotten steckte eine Kämpferin, ein Straßenkind – ich kannte diesen Typ. Sie würde kein
Pardon geben, und sie würde jede Freundlichkeit von meiner Seite als Schwäche auslegen.
»Sie wissen überhaupt nichts!« Sie war ein Stück auf mich
zugekommen, und es sah aus, als würde sie mich jeden Augenblick anspringen. Ihre manikürten Fingernägel waren
lang und spitz.
Ich machte mich fluchtbereit. »Vielleicht weiß ich mehr,
als Sie glauben! Meine Mutter hat mich auch sitzen lassen.
Ich weiß, wie es sich anfühlt.«
Sie zögerte, musterte mich von oben bis unten und dachte nach. Als sie wieder zu reden begann, klang ihre Stimme
ruhiger, aber immer noch hart wie Stahl.
»Ich schulde Ihnen keine Erklärungen. Meine Ehe ging in
die Brüche. Ich musste mir meinen Lebensunterhalt verdienen. Man bot mir die Chance, in meinen alten Beruf zurückzukehren, den einzigen Beruf, in dem ich mich auskenne. Ich konnte das Angebot unmöglich ablehnen. Theresa
war in den besten Händen. Ihr Vater zahlte die Kosten für
eine gute Schule. Als sie die Schule

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