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Granger Ann - Varady - 02

Titel: Granger Ann - Varady - 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Denn umsonst ist nur der Tod
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enttäuscht. Er sah ärgerlich aus, doch nicht
überrascht. »Wenn ich recht informiert bin, hat die Polizei
diesen Aspekt bereits untersucht. Ich möchte offen zu Ihnen
sein, Miss Varady. Ich habe Laurens wohltätige Arbeit missbilligt, so ehrenhaft sie auch gewesen sein mag. Es ist eine
simple Tatsache, dass eine junge Frau, die eines Tages wenn
nicht ein großes Vermögen, so doch eine beträchtliche Hinterlassenschaft erben wird, sich der Risiken bewusst sein
sollte, die mit dem Besitz von Reichtum verbunden sind. Sie
wird zu einem Objekt der Begierde für Schmarotzer, Betrü
ger, mittelose junge Männer und alle möglichen anderen
unangenehmen Elemente der menschlichen Gesellschaft.
Ihre Familie und ihre Freunde versuchen selbstverständlich,
sie davor zu schützen, doch sie muss auch selbst auf sich
Acht geben.
Ich wusste, dass sie nicht nur in diesem Frauenhaus Zeit
verbrachte, sondern auch in anderen, ähnlich wohltätigen
Organisationen. Ich habe versucht, sie davon abzubringen.
Die Natur eines solchen Ortes bringt es mit sich, dass sie allem möglichen Gesindel begegnet, und früher oder später
kommt der eine oder andere beinahe zwangsläufig auf den
Gedanken, das für seine Vorteile auszunutzen.«
Ich konnte das nicht unwidersprochen lassen. Fast wäre
ich vor Zorn aus dem Stuhl gesprungen, um diesen gut betuchten Snob daran zu erinnern, dass die Frauen in diesem
Haus Schreckliches durchgemacht hatten. Sie wären sicherlich nicht dort, wenn sie eine andere Wahl gehabt hätten.
Sie waren dort, weil sie an Leib und Leben bedroht waren.
Sie als Gesindel abzutun, war unannehmbar, und ich hätte
zu gerne gehört, dass er es zurückgenommen hätte.
»Ganz im Gegenteil!«, tat er meinen diesbezüglichen Protest ab. »Was Sie gerade gesagt haben, bestätigt meinen
Standpunkt nur. Die Frauen sind nur deswegen in diesen
Häusern, weil ihnen Gewalt angetan wurde. Sie unterhalten
Beziehungen mit gewalttätigen Männern. Daraus folgt, dass
jeder, der sich mit diesen Frauen abgibt, ebenfalls Gefahr
läuft, mit gewalttätigen Männern in Berührung zu kommen.«
Das zerbrochene Fenster und die beschädigte Tür fielen
mir ein, und widerstrebend räumte ich ein, dass er möglicherweise nicht ganz Unrecht hatte.
»Sie wollen also andeuten«, sagte ich, »dass Lauren ihren
späteren Entführern überhaupt erst durch ihre karitative
Arbeit aufgefallen ist?«
»Ich halte es für ausgesprochen wahrscheinlich. Sie vielleicht nicht? Hören Sie, Miss Varady …« Er blickte auf eine
kostspielige Armbanduhr. »Ich habe Ihnen bereits eine
Menge Zeit gewidmet, und ich kann offen gestanden nicht
sehen, wohin das führen soll. Ich kann Ihnen überhaupt
nichts sagen, was Sie nicht auch von der Polizei erfahren
könnten. Tatsächlich vermute ich, dass die Polizei im Gegenteil überhaupt nicht erfreut wäre, wenn sie wüsste, dass
ich mit Ihnen rede.«
Er wollte nichts mehr sagen, hieß das, und ich konnte gehen. Ich stand auf, doch ich hatte noch eine letzte Frage, die
ich ihm einfach stellen musste.
»Verraten Sie mir doch eins«, sagte ich. »Dieser Cherub
da draußen …«, ich deutete zur Vorzimmertür. »Ist er wirklich fünfzehnhundert Mäuse wert?«
»Cherub?« Er blickte verwirrt drein. »O, Sie meinen den
Zephyr! Ja, ein wunderbares Stück. Exquisit. Italienische Renaissance, mit zertifizierter Herkunft. Er wurde gegen Ende
des Zweiten Weltkriegs in den Ruinen eines Lustschlosses am
Gardasee gefunden.«
»Gefunden« klang in meinen Ohren wie Euphemismus.
»Eine Kriegstrophäe?«, fragte ich.
»Selbstverständlich nicht!«, entgegnete er empört und presste die vollen Lippen zusammen, bis sie nur noch ein schmaler
Strich waren. Das Fleisch ringsum war weiß vor Zorn. »Guten
Tag, Miss Varady!«, sagte er und öffnete mir die Tür.
Draußen im Vorzimmer war ein Motorradkurier eingetroffen. Es deutete auf eine ausgezeichnete Schallisolation
der Tür hin, dass ich ihn nicht hatte kommen hören. Lederkluft, Helm und hohe Stiefel: Er sah aus wie eine Vision aus
dem Weltraumzeitalter, und war hier mindestens ebenso
fehl am Platz wie ich – auch wenn er geschäftlich unterwegs
war und nicht wie ich als Freizeitdetektivin.
Die Eiskönigin reichte ihm ein Paket. Er grollte: »In Ordnung« und polterte davon, ohne mir mehr als einen abschätzigen Blick zu schenken. Falls er wegen meiner Anwesenheit gestutzt hatte, dann war es ihm nicht anzumerken.
Vielleicht war ich ihm nicht einmal wirklich aufgefallen. Ein
Mann, der Tag für Tag

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