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Grant County 03 - Dreh dich nicht um

Grant County 03 - Dreh dich nicht um

Titel: Grant County 03 - Dreh dich nicht um Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
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halb voll war. Das Zimmer war dunkel, das einzige Licht kam von verschiedenen Monitoren. Tessa war erst vor einer Stunde vom Beatmungsgerät genommen worden. Der Herzfrequenzmesser war noch immer angeschlossen, mit metallischem Piepen verkündete er jeden Schlag ihres Herzens.
    Sara streichelte die Hand ihrer Schwester. Ihr war nie aufgefallen, wie klein Tessas Hände waren. Sie erinnerte sich noch an Tessas ersten Schultag, als Sara sie an die Hand genommen und zum Schulbus gebracht hatte. Bevor die Mädchen loszogen, schärfte ihre Mutter Sara ein, gut auf die kleine Schwester aufzupassen. Und diese Devise sollte für ihre ganze Kindheit gelten. Selbst ihr Vater übertrug Sara die Verantwortung für ihre Schwester, auch wenn Sara später vermutete, dass der wahre Grund ein anderer war: Eddie kannte den breiten Rücksitz von Steve Manns Buick nur zu gut, also gab er Sara die kleine Schwester als Anstandswauwau mit.
    Tessa bewegte den Kopf, als spürte sie, dass jemand da war.
    »Tess?« Sara hielt ihre Hand, drückte sie sanft. »Tessie?«
    Tessa machte ein Geräusch, das wie ein Seufzer klang. Sie legte sich die Hand auf den Bauch wie Tausende von Malen in den letzten acht Monaten.
    Langsam öffnete Tessa die Augen. Sie sah sich im Zimmer um, bei Sara blieb ihr Blick hängen.
    »Hallo«, sagte Sara und lächelte erleichtert. »Hallo, meine Süße.«
    Tessa bewegte die Lippen und fasste sich an den Hals.
    »Hast du Durst?«
    Als Tessa nickte, sah sich Sara nach dem Becher mit Eiswürfeln um, den die Krankenschwester dagelassen hatte. Das Eis war zum großen Teil geschmolzen, doch Sara fischte ihrer Schwester ein paar Stückchen heraus.
    »Du hattest einen Schlauch in der Luftröhre«, erklärte sie. »Es fühlt sich noch eine Weile wund an, wahrscheinlich tut es beim Sprechen weh.«
    Tessa schloss die Augen, als sie schluckte.
    »Hast du starke Schmerzen?«, fragte Sara. »Soll ich die Krankenschwester rufen?«
    Sara war schon aufgestanden, doch Tessa ließ ihre Hand nicht los. Sie musste die Frage nicht aussprechen, die sie am meisten beschäftigte.
    »Nein, Tessie«, sagte Sara, und jetzt rollten ihr die Tränen über das Gesicht. »Wir haben es verloren. Wir haben sie verloren.« Sara presste die Lippen auf Tessas Hand. »Es tut mir so leid. Es tut mir so – «
    Sie brach ab, und für eine Weile war nur das Piepen des Monitors zu hören.
    »Erinnerst du dich an den Überfall?«, fragte Sara. »Weißt du, was passiert ist?«
    Tessa bewegte den Kopf einmal zur Seite. Nein.
    »Du bist in den Wald gegangen«, sagte Sara. »Brad hat gesehen, wie du eine Plastiktüte aufgehoben hast. Du hast Müll gesammelt. Weißt du das noch?«
    Wieder schüttelte Tessa den Kopf.
    »Wir glauben, dass dich jemand beobachtet hat.« Sara zögerte. »Es war jemand im Wald. Vielleicht wollte er die Tüte haben. Vielleicht …« Doch sie führte den Gedankengang nicht zu Ende. Zu viele Informationen würden ihre Schwester nur verwirren, und Sara kannte die Fakten ja nicht einmal selbst.
    Sara sagte: »Jemand hat dich mit einem Messer angegriffen.«
    Tessa wartete.
    »Ich habe dich im Wald gefunden. Du lagst auf einer Lichtung, und ich … ich habe getan, was ich konnte. Ich habe versucht, dir zu helfen. Ich konnte nichts für dich tun.« Sara konnte die Tränen nicht zurückhalten. »O Gott, Tessie, ich habe es versucht.«
    Sara legte den Kopf auf das Bett, um ihre Tränen zu verbergen. Sie musste stark sein für ihre Schwester, musste ihr zeigen, dass sie es gemeinsam durchstehen würden. Aber sie konnte nur daran denken, dass sie die Schuld an allem trug.
    »O Tess«, schluchzte Sara. Sie brauchte die Vergebung ihrer Schwester mehr als alles auf der Welt. »Es tut mir so leid.«
    Sie spürte Tessas Hand auf ihrem Kopf. Tessa versuchte, Sara zu sich zu ziehen.
    Sara sah auf, ihr Gesicht nur Zentimeter von Tessas entfernt.
    Tessa bewegte die Lippen, doch sie konnte den Mund noch nicht richtig bewegen. Sie hauchte nur ein Wort: »Wer?«
    Wer hatte ihr das angetan, wer hatte ihr Kind ermordet?
    »Ich weiß es nicht«, sagte Sara. »Wir versuchen, es herauszufinden, meine Liebste. Jeffrey ist im Einsatz, in diesem Moment, er tut alles, was in seiner Macht steht.« Saras Stimme brach. »Er sorgt dafür, dass der, der das getan hat, nie wieder jemandem etwas zuleide tut.«
    Tessa berührte Saras Wange. Mit zitternder Hand wischte sie Saras Tränen weg.
    »Es tut mir so leid, Tessa. Es tut mir so leid.« Sara flehte: »Sag mir, was ich tun

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