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Granger Ann - Varady - 02

Titel: Granger Ann - Varady - 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Denn umsonst ist nur der Tod
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Reekie Jimmies
etwas umsonst zu bekommen, hatten es als Herausforderung begriffen. Sie kamen immer und immer wieder zu mir
und streckten mir ihre leeren Tassen hin, entschlossen, die
Gelegenheit bis zur letzten Minute auszukosten. Die Kaffeemaschine zischte, gurgelte und spuckte wie von Sinnen,
und der Samowar mit dem Tee lief trocken. Doch am Ende
hatte ich einen Zehner in der Tasche und ein halbes Pfund
übrig gebliebenen geriebenen Käse in einem gewaschenen
Margarinebecher.
»Überback dir doch zum Abendessen ’nen Toast mit dem
Käse hier«, hatte Jimmie vorgeschlagen. »Spar dir ein paar
Pennys.«
    »Vielleicht morgen«, hatte ich geantwortet. Mir war vorläufig der Appetit vergangen. Ich wollte für den Rest meines
Lebens keine Kartoffel mehr sehen. Der Geruch von geschmolzenem Käse, gegarten Kartoffelschalen und gebackenen Bohnen klebte selbst dann noch an mir, als ich mich
aus dem Rayon-Overall geschält hatte, den Jimmie »Uniform« genannt hatte. Meine Haare stanken danach. Vorausgesetzt, dass Angus am nächsten Tag ebenfalls zahlte wie
versprochen, hätte ich allerdings an diesem Wochenende
ein hübsches Sümmchen gemacht.
    Draußen hatte es den ganzen Abend über geregnet, während ich mit heißen Kartoffeln jongliert und Bohnenfüllungen ausgeteilt hatte. Die Straße und der Bürgersteig glänzten
nass im Licht der Laternen. Es waren vergleichsweise wenig
Leute unterwegs, und es herrschte nur schwacher Verkehr.
Aber als ich den Laden verließ und mich auf den Heimweg
machte, hörte ich, wie ein kurzes Stück hinter mir ein Motorradmotor hustend und stotternd angelassen wurde. Ich
genoss noch immer die kühle feuchte Luft auf meinem
schweißnassen Gesicht, deswegen schenkte ich der Sache
nur wenig Aufmerksamkeit.
    Mit leise grollendem Motor holte die Maschine auf und
fuhr an mir vorbei. Sie fuhr nicht schnell, und das kam mir
dann doch merkwürdig vor. Die meisten Motorradfahrer
lieben es, eine leere Straße hinunterzurasen. Genau in diesem Moment erinnerte ich mich wieder: Beim zweiten Mal,
als mich mein nächtlicher Besucher heimgesucht hatte, hatte ich gehört, wie weiter entfernt ebenfalls ein Motorrad angelassen worden war.
    Ich wollte auf gar keinen Fall jedes Mal, wenn ich den
Kopf aus der Tür streckte, wegen irgendwelchen Dingen, die
ich hörte oder sah, zusammenfahren wie eine alte Jungfer.
Trotzdem beschloss ich, auf einem anderen Weg nach Hause zu gehen, nur zur Sicherheit. Ich bog um eine Ecke und
ließ die Straße mit ihren Laternen und hell erleuchteten
Pubs, Cafés und Schaufenstern hinter mir.
    Ich ging durch ein Wohngebiet, das dalag, als sei es verlassen. Die Vorhänge vor den Fenstern waren zugezogen,
und die Türen vor der Nacht und ihren Gefahren fest verschlossen. Der einzige Hinweis auf Leben war das phosphoreszierende Flackern der Fernsehschirme, das durch die
Vorhänge hindurchzuckte. Meine Schritte hallten durch die
Straße. Längst schon hatte ich aufgehört, die nächtliche
Kühle zu genießen. Ein kalter Windstoß jagte durch die
Straße, und ich zitterte. Müll und Verpackungen, achtlos hinter mir in der Hauptstraße von Passanten weggeworfen, wurden vom Wind aufgewirbelt und in diese Seitenstraße geweht. Sie segelten raschelnd an mir vorbei und tanzten auf
dem unebenen Pflaster. Hin und wieder wickelte sich eine
Tüte oder ein Stück Papier von hinten um meine Beine. Ich
schlug meinen Kragen hoch und vergrub die Hände in den
Taschen. In einer davon hatte ich meinen Margarinebecher
mit geriebenem Käse verstaut, sodass meine Hand kaum
Platz fand. Mit gesenktem Kopf marschierte ich weiter.
    Das Brüllen des Motorradmotors zerriss, direkt hinter
mir, die Einsamkeit und Stille – wie ein wildes Tier, das sich
aus seinem Käfig befreit hat.
Wäre ich stehen geblieben und hätte mich zu ihm umgewandt, wär’s das gewesen. Doch instinktiv sprang ich zur
Seite, ohne abzuwarten, was geschehen würde. Ich landete
gerade auf der Vordertreppe eines Hauses, als die Maschine
über den Bürgersteig raste. Der Luftzug allein hätte mich
fast von den Beinen gerissen. Der Fahrer kauerte tief über
dem Lenker, eine dunkle, behelmte, gesichtslose Gestalt.
    »Idiot!«, brüllte ich ihm hinterher. »Was glaubst du eigentlich, was du da machst?«
Die Margarinedose mit dem Käse fiel, aus der Tasche und
landete unten auf dem Bürgersteig.
Meine Frage war ebenso dumm wie unnötig. Er hatte ohne jeden Zweifel versucht, mich über den Haufen zu fahren.
Bei der

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