Grant County 03 - Dreh dich nicht um
und sie wusste die Antwort, noch bevor er es sagte. »Lena.«
Sara unterdrückte einen Seufzer und sah aus dem Fenster. Jeffrey quälte sich mit Lena herum, seit sie denken konnte.
»Was hat sie getan?« Das diesmal verkniff sie sich.
»Sie hat gar nichts getan. Oder vielleicht doch. Ich weiß es nicht.« Er dachte nach. »Ich glaube, sie hat den Jungen gekannt, Andy Rosen. Wir haben ihre Fingerabdrücke bei ihm gefunden. Auf einem Buch, das er aus der Bibliothek hatte.«
»Vielleicht hatte sie es vor ihm ausgeliehen.«
»Nein«, sagte er. »Wir haben in der Kartei nachgesehen.«
»Sie haben euch da reinschauen lassen?«
»Na ja, wir sind nicht den offiziellen Weg über die Bibliothekarin gegangen.« Sara konnte nur vermuten, welche Fäden Jeffrey gezogen hatte um Einblick in die Bibliothekskartei zu erhalten. Nan Thomas würde einen Tobsuchtsanfall bekommen, wenn sie das herausfand, und Sara würde es ihr nicht einmal übel nehmen.
Sara mutmaßte: »Vielleicht hat Lena das Buch geliehen, ohne dass es jemand mitbekam.«
»Hältst du Lena wirklich für den Typ, der die Dornenvögel liest?«
»Keine Ahnung«, gab Sara zu. Sie konnte sich Lena überhaupt nicht beim entspannten Lesen vorstellen, erst recht nicht mit einem Liebesroman. »Hast du sie gefragt? Was sagt sie dazu?«
»Nichts. Ich wollte, dass sie mitkommt. Sie hat sich geweigert.«
»Wohin, aufs Revier?«
Er nickte.
»Da hätte ich mich aber auch geweigert.«
Er schien echt überrascht. »Warum?«
»Sei nicht albern«, sagte sie, ohne auf die Frage einzugehen. »Glaubst du, Lena verbirgt etwas?«
»Ich weiß nicht.« Er trommelte wieder auf das Lenkrad.
»Sie war irgendwie verschlossen. Oben auf dem Hügel – als du und Tessa fort wart – schien sie Andys Namen zu erkennen. Aber als ich sie danach fragte, hat sie es geleugnet.«
»Kannst du dich an ihre Reaktion erinnern, als Andys Leiche umgedreht wurde?«
»Sie war nicht dabei«, erinnerte sie Jeffrey.
»Stimmt«, sagte Sara.
»Wir haben noch etwas gefunden. Einen Damenslip in seinem Zimmer.«
»Von Lena?« Sara fragte sich, warum Jeffrey das nicht gleich gesagt hatte.
»Es ist nur eine Vermutung.«
»Was für ein Slip ist es denn?«
»Nicht wie einer von deinen. Eher so was Kleines.«
Sie warf ihm einen Blick zu. »Na, vielen Dank.«
»Du weißt schon, was ich meine. Die, die hinten schmal sind.«
»Ein Tanga?«
»Wahrscheinlich. Aus Seide, dunkelrot, mit Spitze am Beinausschnitt.«
»Hört sich ungefähr so nach Lena an wie Dornenvögel. «
Jeffrey zuckte die Schulter. »Man kann nie wissen.«
»Könnte der Slip Andy Rosen gehört haben?«
Jeffrey schien darüber nachzudenken. »Nicht auszuschließen, wenn man bedenkt, was er mit seinem …« Er beendete den Satz nicht.
»Vielleicht hat er ihn Ellen Schaffer geklaut.«
»Das Haar war dunkel«, erklärte Jeffrey. »Ellen Schaffer ist eine Blondine.«
Sara lachte. »Da würde ich nicht unbedingt drauf wetten.«
Jeffrey schwieg. Dann sagte er: »Lena könnte mit Andy Rosen geschlafen haben.«
Sara hielt das für unwahrscheinlich, aber bei Lena wusste man wirklich nie.
Er fuhr fort: »Da war so ein junger Kerl, als ich versuchte, mit Lena zu reden. Irgend so ein kleiner Arsch, der aussah, als ginge er noch zur High School. Vielleicht hat sie was mit ihm. So sah es jedenfalls aus.«
»Sie schläft mit Andy Rosen und hat was mit diesem Kerl?« Sara schüttelte den Kopf, »Nach dem, was letztes Jahr passiert ist, kann ich mir nicht vorstellen, dass Lena so schnell wieder auf der Piste ist.« Sie verschränkte die Arme und lehnte sich gegen die Tür. »Bist du dir sicher, dass es ihre Unterhose ist?«
Jeffrey schwieg. Er schien mit sich zu hadern, ob er ihr eine bestimmte Sache sagen sollte oder nicht.
»Was ist es?«, wollte Sara wissen. »Jeff?«
»Es geht um … Spuren.« Sara wunderte sich über seine Zurückhaltung. Wahrscheinlich ergab sich aus seiner Beziehung zu Lena ein gewisses Tabu; sonst war er jedenfalls nie so schüchtern, wenn es um diese Dinge ging. »Selbst wenn genug dran ist für eine DNA-Analyse, wird Lena uns ganz bestimmt nicht freiwillig Vergleichsmaterial zur Verfügung stellen. Wenn sie uns nur was gäbe, könnten wir sie gleich von jedem Verdacht befreien, und alles wäre einfacher.«
»Wenn sie nicht mal mit aufs Revier kommen will, dann wird sie sich bestimmt keine Blutprobe abnehmen lassen.«
Er klang gereizt. »Ich würde sie gern aus der Sache raushalten, Sara. Wenn sie sich selbst
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