Grant County 03 - Dreh dich nicht um
hinunter auf die Straße. Sara wusste, entweder konnte sie auf stur schalten und die vierstündige Fahrt nach Grant schweigend verbringen, oder sie gab sich einen Stoß, streichelte sein verletztes Ego, und die Fahrt würde einigermaßen erträglich werden.
Gerade wollte sie klein beigeben, als Jeffrey tief Luft holte. Er atmete langsam aus. Sie sah, wie er ruhiger wurde.
»Wie geht es Tessie?«
»Besser.« Sie lehnte sich ans Treppengeländer.
»Und deinen Eltern?«
»Ich weiß es nicht.« Ehrlich gesagt hatte sie keine Lust, darüber nachzudenken. Cathy schien es besser zu gehen, doch ihr Vater war so wütend, dass es Sara jedes Mal, wenn sie ihn ansah, innerlich zerriss vor Schuldgefühlen.
Schritte kündigten an, dass ihnen jemand entgegenkam. Sie warteten ab, bis zwei Krankenschwestern an ihnen vorbeigelaufen waren. Keiner von beiden gelang es, das Kichern zu unterdrücken.
Dann sagte Sara: »Wir sind alle müde. Und besorgt.«
Jeffrey sah hinüber zum Haupteingang des Krankenhauses, der emporragte wie der Eingang von Batmans Höhle.
»Für die beiden ist es sicher nicht einfach, in Atlanta zu sein.«
Sie zuckte die Schultern. Am nächsten Treppenabsatz fragte sie: »Wie war es mit Brock?«
»Okay.« Seine Haltung entspannte sich. »Aber der Typ ist echt abgedreht.«
Sara erklomm die nächste Treppe. »Du müsstest mal seinen Bruder kennen lernen.«
»Ja, den hat er erwähnt.« Am Absatz hatte er sie eingeholt. »Wohnt Roger Brock noch in der Stadt?«
»Er ist nach New York gezogen. Da ist er jetzt irgendeine Art von Agent.«
Jeffrey schüttelte sich theatralisch, und sie spürte, wie bemüht er darum war, den Streit zu begraben.
»Dan Brock ist gar nicht so schlimm.« Als er klein war, war er so furchtbar gehänselt worden, dass Sara es nicht mit ansehen konnte. In der Klinik behandelte sie sicher zwei, drei Kinder im Monat, die im Grunde gar nicht krank waren, sondern nur unter dem schrecklichen Hänseln in der Schule litten.
»Ich bin gespannt auf die Ergebnisse des Drogenscreenings«, sagte Jeffrey. »Rosens Vater scheint zu glauben, dass Andy clean war. Seine Mutter ist sich da nicht so sicher.«
Sie zog die Brauen hoch. Die Eltern waren meistens die Letzten, die etwas mitbekamen, wenn Kinder Drogen nahmen.
»Ja«, sagte er, als er ihre Skepsis sah. »Ich weiß noch nicht, was ich von Brian Keller halten soll.«
»Keller?« Wieder ein Absatz, wieder tat sich eine Treppe vor ihnen auf.
»Der Vater. Der Sohn hat den Namen seiner Mutter angenommen.«
Sara blieb stehen und schöpfte Atem. »Wo zum Teufel hast du denn geparkt?«
»Ganz oben«, sagte er. »Noch eine Treppe.«
Sie hangelte sich am Geländer weiter. »Was stört dich an dem Vater?«
»Irgendwas ist mit ihm. Heute Morgen schien er mit mir reden zu wollen, doch dann kam seine Frau ins Zimmer, und er hat dichtgemacht.«
»Nimmst du ihn dir nochmal vor?«
»Morgen«, sagte er. »Frank wird solange ein bisschen rumschnüffeln.«
»Frank?«, fragte Sara überrascht. »Warum kann das nicht Lena machen? Sie ist doch viel näher dran – «
Er schnitt ihr das Wort ab. »Sie ist nicht mehr bei der Polizei.«
Die letzten Stufen erklomm Sara schweigend. An der Tür zum Parkdeck musste sie kurz verschnaufen. Selbst so spät am Nachmittag war das Parkdeck noch voller Autos. Über ihnen braute sich ein schweres Gewitter zusammen, der Himmel färbte sich unheilvoll schwarz. Die Beleuchtung auf dem Parkdeck schaltete sich ein, als sie sich Jeffreys Wagen näherten.
Eine Gruppe Männer hatte sich um einen großen schwarzen Mercedes versammelt, die muskelbepackten Arme über der Brust verschränkt. Als Jeffrey vorbeikam, tauschten sie Blicke aus, sie hatten ihn sofort als Cop erkannt. Sara bekam Herzklopfen, als sie wartete, dass Jeffrey den Wagen aufschloss. Sie war von der unerklärlichen Angst erfüllt, irgendetwas Schreckliches würde passieren.
Im blau gepolsterten Kokon des Wagens fühlte sie sich sicher. Sie beobachtete, wie Jeffrey um den Wagen herumging und auf seiner Seite einstieg, den Blick starr auf die Jungs am Mercedes gerichtet. Das ganze Imponiergehabe hatte seinen Grund, das wusste Sara. Wenn die Kerle glaubten, Jeffrey hätte Angst, dann würden sie ihn schikanieren. Kam Jeffrey umgekehrt zu dem Schluss, sie wären angreifbar, dann würde er sich vielleicht zu einer Zivilkontrolle hinreißen lassen.
»Anschnallen«, ermahnte Jeffrey und schloss die Tür. Folgsam ließ sie den Gurt einrasten.
Sara schwieg, als sie
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