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Granger Ann - Varady - 02

Titel: Granger Ann - Varady - 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Denn umsonst ist nur der Tod
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Mädchenband.
Zugegeben, ich spiele nicht besonders gut, die anderen spielten allerdings auch nicht gut Gitarre. Wir waren furchtbar.
Grauenhaft. Wie dem auch sei, die Telepathieshow war gut.
Wir wussten, dass sie getürkt war – sie musste getürkt sein,
aber keine von uns konnte sehen, wie er es machte, und er
verriet uns seinen Trick nicht. Telepathie war etwas, an das
ich nicht glaubte. Oder an das ich nicht geglaubt hatte, bis
zu jenem Augenblick, als ich auf meinem Bett saß und
lauschte und eine Art Echo in meinem Kopf zu hören meinte. Das Gefühl einer unbekannten Präsenz war überwältigend. Ich meinte fast, ihn atmen hören zu können, auch
wenn das ganz und gar unmöglich war. Doch für einen Augenblick war es, als hätten sich mein und sein Bewusstsein
berührt.
    Kalter Schweiß lief mir über den Rücken. Ich wagte nicht,
das Licht einzuschalten, weil es durch die Glasscheibe nach
oben gedrungen wäre. Ich bewegte mich nicht mehr. Ich
zwang mich, nach Erklärungen zu suchen, und wusste doch,
dass ich nach Strohhalmen griff. Er war stehen geblieben,
um sich eine Zigarette anzuzünden, sagte ich mir. Oder weniger unschuldig, vielleicht war er ein Einbrecher, der das
Haus in Augenschein nahm und überlegte, wie er am besten
eindringen konnte. Vielleicht sollte ich Lärm machen und
ihn wissen lassen, dass jemand auf war und von seiner Anwesenheit wusste.
    Mein Verstand wollte von all diesen Schwachheiten
nichts wissen. »Nein, er ist bestimmt kein Einbrecher, kein
Passant, der raucht!«, widersprach eine leise, freche Stimme.
»Er sucht nach dir, Fran! Er will wissen, wo du wohnst. Er
will dich kennen lernen. Er sieht sich um und stellt in Gedanken ein Dossier über dich zusammen.«
    Über meinem Kopf scharrten Füße, wieder waren Schritte zu hören. Er bewegte sich von mir weg, schneller jetzt, als
er gekommen war, als wäre er zufrieden und hätte gefunden, weswegen er hergekommen war.
    Er war weg. Ich wusste, dass er endgültig weggegangen
war und nicht wieder zurückkehren würde, wenigstens
nicht in dieser Nacht. Ich war wieder allein.

Seufzend atmete ich langsam aus; mir war überhaupt
nicht bewusst gewesen, dass ich die Luft angehalten hatte.
Ich stand auf und tappte zu meiner Küchenecke, um mir eine Tasse Tee zu machen. Auf dem Weg dorthin schaltete ich
jedes nur erdenkliche Licht in meiner Wohnung ein.
    Ich schaltete auch den Fernseher ein, wegen der Illusion
von Gesellschaft und einer Sehnsucht nach menschlichen
Stimmen. Es war zwei Uhr morgens, und der Empfang war
perfekt – soll man es für möglich halten? Keine Geisterschatten. Kein Schnee. Ein alter Schwarzweißfilm lief. Ich
setzte mich aufs Sofa, trank meinen Becher Tee und kam
langsam auf einen normalen Adrenalinpegel herunter.
    In dem Spielfilm ging es um mittelalterliche Dorfbewohner, die eine vermeintliche Hexe jagten. Die »Hexe« wurde
erst in der letzten Szene von ihrem Geliebten gerettet, der
von einem Kreuzzug zurückgekehrt war. Offensichtlich war
das Budget, mit dem der Film gedreht war, knapp bemessen
gewesen, denn es gab kaum Statisten. Bestimmt hatte es viele arbeitslose Schauspieler wie mich gegeben, die ihren Eckzahn für eine Komparsenrolle und die Chance, die Faust in
die Kamera zu schütteln, gegeben hätten. Doch stattdessen
waren stets die gleichen bekannten Gesichter zu sehen, einmal verkleidet als Bauern, dann in weitem Kettenpanzer mit
Helmen, die aussahen, als wären sie aus Blechdosen angefertigt, was wahrscheinlich auch zutraf.
    Der Film lenkte mich für eine Weile ab. Irgendwann jedoch war der Film zu Ende, und meine Ängste und Befürchtungen kehrten zurück. Wenn man jung ist, weiblich und
allein lebt, wie ich das tat, besteht immer das Risiko, von
jemandem beobachtet zu werden. Sie sehen einen irgendwo
und folgen einem nach Hause. Manchmal ist es nur das und
hat keine weiteren Folgen. Irgendwann wird es ihnen zu
langweilig und sie suchen sich eine neue Beute. Oder sie
werden verjagt.
    Wenn das alles gewesen war, kam ich damit klar. Doch
mir war eine weitere Möglichkeit in den Sinn gekommen,
dass nämlich der Besuch etwas mit Albie zu tun hatte. Falls
ja, dann war der Besucher logischerweise Merv gewesen. Allerdings wollte mir das nicht recht einleuchten. Ich hatte
beobachten können, wie sich Merv bewegte. Ich erinnerte
mich, wie er mit dumpfen, breiten Schritten in seinen Turnschuhen in Richtung von Dilips Hot-Dog-Stand getappt
war. Mein Besucher hingegen hatte stabileres,

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