Granger Ann - Varady - 04
Notiz von
mir nehmen, und ich würde Jerry Wilde kommen sehen.
Ich machte mich in meinen anderthalb geschnürten Stiefeln auf den Weg nach Kew.
Die Rushhour hatte bereits eingesetzt, und die U-Bahn war
voll. Pendler stiegen ein und aus. Ich fragte mich, ob Jerry
Wilde unter ihnen war und ob es vielleicht besser wäre, wenn
ich beim Ausgang der U-Bahn wartete. Doch in dieser Menschenmenge und angesichts des schlechten Lichts konnte er
unbemerkt an mir vorbeigehen. Selbst wenn ich mich am
Fuß der Brücke über die Gleise postierte, konnte ich ihn
noch verpassen. Ich beschloss, mich an meinen ursprünglichen Plan zu halten.
Der Regen, der bereits am Morgen eingesetzt hatte, hielt
immer noch an. Es war bitterkalt. Ich erreichte die Bank in
der Straße der Wildes und setzte mich darauf, die Arme vor
der Brust verschränkt und die Hände unter den Achseln,
um mich warm zu halten. Hinter und über mir raschelten
die Bäume trübselig. Das Natriumlicht der Straßenlaterne
glänzte auf dem nassen Pflaster, und ich wurde von allen
Seiten durchnässt. Wasser tropfte von den Zweigen in meinen Kragen, und Windböen wehten mir Regen ins Gesicht.
Wagen schossen vorbei und sandten Fontänen von überfließenden Gullys in meine Richtung. Weil die Bank bereits nass
gewesen war, als ich mich darauf niedergelassen hatte, wurde
auch meine Hose nass, und ich hatte das unangenehme Gefühl, dass die Nässe durch meinen Schlüpfer ging. Ich nahm
an, dass all dies dazugehörte, wenn man ein Privatdetektiv
war, doch ich hatte inzwischen auch erkannt, dass dieser Beruf bei weitem überschätzt wurde. Mein einziger Trost bestand darin, dass bei diesem Wetter niemand auf der Straße
war, nicht einmal die Lady mit dem Foxterrier, also würde
mich wohl auch niemand fragen, was zur Hölle ich hier zu
suchen hätte. Und falls doch, konnte ich mir immer noch irgendeine Geschichte ausdenken, beispielsweise, dass ich von
meinem Freund versetzt worden war.
In den Häusern entlang der Straße gingen nach und nach
die Lichter hinter den teuren Jalousien und Vorhängen an.
Gelegentlich, wo die Vorhänge nicht zugezogen worden waren, gab das Licht den Blick frei auf komfortable Inneneinrichtungen, wie eine verbotene Welt voller Luxus, heraufbeschworen von einem Dschinn. Ich konnte das Haus der
Wildes deutlich sehen. In verschiedenen Fenstern brannte
Licht, also war jemand zu Hause, auch wenn die Vorhänge
zugezogen waren. Hin und wieder bemerkte ich eine undeutliche Bewegung hinter einem der Vorhänge, doch ich
vermochte nicht zu sagen, wer von den Wildes es war, der
große Jerry oder die puppenartige Flora oder Nicola. Schattenbilder auf Vorhängen sind in der Regel verzerrt und vergrößert.
Ich habe einmal eine Geschichte gelesen, ich glaube, es
war ein Sherlock-Holmes-Roman, wo eine ausgeschnittene
Pappfigur vor einem Vorhang einen Beobachter in dem
Glauben wiegt, Sherlock Holmes wäre zu Hause. Ich hatte
keine Ahnung, wie das funktionieren sollte. Die Pappfigur
bewegte sich schließlich nicht. Selbst wenn wir nur dasitzen,
bewegen wir uns immer ein klein wenig, auch wenn wir
schlafen. Ich habe mehr als einmal auf einem Stuhl geschlafen. Es ist nicht besonders bequem. Der Kopf rollt von einer
Seite zur anderen. Man dreht sich herum, um eine bessere
Position zu finden. Falls der Beobachter auf der Straße denken sollte, dass Sherlock zu Hause war, wieso hatte er sich
dann nicht gewundert, dass der große Detektiv nicht hin
und wieder frischen Tabak in seine Pfeife stopfte, um anschließend ein paar Notizen für seine nächste kleine Monografie über die unzähligen verschiedenen Tabaksorten niederzukritzeln? Oder warum er nicht aufstand, um ein paar
Töne auf seiner Violine zu spielen? Ich sage Ihnen, es kann
nicht funktionieren.
Ich fühlte mich inzwischen ziemlich unbehaglich auf
meiner Bank, und hin und her rutschen brachte keine Besserung. Ich lehnte mich zurück und versuchte, meinen
durchnässten Zustand zu ignorieren und die Tatsache, wie
dämlich ich für jeden aussehen musste, der vorbeifuhr und
einen Blick in meine Richtung warf. Vielleicht glaubten sie,
dass ich betrunken war oder auf Drogen. Vielleicht riefen sie
ja sogar die Polizei. Ich wünschte, ich hätte einen Walkman
mitgenommen, um wenigstens etwas Musik hören zu können. Ich fing an, über Newspaper Normans freies Zimmer
nachzudenken und ob ich wirklich darin wohnen könnte.
Es waren nicht Zog auf meiner Etage und Sid oben unter
dem Dach, die mich
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