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Granger Ann - Varady - 04

Titel: Granger Ann - Varady - 04 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dass sie stets Boses muss gebaren
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einem Kamelhaarmantel mit dünner werdendem Haar
und teurem Schnitt stieg aus und bezahlte den Fahrer.
»Alles in Ordnung, Harry?«, wandte er sich an den Türsteher.
»Alles in Ordnung, Mr Allerton«, versicherte Harry hastig
mit einem beunruhigten Seitenblick zu mir.
Ich schob mich geschickt nach vorn. »Mr Allerton? Mein
Name ist Fran Varady, und ich wäre Ihnen wirklich sehr
dankbar, wenn Sie fünf Minuten Ihrer Zeit für mich erübrigen könnten.«
»Du hast nicht die Figur dazu, Süße«, sagte er freundlich.
Wenn das so weiterging, würde mein Selbstbild ziemlich
in Mitleidenschaft gezogen werden. »Ich suche keinen Job«,
sagte ich.
»Singst du? Oder machst du irgendwas Ungewöhnliches?«
»Nein! Mr Allerton, ich bin eine Art Privatdetektiv.«
»Meine Güte«, sagte er. »Es heißt, wenn die Cops anfangen, jünger auszusehen, dann ist es ein Zeichen, dass man
alt wird. Ich will gar nicht daran denken, was es bedeutet,
wenn Kids wie du auftauchen und behaupten, Privatschnüffler zu sein!«
»Fünf Minuten!«, sagte ich laut und deutlich und hielt die
Finger der rechten Hand in die Höhe.
»Los, verschwinde!«, brummte Harry und packte mich
am Oberarm, dass es wehtat.
Doch Allerton grinste. Offensichtlich hatte er irgendwo
gut zu Mittag gegessen. »Du hast Mumm, das muss ich sagen. Was ermittelst du denn, Kleine? Erzähl mir nichts von
einem verschwundenen Mädchen. Ich beschäftige keine
Minderjährigen, und wenn sie alt genug sind, dann ist es ihre Sache, ob sie ihren Familien erzählen, womit sie ihr Geld
verdienen.« Er tippte mit dem Finger auf mich.
»Rennie Duke ist tot«, ächzte ich und zuckte zusammen
wegen der Schmerzen in meinem Oberarm.
Sein Grinsen verschwand. »Also schön«, sagte er. »Komm
rein und erzähl mir, warum dich das so interessiert. Nicht,
dass ich dir irgendwas zu sagen hätte – betrachte mich einfach als neugierig.«
Er ging an dem ungläubigen Türsteher vorbei, der mich
zögernd losließ. Ich trottete seinem Boss hinterher.
Das Vestibül war schummrig, und vor dem Eingang zum
Clubraum hingen schwere Samtvorhänge. Aus dem Raum
dahinter kam der Gestank von Zigarettenrauch, Alkohol
und schwülem Parfum. Irgendjemand spielte auf einem Piano. Oben in der Ecke hing eine CCTV Kamera, die jeden
Neuankömmling einfing. Ein sehr hübsches orientalisches
Mädchen lehnte über dem Empfangstresen. Nach ihrem
Aussehen zu urteilen fragte ich mich, wie ehrlich Allerton
gewesen war mit seiner Behauptung, keine Minderjährigen
einzustellen. Hinter dem Mädchen hingen Mäntel an Haken, und vor ihr auf dem Tresen lag ein Stapel gedruckter
Formulare, wahrscheinlich Mitgliedsanträge, dachte ich. Ich
fragte mich, was sie wohl kosteten. Auch das Mädchen wurde plötzlich wach, als es seinen Boss erblickte, und richtete
sich kerzengerade auf. Er nickte ihr kurz zu, dann wandte er
sich nach links in einen schmalen Korridor, und ich folgte
ihm dicht auf den Fersen.
Wir landeten in einem winzigen Büro. Es enthielt einen
Schreibtisch mit einem Drehsessel und einen weiteren Sessel
für Besucher. Drei Bildschirme flackerten lautlos und zeigten drei unterschiedliche Szenen: das Foyer, die Bar mit der
Bühne und einen weiteren Bereich, von dem ich annahm,
dass es sich um die Rückseite des Clubs handelte. In der Bar
saß ein halbes Dutzend zusammengesunkener Gestalten
und beobachtete ein Mädchen in hohen Stiefeln und einer
Hand voll Pailletten bei einer Art gymnastischem Tanz auf
der Bühne. Ihr stark geschminktes Gesicht zeigte keine Gefühlsregung, und ihre Augen waren auf irgendeinen Punkt
in weiter Ferne gerichtet, eine andere Welt. Es war so wunderschön und tot wie das Gesicht auf einem ägyptischen
Mumiensarkophag. Sie tanzte nicht für die Gäste in der Bar,
sondern für sich selbst und irgendein unsichtbares, ganz
anderes Publikum.
»Es ist Kunst«, sagte Allerton, der meinem Blick gefolgt
war.
»Nein, ist es nicht«, widersprach ich. Ich wollte nicht mit
ihm streiten und ihn gegen mich aufbringen, doch ich nehme Schauspielkünste ernst.
Allerton starrte mich aus zusammengekniffenen Augen
an. »Du bist keiner von diesen feministischen Vögeln, oder?
Sie tauchen alle fünf Minuten hier auf, kleben irgendwelche
Plakate an meine Fenster und gießen Sekundenkleber in die
Schlösser.«
»Nein«, sagte ich. »Aber ich habe früher Schauspielunterricht genommen.«
»Schön für dich«, sagte er ohne das geringste Interesse. Er
schälte sich aus seinem Mantel und setzte

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