Grant County 03 - Dreh dich nicht um
wieder.«
»Das ist gut.«
Jetzt lief Ned mit ausgebreiteten Armen auf Sara zu. Kinder fühlten sich meistens wohl bei ihr, was ihr den Beruf oft erleichterte. Sie steckte das Handy in die Tasche und hob den Jungen auf ihren Schoß.
Mason bemerkte: »Er hat ein Faible für schöne Frauen.«
Sie lächelte kommentarlos und wiegte Ned auf ihren Knien. »Seit wann hinkst du?«
»Kinderbiss«, erklärte er und lachte, als er ihr Gesicht sah.
»Ärzte ohne Grenzen.«
»Wow.« Sara war beeindruckt.
»Ob du’s glaubst oder nicht, wir haben in Angola Kinder geimpft. Ein kleines Mädchen hat mir ein Stück aus der Wade gebissen.« Er kniete sich hin, um Ned den Schuh zuzubinden. »Zwei Tage später wurde debattiert, ob sie mir das Bein amputieren müssten, um die Entzündung in den Griff zu bekommen.« In seine Augen trat ein wehmütiger Glanz.
»Ich hätte immer gedacht, du würdest mal so was machen.«
»Beine amputieren?«, fragte sie, doch sie wusste, was er meinte. »In der Provinz gibt es nicht genug Ärzte«, erklärte sie dann. »Meine Patienten sind auf mich angewiesen.«
»Da haben sie aber Glück.«
»Danke«, sagte sie. Das war die Art von Kompliment, mit der sie umzugehen wusste.
»Ich fasse es nicht, dass du Gerichtsmedizinerin bist.«
»Mein Dad hat auch erst nach dem dritten Jahr aufgehört, mich Quincy zu nennen.«
»Kann ich mir lebhaft vorstellen.« Er schüttelte lachend den Kopf.
Ned wand sich auf ihrem Schoß, und sie wippte ihn heftiger auf und ab. »Ich mag die Wissenschaft. Ich mag die Herausforderung.«
Mason sah sich in der Eingangshalle um. »Hier gibt es auch eine Menge Herausforderungen.« Er zögerte. »Du bist eine brillante Ärztin, Sara. Du hättest Chirurgin werden sollen.«
Sie lachte verlegen. »Das hört sich an, als würde ich meine Zeit verplempern.«
»Das meine ich nicht. Ich finde es nur eine Schande, dass du zurück aufs Land gezogen bist.« Er fügte hinzu: »Egal aus welchen Gründen.« Dabei nahm er ihre Hand und drückte sie sanft.
Sara erwiderte den Händedruck. »Wie geht’s deiner Frau?«
Er lachte, doch er ließ ihre Hand nicht los. »Sie genießt es, das Haus für sich allein zu haben, jetzt, wo ich ins Holiday Inn gezogen bin.«
»Ihr habt euch getrennt?«
»Vor sechs Monaten. Seitdem ist es in unserer Gemeinschaftspraxis nur noch halb so schön.«
Sara dachte an Ned auf ihrem Schoß. Sie wusste, dass Kinder viel mehr mitbekamen, als Erwachsene annahmen.
»Endgültig?«
Masons Lächeln wirkte gezwungen. »Sieht so aus.«
»Und wie geht’s dir?« Er klang wehmütig. Mason hatte versucht, Kontakt zu halten, nachdem sie das Grady Hospital verlassen hatte, aber es hatte nicht geklappt. Damals war es wichtig für sie gewesen, alle Verbindungen nach Atlanta zu kappen. Hätte sie die Freundschaft mit Mason aufrechterhalten, wäre ihr die Rückkehr nach Grant sehr viel schwerer gefallen.
Sie dachte über eine Antwort nach, doch ihre Beziehung mit Jeffrey war so Undefiniert, dass sie sich nur schwer beschreiben ließ. Plötzlich drehte sie sich zur Tür, sie hatte Jeffreys Kommen geahnt, noch bevor sie ihn gesehen hatte. Mit dem Jungen im Arm stand Sara auf.
Jeffrey lächelte nicht. Er sah genauso erschöpft aus, wie sie es selbst war. Sara fiel auf, dass die grauen Strähnen in seinem Haar immer mehr wurden.
»Hallo«, sagte Mason und streckte Jeffrey die Hand entgegen.
Jeffrey nahm sie und sah Sara fragend an.
»Jeffrey«, sagte sie und ließ Ned herunter. »Das ist Mason James, ein früherer Kollege von hier.« Ohne weiter nachzudenken, sagte sie zu Mason: »Das ist Jeffrey Tolliver, mein Mann.«
Mason war ebenso überrascht wie Jeffrey, und Sara war es vielleicht am allermeisten.
»Nett, Sie kennen zu lernen«, sagte Jeffrey, ohne den Irrtum aufzuklären. Er grinste so frech, dass Sara Lust bekam, ihre Worte zu korrigieren.
Jeffrey deutete auf das Kind. »Und wen haben wir hier?«
»Ned«, erklärte Sara. Sie staunte, als Jeffrey sich bückte und dem Kleinen einen Stups unters Kinn gab.
»Hallo, Ned«, sagte er.
Die Offenheit, mit der Jeffrey auf den Jungen zuging, überraschte Sara. Am Anfang ihrer Beziehung hatten sie darüber gesprochen, dass Sara keine Babys bekommen konnte. Sara hatte sich oft gefragt, ob Jeffreys Scheu im Umgang mit Kindern daher rührte, dass er ihre Gefühle nicht verletzen wollte. Jetzt war er jedenfalls alles andere als reserviert. Er schnitt Grimassen und brachte Ned zum Lachen.
»So«, Mason nahm Ned bei der
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