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Granger Ann - Varady - 01

Titel: Granger Ann - Varady - 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nur der Tod ist ohne Makel
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abgeschlossen hatte, versuchte ich, sie an der Kunstakademie unterzubringen. Sie
lehnte ab und rannte davon. Wir waren ganz krank vor Sorge und suchten überall nach ihr. Schließlich fanden wir sie
und brachten sie wieder nach Hause zurück. Sie lief erneut
davon. Mehr als einmal. Irgendwann zog sie mit einer Bande von Hippies durch das ganze Land. Ich versuchte mit ihr
zu reden, doch sie ließ mich nicht an sich heran. Sie schien
ganz versessen darauf …« Ihre Stimme bebte. »Sie schien
ganz versessen darauf, sich selbst zu zerstören. Wir hätten es
kommen sehen müssen. Das, was geschehen ist.«
Ich erkannte, dass sie mir die Wahrheit sagte, doch es war
nicht alles. Sie verschwieg mir eine ganze Menge, wahrscheinlich, weil sie glaubte, dass es mich nichts anging. Und
sie hatte Recht: Es ging mich nichts an. Vielleicht ließ sie
etwas aus, das nicht in das von ihr so sorgsam gezeichnete
Bild einer liebenden Mutter passte, die ihr Bestes getan hatte, alles getan hatte, was in ihren Kräften stand – unter den
gegebenen schwierigen Umständen. Sie musste es selbst
glauben. Wie konnte ich ihr daraus einen Vorwurf machen?
Was hätte ich an ihrer Stelle getan?
Ich mochte sie immer noch nicht, doch ich entwickelte
langsam ein wenig Mitgefühl für sie, und das machte mich
verlegen und hinderte mich daran, mir meine Position innerhalb unseres Gesprächs zu sichern. Ich murmelte etwas
von wegen, dass nicht jeder Ausreißer unter derart tragischen Umständen ende.
Sie nahm meine Worte auf, als wären sie eine Redewendung, die sie noch nie zuvor gehört hatte.
»Tragische Umstände? Welche von all diesen äußerst
elenden Umständen würden Sie denn als tragisch definieren?
Ihren Tod? Die Verschwendung ihres Talents? Das elende
Leben, das sie in London geführt hat? Die verkommenen
Bekanntschaften, die meine Tochter in die Gosse gezogen
haben, was schließlich ihren Tod zur Folge hatte?«
Sie wartete, als könnte ich Antworten geben auf diese von
der Trauer einer Mutter diktierten Fragen, auf die es gar
keine Antworten gab.
Gegen die letzte Frage hätte ich normalerweise heftig protestiert, doch ich begann allmählich zu verstehen, warum
Janice sich so davor scheute, bei Gelegenheiten wie diesen
mit den Angehörigen zu reden.
»Sie hat ihr Leben wohl nicht mit den gleichen Augen gesehen wie Sie«, wich ich aus. »Das Haus in der Jubilee Street
war unser Heim, und wir haben uns dort einigermaßen
wohl gefühlt. Terry war tatsächlich sehr begabt und wusste
genau, was sie wollte.«
Sie starrte mich an, als wollte sich mich in der Luft zerreißen. Sie wollte nichts von alledem wissen.
Wie dumm von mir, dass ich es überhaupt versucht hatte. Ihre Trauer hatte sie unzugänglich gemacht für vernünftige Argumente. Ich zementierte meinen Irrweg, indem ich
erneut mein Bedauern ausdrückte. Da ich nicht wusste, wie
ich es nennen sollte, endete ich lahm mit einem Hinweis auf
»den Unfall«.
»Unfall? Sie nennen das einen Unfall?«
Sie war wieder in der Offensive. »Meine Tochter wurde ermordet , und ich bin alles andere als überzeugt, dass Sie
und die anderen in diesem besetzten Haus nichts damit zu
tun haben! Mehr noch, was genau haben Sie eigentlich hier
zu suchen?«
»Alastair hat mich …«, begann ich schwach.
»Machen Sie sich nicht die Mühe!« Sie kam ganz dich heran. »Packen Sie einfach nur Ihre Koffer und verschwinden
Sie! Sie bedeuten nichts als Ärger! Sie waren ein Teil von Theresas Problemen, und die haben Sie zusammen mit Ihren
Straßenmanieren hierher gebracht! Alastair und Ariadne haben dafür keinen Bedarf! Ich hoffe zutiefst, dass eines Tages
jemand mit Ihnen abrechnet! Wenn nicht die Polizei, dann
jemand anderes. Die gleiche Sorte Leute etwa, die meine
Tochter umgebracht hat! Das Leben meiner Tochter ist verschwendet. Sie hätte so viel erreichen können. Niemand dagegen wird Sie vermissen: Sie sind ein Nichts!« Ihre Stimme
wurde wieder schrill und bebte. »Warum hat es nicht Sie treffen können? Wer würde Sie vermissen? Warum musste es
ausgerechnet jemanden treffen, der so liebenswert, so wunderbar ist wie meine Tochter? Es ist alles so unfair!«
Sie wandte sich auf dem Absatz um und wäre fast gestolpert. Ich trat vor, um sie am Ellbogen zu fassen zu bekommen, um ihr Halt zu geben, doch sie bedachte mich nur mit
einem wütenden Blick und ging dann hoch erhobenen
Hauptes in Richtung Haus davon.
Irgendwann während unseres Gesprächs war Jamie zurückgekehrt. Ich hatte nicht

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