Granger Ann - Varady - 04
Fuß und klammerte mich daran fest, als ginge es um
Leben und Tod.
»Lassen Sie mich los!«, kreischte sie.
Im Leben nicht!, wie jemand anders einmal gesagt hat.
Ich sollte sie loslassen, damit sie mir den Schädel eintreten
konnte?
Sie packte irgendetwas auf dem Tisch, einen ihrer Einkäufe, eine Dose, und begann, damit nach mir zu schlagen.
Ich schaffte es, unter den Schlägen auf die Knie zu gelangen,
während ich mich immer noch an ihren Knöchel klammerte, auch wenn mein Instinkt mir sagte, dass ich die Hände
über den Kopf reißen sollte, um ihren Schlägen zu entkommen. Ich stieß mit der Schulter hart gegen ihre Knie.
Sie landete krachend auf dem Boden.
Endlich frei, rappelte ich mich auf die Beine und packte
die Tischkante, um mich daran festzuhalten. »Was glauben
Sie, was das soll?«, ächzte ich. »Haben Sie den Verstand verloren oder was?«
»Verschwinden Sie!«, keifte sie vom Boden her. Ihr hübsches kleines Gesicht war zu einer unkenntlichen Fratze verzerrt, und Speichel tropfte über ihre Lippen. »Verschwinden
Sie! Hauen Sie ab! HAUEN SIE AB!«
Ich ging. In einer Küche gibt es zu viele leicht greifbare
Waffen, und ich hatte nicht vor zu warten, bis Flora Wilde
die nächste in die Finger bekam.
Nun, das war’s also, Fran, sagte ich mir auf dem Weg
nach Hause. Mission erfüllt. Soweit sie erfüllbar war jedenfalls. Ich hatte Nicola nicht gesehen, doch ich hatte einen
Blick auf ein Bild von ihr erhascht. Ich hatte von Flora erfahren, dass es der Familie gut ging. Ich hatte das Haus gesehen, in dem Nicola lebte, und es war sehr hübsch und
komfortabel in einer anständigen Gegend. All das sollte
wohl reichen, um meine Mutter zufrieden zu stellen. Oder
vielleicht nicht?
Ich hoffte es inbrünstig. Mein Kopf schmerzte immer
noch von den Schlägen mit der Konservendose voll gesunder Lebensmittel, und mein Zwerchfell kreischte jedes Mal
protestierend, wenn ich zu atmen versuchte.
Ich war zurück in Camden und schon fast bei Onkel Haris Laden und freute mich darauf, mich mit einem heißen
Becher Tee hinzusetzen und ein wenig auszuruhen, als neben mir ein Wagen am Straßenrand hielt. Das Seitenfenster
glitt nach unten.
»Miss Varady?«, rief eine offizielle Stimme meinen Namen. »Wir haben Sie gesucht. Inspector Morgan möchte
mit Ihnen reden.«
Der Tee auf der Wache war seit meinem letzten Besuch
nicht besser geworden, genauso wenig wie Inspector Morgans Geschmack für Kleidung. Sie trug eine navy-blaue Jacke in Kombination mit einem langen navy-blauen Rock
und sah aus wie eine Krankenpflegerin auf Besuch. Ich war
immer noch überzeugt, dass sie ihre Sachen aus irgendwelchen Anzeigen in der Zeitung bestellte, die einem den
zweiten Rock zum halben Preis versprechen, alles selbstverständlich direkt aus der Fabrik und zu Großhandelspreisen.
»Wo waren Sie heute Morgen?«, verlangte sie zu erfahren,
ohne lange um den heißen Brei herumreden.
In mir schrillte eine Alarmglocke – oder besser dröhnte ,
angesichts meines angeschlagenen Schädels. »Ich muss ja irgendwann mal vor die Tür«, entgegnete ich patzig. »Ich bin
schließlich nicht in meiner eigenen Garage gefangen, oder?
Ich habe eigentlich gedacht, Sie müssen darauf kommen,
dass ich auf Wohnungssuche bin. Was glauben Sie denn,
was ich gemacht habe?«
»Ist ›Wohnungssuche‹ der Grund für die Beule auf Ihrer
Stirn?«
Ich betastete meine Stirn. Die Beule fühlte sich an wie ein
halbes hart gekochtes Ei und wurde immer noch größer.
»Ach, das«, sagte ich nonchalant. »Ich hab mir im Dunkeln in der Garage den Kopf gestoßen. Hari hat eine Menge
Kram dort gelagert.«
Sie stieß ein ungläubiges Knurren aus. »Na schön«, sagte
sie. »Und? Glück gehabt?«
»Womit?« Mein Gehirn funktionierte längst noch nicht
wieder so, wie es in dieser Situation sollte.
»Mit Ihrer Wohnungssuche.« Sie bedachte mich mit einer unfreundlichen Imitation von einem Lächeln.
»Ach das. Nein.«
»Nun, Sie können jedenfalls nicht weiter in dieser Garage
wohnen!«, sagte sie entschieden.
»Und um mir das zu sagen, haben Sie mich herbringen
lassen?«
Meine Bemerkung brachte mir ein weiteres eisiges Grinsen ein. Sie verschränkte die Hände auf der Tischplatte zwischen uns und musterte mich sekundenlang. Ich wusste,
dass sie überlegte, wie sie weitermachen sollte, also war ich
einigermaßen vorbereitet, als sie anfing. »Sie haben Probleme, Fran, und ich sehe, dass es ernste Probleme sind. Aber
glauben Sie mir, Sie sind nicht die Einzige,
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