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Granger Ann - Varady - 02

Titel: Granger Ann - Varady - 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Denn umsonst ist nur der Tod
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schwereres
Schuhwerk mit harten Absätzen getragen. Andererseits war
es unwahrscheinlich, dass Merv am Abend zuvor allein im Rose gewesen war, und Albie hatte zwei Männer bei der Entführung gesehen. War mein Besucher vielleicht Mervs
Komplize gewesen?
    Ganesh hatte mich gewarnt, einfach so in das Pub zu
stolpern; doch die Gelegenheit war zu verlockend gewesen,
um sie einfach verstreichen zu lassen. Hatte meine Voreiligkeit Verdacht erweckt, und hatte Mervs Komplize beschlossen, mir auf den Zahn zu fühlen?
    Es war ein Gedanke, der meinen bereits durcheinander
gewirbelten Verstand gleich in mehrere Richtungen davonjagen und eine alarmierende Vielzahl von Möglichkeiten heraufbeschwören ließ. Was, wenn die beiden Männer gemerkt
hatten, dass sie bei der Entführung beobachtet worden waren? Vielleicht waren sie zurückgekehrt, nachdem sie das
Mädchen an einen sicheren Ort gebracht hatten, in der Absicht, den Zeugen zum Schweigen zu bringen? Hatten sie,
genau wie Ganesh und ich, zu suchen begonnen, nachdem
sie Albie nicht finden konnten? Angenommen, der zweite
Mann war Albie an jenem schicksalhaften Morgen unserer
Begegnung im Marylebone gefolgt? Die Absicht des Fremden war gewesen, dem alten Burschen aufzulauern, doch
sein Plan war durchkreuzt worden, als Albie sich zu mir gesetzt und mit mir geredet hatte. Dann war Ganesh dazugekommen. Der Fremde hatte an dieser Stelle möglicherweise
entschieden, dass drei einer zu viel waren und war abgezogen, um eine andere, bessere Gelegenheit abzuwarten, wenn
er Albie allein antraf. Doch bevor er verschwunden war,
hatte er mich in Augenschein genommen, und als ich am
vergangenen Abend ins Rose spaziert war, hatte er mich
wieder erkannt. Wenn es sich tatsächlich so zugetragen hatte, dann steckte ich jetzt in ernsthaften Schwierigkeiten.
    Ich verfluchte meine Leichtfertigkeit. Ich hätte gleich darauf kommen können – wenn ich länger darüber nachgedacht hätte. Stattdessen hatte ich nach Merv gesucht, was
viel zu verdächtig war, als dass die beiden Entführer es nicht
bemerkt hätten. Ich war zu einer Figur in ihrem Spiel geworden. Bis jetzt hatte ich argumentieren können, dass ich
meine Bürgerpflicht mit der Meldung bei der Polizei mehr
als erfüllt und alles getan hatte, was in meiner Macht stand.
Doch jetzt war es damit vorbei. Dort draußen auf der Straße
trieb sich ein älterer, gebrechlicher Mann herum, der eine
gefährliche Erinnerung in seinem von Fusel benebelten Gehirn trug. Es war eine Erinnerung, die ich mit ihm teilte,
und eine dritte Person hatte Verdacht geschöpft.
    Ich gähnte, und mein Kopf sank mir auf die Brust. Draußen wurde es allmählich hell, und mit dem Morgen, der
grau heraufdämmerte, verblassten meine Ängste und Befürchtungen – alles nichts weiter als Einbildung, hervorgerufen durch den Extra-Käse auf einer Folienkartoffel zum
Abendessen. Vielleicht hatte ich mir ja tatsächlich alles nur
eingebildet.
    »Dein Problem, Fran, ist«, schimpfte ich mit mir selbst,
»dass du zu viel Fantasie besitzt, mehr nicht!«
Ich ging wieder ins Bett. Es war gar nicht so schlimm in
meinem unterirdischen Raum, wenn Tageslicht durch die
Milchglasscheibe an der Decke drang. Mit dem neuen Tag
wurde der Fremde, der in der vergangenen Nacht oben über
mir gestanden hatte, zu einem Passanten, der sich wirklich
nur eine Zigarette angesteckt hatte. Der blaue Cortina draußen vor dem Rose war reiner Zufall. Albies Geschichte war
das Hirngespinst eines alkoholbenebelten Gehirns. Im
Grunde genommen war die Bahn an allem schuld: Nur weil
die Züge Verspätung gehabt hatten und ich in der Kälte der
Marylebone Station auf Ganesh hatte warten müssen, hatte
ich dem zusammenhanglosen Gestammel eines alten Wermutbruders Beachtung geschenkt, um dann dessen dürftige
Aussagen zum Fundament eines netten, kleinen Kartenhauses zu machen.
Ich konnte nicht einmal mehr ausschlafen, weil ich zu
Reekie Jimmies Laden musste, um Angus den Künstler zu
treffen. Ich kroch mit schweren Augen gegen acht Uhr aus
dem Bett und raffte mich auf, wusch mir die Haare (was
nicht lange dauerte, weil ich die Haare sehr kurz trug) und
stieg in meine bequeme alte Jeans. Wenn ich schon Modell
für einen Künstler stehen sollte, so überlegte ich mir, konnte
es nicht schaden, wenn ich mich ein wenig zurechtmachte.
Also kramte ich meine türkisfarbene Seidenbluse hervor
und die gefütterte dunkelblaue indische Weste, die ich beide
auf einem Flohmarkt in Camden gefunden

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