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Grant County 03 - Dreh dich nicht um

Grant County 03 - Dreh dich nicht um

Titel: Grant County 03 - Dreh dich nicht um Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
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einen Gefallen schuldest.«
    »Das tue ich«, sagte sie. Sie wollte ihm danken, doch sie biss sich auf die Zunge. Er hätte sich nur wieder über sie lustig gemacht.
    »Ich schätze, du arbeitest heute Nacht an Greg Louganis?«
    Sara musste einen Moment nachdenken, bis ihr einfiel, dass Greg Louganis der berühmte Olympiasieger im Turmspringen war.
    »Richtig«, sagte sie. »Hast du Andy Rosen zufällig gekannt?« Hare war Notarzt in Grant.
    »Ich dachte mir doch, dass du drei und drei zusammenzählst«, antwortete er. »Kurz nach Neujahr wurde er mit einem Unterarmleck eingeliefert.« Seit er in der Notaufnahme arbeitete, hatte Hare für jedes menschliche Leiden irgendeinen Spruch.
    »Und?«
    »Nicht so schlimm. Die Arterie ist zusammengeflutscht wie ein Gummiband.«
    Sara hatte darüber nachgegrübelt. Sich die Pulsadern quer aufzuschneiden, war keine besonders geschickte Art, sich umzubringen. Wenn die Arterie durchtrennt war, zog sie sich ziemlich schnell zusammen. Es gab bessere Methoden, wenn man verbluten wollte.
    »Meinst du, es war ein ernst gemeinter Versuch?«
    »Ein ernst gemeinter Versuch, Aufmerksamkeit zu erregen«, sagte Hare. »Mummy und Daddy sind ausgeflippt. Der Sohnemann wurde mit Liebe überschüttet, als er das tapfere Schneiderlein spielte.«
    »Hast du einen Psychologen hinzugezogen?«
    »Seine Mutter ist Seelenklempnerin«, antwortete er. »Sie wollte sich selbst drum kümmern, verdammte Kacke.«
    »War sie unhöflich?«
    »Natürlich nicht!«, gab er zurück. »Sie war von ausgesuchter Höflichkeit. Ich wollte nur ein bisschen dramatisieren.«
    »War es denn dramatisch?«
    »Für die Eltern schon. Aber wenn du mich fragst, der Kleine war cool wie Permafrost.«
    »Du meinst also, er hat es getan, weil er die Aufmerksamkeit brauchte?«
    »Ich meine, er hat es für ein Auto getan.« Er machte ein ploppendes Geräusch. »Und, wer hätte das gedacht, als ich eine Woche später meinen Hund ausführe, fährt Andy in einem nagelneuen Mustang an mir vorbei.«
    Sara legte sich die Hand an die Schläfe und versuchte, sich zu konzentrieren. »Warst du überrascht, als du hörtest, dass er sich umgebracht hat?«
    »Ziemlich«, erklärte Hare. »Der Junge war viel zu egoistisch, um sich umzubringen.« Er räusperte sich. »Alles entre nous, versteht sich. Das ist Französisch und heißt – «
    »Ich weiß, was das heißt«, unterbrach Sara, bevor Hare sich eine gewagte Übersetzung ausdenken konnte. »Sag mir Bescheid, wenn dir sonst noch was einfällt.«
    »Na gut«, er klang enttäuscht.
    »Sonst noch was?«
    Hare atmete hörbar aus. »Ja, da ist noch was. Bist du gegen Kunstfehler versichert?«
    Er zögerte lang genug, dass Sara einen gehörigen Schreck bekam. Natürlich wusste sie, dass er sie bloß aufzog. Wie bei allen amerikanischen Ärzten war Saras Kunstfehlerprämie höher als die Staatsverschuldung. »Ja?«
    »Gilt die Versicherung für mich mit? Wenn ich meine noch einmal in Anspruch nehme, muss ich das Gratis-Steakmesser-Set zurückgeben.«
    Sara sah in Richtung Tür. Zu ihrer Überraschung kam Mason James auf sie zu, mit einem zwei- oder dreijährigen Jungen an der Hand.
    Sie sagte zu Hare: »Ich muss Schluss machen.«
    »Schon wieder.«
    »Hör mal, Hare«, sagte Sara. Als Mason näher kam, bemerkte sie zum ersten Mal, dass er leicht hinkte.
    »Jaaa?«
    Sie wusste, sie würde ihre Worte bereuen. »Vielen Dank fürs Einspringen.«
    »Gehst du dafür wieder mit mir?«, fragte er feixend und legte auf.
    Mason lächelte sie warmherzig an. »Ich hoffe, ich störe nicht.«
    »Es war nur Hare«, sagte sie, »mein Cousin.« Sie wollte aufstehen, doch er bedeutete ihr, sitzen zu bleiben.
    »Du bist sicher müde«, sagte er. Dann schlenkerte er die Hand des kleinen Jungen. »Das ist Ned.«
    Sara lächelte das Kind an. Er sah seinem Vater ziemlich ähnlich. »Wie alt bist, Ned?«
    Ned hielt zwei Finger hoch, doch Mason beugte sich zu ihm herunter, um den dritten Finger aus der kleinen Faust zu pulen.
    »Drei«, sagte Sara. »Dann bist du ja schon ein großer Junge.«
    »Vor allem ist er ein verschlafener Junge«, sagte Mason und verwuschelte ihm das Haar. »Wie geht’s deiner Schwester?«
    »Besser«, antwortete sie. Wieder war sie kurz davor, in Tränen auszubrechen. Bis auf die zwei Worte, die sie zu Sara gesagt hatte, hatte Tessa noch nichts gesprochen. Die meiste Zeit, wenn sie wach war, starrte sie mit leerem Blick gegen die Wand. »Sie hat starke Schmerzen, aber sie wird schon

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