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Granger Ann - Varady - 03

Titel: Granger Ann - Varady - 03 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die wahren Bilder seiner Furcht
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war.
Sie kam nicht gleich zur Sache, sondern redete um den
heißen Brei herum. »Ich war gestern im Laden, wo du arbeitest. Ein Inder war dort, ein richtiger Brocken. Er hat gesagt,
du würdest sonntags nicht arbeiten. Da waren Klempner,
die gearbeitet haben. Sonntags. Schwarzarbeiter?«
»Nein, Selbstständige. Dilip hat mir gesagt, dass du da
gewesen bist. Ich hatte gehofft, du würdest dich wieder melden. Tut mir Leid, dass wir uns verpasst haben.« Ich nippte
an meiner Tasse. Ich war froh über den Espresso. Meine
Nerven brauchten dringend eine Beruhigung.
Tig rutschte unruhig auf ihrem Stuhl hin und her, und
die Beine scharrten kratzend über den gefliesten Boden. »Na
ja, äh, tut mir Leid, wenn ich dich beim letzten Mal so angefaucht habe!« Sie rieb sich die dürren Hände. Die Fingerspitzen waren blau und die Nägel schmutzig. Sie brauchte
dringend ein Bad.
»Du schläfst draußen, Tig?«, fragte ich.
Sie wand sich. »Hör mal, war das dein Ernst, was du erzählt hast? Dass du alles machst, was nicht ungesetzlich ist?«
»Jaaah …«, sagte ich zögernd. Ein ungutes Gefühl beschlich mich.
»Dann beauftrage ich dich hiermit.« Ich schien sie angestarrt zu haben, als hätte ich einen Schlag mit einer Socke
voller nassem Sand abbekommen, denn sie fügte gereizt
hinzu: »Du hast doch erzählt, du würdest als Privatermittlerin arbeiten, für Leute, die anderswo keine Hilfe bekommen, oder? Zu denen gehöre ich auch. Ich kriege anderswo
keine Hilfe, deswegen bin ich zu dir gekommen. Ich möchte, dass du dich für mich mit meiner Familie in Verbindung
setzt. Als Vermittlerin.«
Ich wusste, dass ich mir die Sache ganz allein eingebrockt
hatte. Ich hatte sie bedrängt, nach Hause zurückzukehren.
Ich hatte ihr angeboten, ihr zu helfen, wenn es in meiner
Macht stand. Es war eine Eingebung des Augenblicks gewesen, ohne nachzudenken. Hätte ich hinterher darüber nachgedacht, wäre ich ohne den geringsten Zweifel zu dem (erleichterten) Schluss gekommen, dass sie mein Angebot nicht
annehmen würde. Aber ich hatte nicht nachgedacht. Jetzt
fiel mir alles wieder ein. Ich hatte förmlich damit geprahlt,
dass ich Jobs für andere Leute annahm. Was mal wieder beweist, dass man immer mit dem Unerwarteten rechnen
muss, und wenn man nicht beim Wort genommen werden
will wegen irgendetwas, das man leichthin gesagt hat, dann
soll man seine Klappe halten.
»Nun?« Sie beugte sich über den Tisch, und ihr verkniffenes Gesicht zeigte aufkeimenden Ärger. Ihr ganzes Verhalten wurde von mühsam kontrolliertem Zorn beherrscht.
Die Leute an den Tischen ringsum starrten uns erschrocken
an. Wahrscheinlich dachten sie, dass wir gleich aufeinander
losgehen und uns auf dem Boden wälzen würden. »Oder
war das alles nur Mist, was du erzählt hast? Hast du das alles
nur erfunden? Du hast in Wirklichkeit nie irgendwelche
Jobs für andere Leute übernommen?«
»Doch, das habe ich!«, fühlte ich mich genötigt, mich zu
verteidigen. »Es ist nur, dass mich deine Frage unvorbereitet
getroffen hat, weiter nichts.«
»Wirst du es machen?« Sie lehnte sich wieder zurück,
während sie mir unverwandt in die Augen starrte.
»In Ordnung«, sagte ich. »Was soll ich für dich tun? Sie
anrufen?«
»Nein, hinfahren und mit ihnen reden.« Sie kramte in ihrer Jacke und brachte eine Rolle verdreckter Banknoten zum
Vorschein, die von einem Gummiband gehalten wurden.
»Das hier ist mein Notgroschen. Alles, was ich habe. Jo Jo
weiß nichts davon. Es ist genug Geld für eine Rückfahrkarte
von Marylebone nach Dorridge. Dort wohnen sie. Jede
Stunde fährt ein Zug – ich hab schon für dich nachgesehen.
Um Viertel vor fährt er aus Marylebone ab, und der Zug
von Dorridge hierher fährt um zwölf Minuten vor. Was an
Geld übrig ist, kannst du als Honorar behalten. Ich weiß
nicht, was du üblicherweise verlangst, aber das ist alles, was
ich habe, also nimm es, oder lass es sein.«
Das ging mir alles ein wenig zu schnell, und mein Honorar war die geringste meiner Sorgen. »Wer wohnt in Dorridge? Deine Eltern? Wo um alles in der Welt liegt dieses
Dorridge überhaupt? Es klingt wie Porridge!«
»Auf dem Weg nach Birmingham, kurz vorher, das letzte
Kaff vor Solihull. Die Fahrt dauert knapp über zwei Stunden, also wirst du früh am Morgen aufbrechen müssen.«
»Hey, warte mal.« Sie hatte alles bereits geplant, wie es
schien, aber ich hatte vorher noch ein paar Fragen auf der
Zunge.
Eine Straßennutte kam aus der Kälte in den Laden. Sie

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