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Grant County 03 - Dreh dich nicht um

Grant County 03 - Dreh dich nicht um

Titel: Grant County 03 - Dreh dich nicht um Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
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sie.
    »Ungefähr ein Jahr«, sagte er. »Ich bin von der University of Georgia her gewechselt.«
    »Wie kommt’s?«
    »Hat mir dort nicht gefallen.« Er zuckte die Schultern. Die Geste sagte mehr als alle Worte. Vielleicht war er von der Uni geflogen. »Ich wollte an ein kleineres College. An der UGA ist es wie im Dschungel. Gewalt, Verbrechen … Vergewaltigung. Kein Ort, an dem ich mich freiwillig aufhalten will.«
    »Und in Grant ist es anders?«
    »Hier ist das Tempo langsamer.« Er spielte wieder mit seinem Teebeutel. »An der UGA habe ich mich verändert. Nicht gerade zu meinem Vorteil. Es war wohl einfach alles zu viel für mich.«
    Lena verstand ihn sogar, doch das sagte sie nicht. Stattdessen überlegte sie wieder fieberhaft, was sie mit Andy Rosen in Verbindung gebracht haben konnte. Es musste ein Irrtum sein. Vielleicht hatte sie in Jill Rosens Praxis irgendetwas angefasst, das in Andys Zimmer gelandet war. Das war die einzige Erklärung. Was die Unterhose anging, das würde sich früher oder später schon aufklären. Doch wie kam Jeffrey darauf, es wäre ihre? Lena hätte mit ihm reden sollen, statt ihn noch mehr gegen sich aufzubringen. Sie hätte Ethan sagen sollen, dass er sich verdammt nochmal rauszuhalten hatte. Er war schuld, dass die Sache mit Jeffrey eskaliert war, nicht sie selbst. Sie hoffte nur, Jeffrey wusste das auch. Jeffrey zum Feind zu haben war gefährlich. Er konnte sie in Schwierigkeiten bringen, nicht nur in der Stadt, sondern auch am College. Und wenn sie hier gefeuert würde, dann stünde sie auf der Straße.
    »Lena?« Ethan holte sie in die Gegenwart zurück.
    »Wer ist denn dieser enge Freund von Andy?«
    Ethan verwechselte die Verzweiflung in ihrer Stimme mit Schärfe. »Du klingst wie ein Cop.«
    »Ich bin Cop«, antwortete sie automatisch.
    Er lächelte traurig, als wäre er enttäuscht von ihr.
    »Ethan?« Sie versuchte, ihre Panik zu verbergen.
    »Ich mag es, wenn du meinen Namen sagst«, sagte er spöttisch. »So voller Wut.«
    Sie sah ihn zornig an. »Mit wem hing Andy herum?«
    Er tat so, als dachte er nach, doch sie merkte, dass er ihr noch nicht sagen wollte, was er wusste. Er ließ die Information wie einen Köder vor ihrer Nase baumeln. In seinem Blick war derselbe Ausdruck wie vorhin, als er ihr fast das Handgelenk gebrochen hatte.
    »Hör mal, verarsch mich nicht«, sagte sie. »Ich habe genug Scheiße am Hals, da brauche ich nicht noch so einen Idioten wie dich.« Dann bremste sie sich. Ethan war ihre einzige Chance, an Information über Andy Rosen heranzukommen. »Hast du mir was zu sagen oder nicht?«
    Er presste die Lippen zusammen und schwieg.
    »Okay«, sagte sie und stand auf. Sie hoffte, er durchschaute den Bluff nicht.
    »Heute Abend ist wieder Party«, lenkte er ein. »Ein paar von Andys Freunden werden dort sein. Der Typ, den ich meine, auch. Er und Andy waren ziemlich eng.«
    »Wo?«
    Jetzt hatte er seine Überlegenheit wieder gewonnen.
    »Willst du etwa einfach da reinmarschieren und Fragen stellen?«
    »Was willst du eigentlich von mir?«, fragte Lena. Um irgendwas ging es immer. »Was willst du?«
    Ethan zuckte die Schultern, aber sie las die Antwort in seinen Augen. Er fühlte sich zu ihr hingezogen, doch er hatte die Dinge gern unter Kontrolle. Lena kannte das Spiel. Und sie war besser darin als irgendein dreiundzwanzigjähriger Knabe.
    Sie lehnte sich über die Stuhllehne. »Sag mir, wo die Party ist.«
    »Ich habe mir unser Gespräch ehrlich gesagt etwas anders vorgestellt«, sagte er reumütig. »Es tut mir leid wegen deiner Hand.«
    Lena warf einen Blick auf ihre Hand. Dunkelblaue Flecken markierten die Stelle, an der seine Finger zugedrückt hatten.
    Sie sagte: »Nichts passiert.«
    »Du siehst aus, als hättest du Schiss vor mir.«
    »Warum sollte ich?«, erwiderte Lena ungläubig.
    »Weil ich dir wehgetan habe.« Er deutete auf ihre Hand. »Komm schon, es war nicht so gemeint. Tut mir leid.«
    »Glaubst du, nach dem, was letztes Jahr passiert ist, habe ich Schiss vor einem kleinen Jungen, der Händchen halten will?« Sie schnaubte.
    Wieder verwandelte sich sein Gesicht von Dr. Jekyll zu Mr. Hyde, seine Kiefer knirschten wie eine Baggerschaufel.
    »Was ist?« Lena fragte sich, wie weit sie gehen konnte. Wenn er wieder versuchte, ihr wehzutun, würde sie ihm gehörig in die Eier treten. »Habe ich deine Gefühle verletzt? Muss der kleine Ethan jetzt weinen?«
    Seine Stimme war ruhig und beherrscht. »Ich weiß, wo du wohnst.«
    Sie lachte.

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