Granger Ann - Varady - 03
Sie hatten
nichts Besseres zu tun, als mit dem Film zu einem Drogeriemarkt zu rennen und Abzüge machen zu lassen. Das war
kein schlauer Schachzug, Fran, überhaupt kein schlauer
Schachzug. Nehmen Sie meinen Rat – meinen ganz offiziellen Rat –, und machen Sie niemandem die Tür auf, den Sie
nicht kennen, kapiert? Wenn jemand in den Laden kommt
oder zu Ihnen nach Hause oder sich sonst wie mit Ihnen in
Verbindung setzen will, telefonisch oder was weiß ich, dann
informieren Sie uns auf der Stelle! Es ist in Ihrem eigenen
Interesse, vergessen Sie das nicht. Tun Sie sich selbst einen
Gefallen, Fran, und lernen Sie endlich aus Ihren Fehlern!«
»Ich hab Ihnen doch gesagt, dass schon jemand in den
Laden gekommen ist und gefragt hat.«
»Ja, sicher, aber Sie haben ihm nicht die richtige Antwort
gegeben, wie? Deswegen ist er gestern Nacht wiedergekommen. Er hat auch in der Nacht keine Antwort gefunden,
deshalb wird er es weiter versuchen.« Parry beugte sich wieder vor. »Er braucht diesen Film.«
»Wer braucht den Film?«, konterte ich.
Die einzige Antwort darauf war ein spöttisches Grinsen.
Parry ging zur Tür. »Oh«, sagte er. »Ich bin immer noch unschlüssig, ob ich die Imitation von einer Alarmanlage in
meinem Bericht erwähnen soll oder nicht. Sagen wir, ich
halte sie als eine Art Garantie für Ihr zukünftiges Verhalten
zurück, was meinen Sie, Fran?«
Ich wollte ihm sagen, dass er sich zum Teufel scheren solle, doch er war bereits gegangen.
Es war bereits drei Uhr nachmittags, als ich endlich den Laden aufmachen konnte, gerade rechtzeitig, um den Evening
Standard zu verkaufen, ein paar Päckchen Zigaretten und
zwei Girlie-Magazine. Zwischendurch rannte ich immer
wieder kurz nach oben, um nach Ganesh zu sehen, der so
tief und fest schlief, dass ich mich ernsthaft zu fragen begann, ob ich versuchen sollte, ihn zu wecken. Vielleicht war
er in ein Koma gefallen.
Jeder, der in den Laden kam, wollte wissen, warum wir
erst so spät geöffnet hatten. Mehrere der Kunden hatten die
Streifenwagen draußen vor der Tür gesehen, und ich musste
mir eine Geschichte einfallen lassen. Ich erzählte ihnen, dass
es einen versuchten Einbruch gegeben hätte und dass die
Eindringlinge gestört worden und mit leeren Händen geflüchtet wären. Das war nicht einmal gelogen.
Jeder, dem ich diese Geschichte erzählte, meinte hinterher, wir hätten verdammtes Glück gehabt. Sie ahnten ja gar
nicht, wie Recht sie damit hatten.
Gegen sechs sperrte ich die Ladentür erneut zu und ging
nach oben, um nach dem Kranken zu sehen. Zu meiner
großen Erleichterung war Ganesh aufgewacht und bewegte
sich wie in Zeitlupe durch die Küche. Ich öffnete eine Dose
Suppe und machte Toast, doch er verspürte keinen Appetit.
»Du solltest zu einem Arzt gehen«, empfahl ich ihm.
Doch dazu war er nicht bereit. »Morgen bin ich wieder
auf dem Damm.«
Ich musste es erwähnen. »Ganesh? Wegen der Alarmanlage …«
Er hob abwehrend die Hände. »Ich weiß, ich weiß«, sagte
er.
»Ich mache dir ja gar keinen Vorwurf. Aber du solltest
deiner Familie erzählen, was dein Onkel Hari tut. Er hatte
kein Recht, dich mit keinem weiteren Schutz als einer leeren
Attrappe an der Wand allein zu lassen.«
Auf Ganeshs Gesicht erschien ein gehetzter Ausdruck.
»Du hast meiner Familie doch noch nichts davon erzählt,
Fran, oder?«
»Entspann dich, natürlich nicht.«
»Sie würden Onkel Hari schreiben, und er würde mit
dem nächsten Flug aus Indien zurückkommen. Er würde
sagen, alles wäre meine Schuld. Er würde mich nie wieder
alleine den Laden führen lassen. Er darf nie erfahren, was
hier passiert ist, Fran. Kein Wort!«
»Schon gut, schon gut.« Wenn nicht nur die Polizei, sondern auch noch Ganesh mir den Mund verbot, dann konnte
ich genauso gut ein Schweigegelübde ablegen und die Sache
als erledigt betrachten. Ich ging wieder nach unten und
sperrte den Laden auf.
Gegen acht Uhr ging ich nach Hause. Ganesh hatte versprochen, früh zu Bett zu gehen, und ich hatte versprochen, am
nächsten Morgen um sieben Uhr da zu sein und ihm bei
den Zeitungen zu helfen. Hoffentlich ließ mich mein rostiger alter Wecker nicht im Stich. Manchmal klingelte er
nämlich nicht mehr, sondern tickte einfach nur verdrießlich
vor sich hin. Ich musste mir irgendwann einen neuen zulegen, aber normalerweise brauchte ich morgens keinen. Ich
schien einfach nie lange genug einen Job zu haben, als dass
sich die Anschaffung gelohnt hätte.
Draußen nieselte es. Die
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