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Granger Ann - Varady - 04

Titel: Granger Ann - Varady - 04 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dass sie stets Boses muss gebaren
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fern zu
halten, wie Jerry es von mir verlangt hatte, doch stattdessen
hatte ich darauf bestanden, mich mit ihm am folgenden Tag
zu treffen. Und warum? Weil mein Gewissen mich nicht in
Ruhe gelassen hätte, wenn ich die Wildes nicht wenigstens
gewarnt hätte. Früher oder später, nahm ich an, würde Mrs
Marks der Polizei erzählen, was sie mir erzählt hatte. Von dort
bis zu den Wildes war es nur ein kleiner Schritt.
    Um zehn vor fünf am Montagnachmittag traf ich in der Oxford Circus Tube Station ein und bezog beim Fahrkartenautomaten Position. Ich wollte Jerry Wilde kommen sehen,
bevor er mich entdeckte. Ich schätzte, dass er die Treppe
von der nördlich verkehrenden Bakerloo Line hinaufkommen würde, nachdem er bei Embankment von der District
Line umgestiegen war. Bei Oxford trafen die Central, die
Victoria und die Bakerloo Line zusammen. Dies und die Lage des Bahnhofs inmitten von London mit direktem Zugang
zu den Einkaufszonen von Oxford Street und Regent Street
machten die Station zu den meisten Tageszeiten zu einem
hektisch aktiven Bienenstock. Um diese Zeit waren die
Menschenmassen vergleichbar mit einem Gedränge auf einem Rugbyfeld. Jeder war in Eile, um seinen Zug zu erwischen und nach Hause zu kommen. Die Menschen hatten
lange Stunden in den Büros verbracht oder damit, beim
Einkaufen von einem großen Store zum nächsten zu
schlendern, und sie waren müde und reizbar. Es ist schwierig, unter diesen Umständen kühl und entspannt zu bleiben.
Ich fühlte mich selbst bereits bedrängt und nervös, nachdem ich mit der Northern und der Central Line im allgemeinen Gedränge bis hierher gefahren war.
    Wenigstens war es hier in der Station warm, und aus der
Tiefe drangen Böen aus heißer, schaler Luft. Die Obdachlosen kamen hierher, um sich aufzuwärmen, wenn sich eine
Gelegenheit bot, doch die Polizei verjagte sie regelmäßig
wieder. Die Straßenmusikanten waren geübter darin, den
Behörden zu entgehen, und trotz der überall im Underground System hängenden Verbotsschilder gab es nur in
wenigen Gängen keine Musik. Ich persönlich glaube, die
Fahrgäste mögen es. Einige der Straßenmusikanten sind
richtig gut. Andere, beispielsweise ein Typ namens Sam, den
ich mal kannte, sind es nicht. Er war im Gegenteil grottenschlecht; sein Gitarrenspiel war mies, und er hätte beim Singen nicht einmal dann einen Ton getroffen, wenn es um
sein Leben gegangen wäre. Tagaus, tagein hatte er die
Trommelfelle der Menschen mit seinen misstönenden Melodien gefoltert, doch er hatte mehr Geld damit verdient als
einige der wirklich guten Musiker, weil die Leute Mitleid
mit ihm hatten wegen des offensichtlichen Mangels an Talent und weil sie seinen Mut bewunderten, sich trotzdem
hier hinzustellen.
    Ich trank Cola aus einer Dose und behielt die automatischen Tore am Kopfende der Rolltreppen im Auge. Ich sah,
wie ein Kind ohne Ticket hindurchschlüpfte. Der Junge war
um die zwölf Jahre alt und dünn. Er hatte herumgehangen
und darauf gewartet, dass ein geeigneter Fahrgast das Tor
passierte. Der geeignete Fahrgast war in Gestalt einer Matrone dahergekommen, geistesabwesend und beladen mit
Einkaufstüten von Selfridges. Sie schob ihren Fahrschein in
die Maschine, und genau in diesem Augenblick und zeitlich
wunderbar abgepasst, schob sich der Junge dicht hinter sie.
Das Tor flog auf, und beide schoben sich hindurch, bevor
sie an dem leichten Druck in ihrem Rücken richtig wahrnehmen konnte, dass sie plötzlich einen Schatten hatte. Die
Tore flogen zu und streiften den Knaben nur leicht am Rücken.
    Ein Angestellter der London Transport in orangefarbener
Jacke hatte das Manöver jedoch trotz des allgemeinen Getümmels beobachtet. »Hey!«, brüllte er entrüstet, doch es
war zu spät. Der Junge war verschwunden. Er war die Rolltreppe hinuntergeflitzt und hatte sich an anderen Fahrgästen vorbeigedrängelt. Ein Kollege kam zu dem Mann von
London Transport, und gemeinsam beratschlagten sie, was
sie unternehmen sollten, um den Fall schließlich als hoffnungslos beiseite zu legen. Was die ältere Dame mit den
Einkaufstüten anging, sie blickte einfach nur verwirrt um
sich und hatte immer noch nicht recht begriffen, was geschehen war. Eines Tages, sobald der Junge ein wenig gewachsen war, würde sein Trick nicht mehr funktionieren.
Die Tore würden sich schließen und ihn einquetschen. Bis
dahin musste er sich eine andere Methode ausdenken.
    Ich lehnte mich gegen die Wand. Meine Hand fühlte sich
trotz der

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