Granger Ann - Varady - 05
Schluckspecht hier mit auf die Wache nehmen, um
seine Aussage aufzunehmen.«
Ich ging zu Haris Zeitungsladen und begrüßte Ganesh. »Warum bist du nicht auf der Arbeit?«, fragte er überrascht. »Hast
du was von den Bullen gehört?«, fügte er mit gesenkter
Stimme und einem vorsichtigen Seitenblick zu Hari hinzu.
»Nein – oder besser ja, aber es war nicht das, was ich erwartet habe. Ganesh, ich muss mit dir reden. Ich dachte, ich
hätte alles herausgefunden, aber wie sich zeigt, war das ein
Irrtum. Etwas ziemlich Katastrophales ist passiert.«
Mit so wenig Worten wie möglich berichtete ich ihm, was
sich an diesem Morgen in der Pizzeria ereignet hatte.
Selbst Ganesh verschlug es für einige Augenblicke die
Sprache. Dann stieß er einen leisen Pfiff aus. »Du hattest also doch recht mit deiner Annahme, dass irgendetwas in diesem Laden nicht mit rechten Dingen zugeht.«
Ich nahm das als Entschuldigung und akzeptierte sie
großzügig als solche. »Ich hatte recht, dass irgendetwas
nicht mit rechten Dingen zugeht, ja. Es war nur nicht das,
was ich vermutet habe.« Ich seufzte. »Was mich wirklich
schmerzt, ist das, was Wally mir erzählt hat, als ich mich mit
ihm unten im Keller unterhalten habe. Er hat gesagt, der
Wein wäre Dreckszeug. Warum habe ich bloß nicht auf ihn
gehört?«
»Weil du auf Ions Geschichte und auf diesen Max fixiert
warst. Und weil du außerdem – wie alle anderen auch – geglaubt hast, Wally wäre nichts weiter als ein alter Trunkenbold, dessen Gehirn nicht mehr richtig funktioniert.«
Ja, ganz genau. Ich hatte den Keller durchsucht und auch
die Weinregale in Augenschein genommen. Ich hatte die
Beweise buchstäblich in Händen gehalten, doch mir war nie
in den Sinn gekommen, dass das San Gennaro anstatt in
Menschenschmuggel in ganz andere dunkle Machenschaften verwickelt sein könnte. Wie Ganesh sagte, ich war viel
zu sehr auf Ion fixiert gewesen und blind für alles andere.
»Und was mache ich jetzt?«, fragte ich entmutigt.
»Du tust das, was Parry dir gesagt hat«, antwortete Ganesh entschieden. »Du gehst nach Hause und ruhst dich
aus. Wir haben heute Abend immer noch unseren Auftritt.
Du musst ausgeschlafen sein, damit du dich konzentrieren
kannst. Außerdem hast du Cole eine Nachricht für die Morgan hinterlassen, und vielleicht kommt sie ja vorbei.«
Das klang vernünftig – wie üblich bei Ganesh. Ich ging
nach Hause.
Meine Sorgen waren für diesen Tag noch nicht vorüber. Als
ich im Flur meines Wohnhauses angekommen war, schrillte
das Münztelefon unmelodisch. Alle anderen schienen außer
Haus zu sein. Fast hätte ich es hängen lassen, bis es von alleine aufgehört hatte, getreu Erwins Rat; doch dann überlegte ich, dass es vielleicht Janice Morgan war, die mich zu erreichen versuchte.
»Bist du das, Fran?«, krächzte eine vertraute Stimme in
mein Ohr. »Alles in Ordnung mit dir, Süße?«
»Susie!«, ächzte ich. »Ich habe mir ja solche Sorgen um
dich gemacht! Weißt du, dass deine Wohnung in die Luft
…«
»Die Cops waren hier und haben mich informiert. Meine
Schwester veranstaltet einen Höllenärger. Ich bin bei ihr
ausgezogen und wohne jetzt in einem B & B. Wenigstens
kennt mich hier keiner. Ich habe mir Sorgen um dich gemacht, Fran. Vielleicht solltest du auch für eine Weile aus
der Stadt verschwinden.«
»Ich kann nicht«, antwortete ich. »Ich habe heute Abend
meinen Auftritt. Aber ich habe leider keinen Job mehr.« Ich
erzählte ihr von der Razzia in der Pizzeria.
»Hab ich’s dir nicht gleich gesagt?«, sagte Susie. »Habe
ich dir nicht gleich gesagt, eines Tages erscheinst du zur Arbeit und stellst fest, dass es in dem Laden von Bullen nur so
wimmelt?«
»Doch, hast du.« Alle hatten mir irgendwas gesagt oder
mich gewarnt.
»Dann hatten wir also beide recht mit unseren Ahnungen, Fran. Ich dachte, es wäre ein eigenartiger Laden, und
du dachtest das Gleiche.«
»Nur im Prinzip, Susie. Es war ein fauler Laden, ja. Sie
hatten ein Ding am Laufen. Ich habe nur das falsche Ding
geraten. Betrügereien mit Wein wären mir nie in den Sinn
gekommen. Kein Wunder, dass Luigi so empfindlich reagiert hat, als ich das Zeug kritisiert habe.«
»Dieser Luigi«, sagte Susie sentimental. »Ich nehme an,
sie werden ihn für eine Weile einbuchten.« Sie klang, als bedauere sie das.
Ich hoffte, dass sie ihn für verdammt lange Zeit einbuchten würden. Luigi gehörte zu der Sorte, die auf Rache sinnt,
und wenn er je herausfand, dass ich jedem erzählt
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