Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Granger Ann - Varady - 04

Titel: Granger Ann - Varady - 04 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dass sie stets Boses muss gebaren
Vom Netzwerk:
die Stirn und kaute auf
ihrer Unterlippe. Als sie mich erblickte, schien ihre Stimmung noch weiter zu sinken.
»Ich dachte schon, du würdest überhaupt nicht mehr
kommen!«, begrüßte sie mich aufsässig.
    »Hey, wir haben Rushhour, okay? Außerdem springe ich
nicht, wenn du rufst, klar? Nur damit du es weißt. Du hast
Glück, dass ich überhaupt hier bin.« Neugier übermannte
mich. »Was hättest du eigentlich getan, wenn ich nicht gekommen wäre?«
    »Ich hätte wieder angerufen, und ich hätte so lange weiter
angerufen, bis du irgendwann gekommen wärst.«
»Jede Wette, dass du schreist und schreist, bis du heiser
bist«, sagte ich.
Sie blickte mich ausdruckslos an. Offensichtlich hatte sie
nicht die gleichen Kinderbücher gelesen wie ich.
»Nur damit ich Bescheid weiß«, sagte ich. »Wie bist du an
meine Nummer gekommen?«
»Ach, das.« Sie warf die Haare nach hinten. Es waren
nicht länger die nassen Rattenschwänze, die ich im Licht der
Straßenlaterne gesehen hatte – jetzt waren sie hellblond und
bestanden aus einer Masse kleiner Locken. Sie hatte hübsch
geschwungene Augenbrauen und hellblaue Augen. Ihre Nase war kurz und gerade, die Wangenknochen ausgeprägt
und der Mund voll und gleichmäßig zu einer ärgerlichen
Linie zusammengepresst. Sie sah aus wie meine Mutter –
wie unsere Mutter. Oder wie die Erinnerung an meine Mutter vor all den Jahren, bevor sie weggegangen war. Sie sah
ihr sogar ähnlicher, als ich es tat. Ich kam nach den Varadys.
Großmutter hatte es immer wieder gesagt. Was Nicolas Vater anging, hatte Mutter mir keinen Hinweis gegeben, wer er
gewesen war, doch das spielte keine Rolle. Er hatte sein Aussehen nicht vererbt. Dieses Mädchen hier war eine echte
Nagy.
»Es war an dem Abend, als du draußen vor unserem
Haus gewartet hast«, sagte sie. »Später ist Ben Cornish zum
Abendessen gekommen. Er war ein wenig zu spät. Mutter
war draußen in der Küche beim Kochen. Ich war oben, um
meine Schulbücher für den nächsten Tag einzupacken. Ich
hörte Ben kommen und bin raus in den Flur. Ich wollte
mich über die Brüstung lehnen und Hallo rufen. Ich mag
Ben. Magst du Ben?« Sie starrte mich auf eine Weise an, die
ich nur als feindselig bezeichnen kann. Sie schwärmte offensichtlich für den jungen Gärtner. Sie wollte wissen, ob ich
mich auf etwas vorgewagt hatte, das sie als ihr Territorium
betrachtete.
»Spielt doch keine Rolle, ob ich ihn mag«, sagte ich. »Erzähl weiter.«
Sie sah mich ärgerlich an und gab mir in Gedanken eine
schlechte Note, doch sie fuhr fort. »Na ja, bevor ich runterrufen konnte, fingen Daddy und Ben an, sich zu unterhalten. Ben war ziemlich nervös. Sie flüsterten. Also lauschte
ich. Sie wussten nicht, dass ich oben stand. Ich hörte den
Namen Fran Varady. Deinen Namen. Ben sagte, er hätte mit
dir geredet, und Dad hat geflucht.« Sie schien sich fast zu
amüsieren bei dem Gedanken.
»Dann sagte Daddy, dass Mutter es nicht erfahren dürfte.
Ben sagte, selbstverständlich nicht. Er zog einen Zettel aus
der Tasche und zeigte ihn Dad. Dad sagte, er würde dich anrufen. Er sagte: ›Ich rufe sie an, sobald ich Gelegenheit habe,
aber bei Gott, Ben, erzähl Flora nichts davon!‹ Dann zog er
seinen Taschenkalender und schrieb eine Nummer von dem
Zettel ab, den Ben ihm hinhielt. Ben faltete den Zettel wieder zusammen und steckte ihn ein. Dann zog er seine Jacke
aus und hängte sie im Flur an den Haken. Beide gingen in
die Küche, um Mummy Hallo zu sagen. Ich schlich nach
unten. Ich hörte sie in der Küche reden. Sie unterhielten
sich über irgendeinen neuen Wein oder so, den Dad ausprobieren wollte, also wusste ich, dass sie nicht gleich wieder nach draußen kommen würden. Ich sah in Bens Jacke
nach, fand die Nummer auf dem Zettel und schrieb sie auf.
Es war ganz einfach, echt.«
Jetzt blickte sie definitiv selbstgefällig drein. Auf dem
Bahnsteig kamen und gingen die Züge. Menschen strömten
um uns herum. Es war kühl und nicht besonders angenehm
hier draußen, doch es war immer noch der beste Treffpunkt. Ich kannte kein Café hier in der Gegend, und ich
konnte sie wohl kaum mit in ein Pub nehmen. Ich schlug
vor, dass wir auf und ab gingen. Es ist einfacher, die Beine
zu entlasten, wenn man in Bewegung ist, als wenn man wie
angewurzelt herumsteht.
»Hör zu«, sagte ich zu ihr, »ich kann nicht mit dir über
das reden, was ich mit deinem Vater zu besprechen hatte.
Tut mir Leid.«
Sie schob ihr wütendes kleines Gesicht

Weitere Kostenlose Bücher