Grant County 05 - Gottlos
Resopalplatte. In all den Jahren, die sie schon hier arbeitete, war ihr die künstliche Maserung nie aufgefallen.
Sie musste an das Holz denken, aus dem die Kiste gezimmert worden war. Die Bretter hatten relativ neu ausgesehen, und das Gitter über dem Rohr sollte offensichtlich verhindern, dass Blätter und Äste das Luftrohr verstopften. Jemand hatte sie dort gefangen gehalten, am Leben gehalten, aus makabren Gründen. Lief ihr Entführer gerade da draußen herum und dachte an seine Gefangene in der Holzkiste? War es für ihn eine Art sexuellerKitzel, dass er Macht über ihr Leben besaß? Bestand die Befriedigung einfach darin, dass er sie diesem qualvollen Tod überlassen hatte?
Sara erschrak, als das Telefon wieder klingelte. Sie nahm den Hörer ab. «Jeffrey?»
«Warte kurz.» Er legte die Hand auf den Hörer und sprach erneut mit jemandem im Hintergrund. Sara wartete ab, bis er wieder dran war. «Wie alt schätzt du sie?»
Sara spekulierte nicht gerne: «Zwischen sechzehn und neunzehn vielleicht. Im Moment ist das noch schwer zu sagen.»
Er gab die Information an die Kollegen am Tatort weiter, dann fragte er: «Glaubst du, jemand hat sie gezwungen, diese Kleider anzuziehen?»
«Ich weiß es nicht.» Sie hatte keine Ahnung, worauf er hinauswollte.
«Ihre Strümpfe sind sauber.»
«Vielleicht hat er ihr die Schuhe erst weggenommen, als sie in der Kiste war», überlegte sie. Langsam dämmerte es ihr. «Ich muss sie untersuchen, bevor ich sagen kann, ob sie vergewaltigt worden ist.»
«Vielleicht hat er damit noch gewartet», bemerkte Jeffrey, und beide dachten schweigend über diese Möglichkeit nach. «Hier draußen regnet es in Strömen», sagte er dann. «Wir versuchen, die Kiste auszugraben. Vielleicht liefert sie uns Hinweise.»
«Das Holz sah neu aus.»
«An der Innenseite ist es verschimmelt», gab er zurück. «Vielleicht verrottet es unter der Erde langsamer.»
«Ist das Holz behandelt?»
«Ja», sagte er. «Und die Kanten sind auf Gehrung gezimmert. Wer auch immer die Kiste gebaut hat, hat sie nicht einfach zusammengenagelt. Das war ein Handwerker.» Er schwieg einen Moment. Schließlich sagte er: «Sie sieht aus wie ein kleines Mädchen, Sara.»
«Ich weiß.»
«Jemand muss sie vermissen», seufzte er. «Sie ist nicht einfach von zu Hause ausgerissen.»
Sara schwieg. Sie hatte zu oft erlebt, dass die Autopsie unerwartete Geheimnisse zutage förderte, und wollte keine voreiligen Schlüsse ziehen. Es gab so viele Umstände, die dazu geführt haben könnten, dass das Mädchen an jenem dunklen Ort im Wald gelandet war.
«Wir geben eine Suchmeldung raus», sagte Jeffrey. «Landes weit .»
«Glaubst du, jemand hat sie von woanders hergebracht?», fragte Sara überrascht. Aus irgendeinem Grund war sie davon ausgegangen, dass das Mädchen aus der Gegend kam.
«Dieser Wald ist kein Privatgelände», erklärte er. «Hier kommen alle möglichen Leute vorbei.»
«Aber an der Stelle …» Sara unterbrach sich. Sie fragte sich, ob sie vielleicht in der letzten Woche nachts aus ihrem Fenster gesehen hatte, während der Entführer sein Opfer im Schutz der Dunkelheit auf der anderen Seite des Sees bei lebendigem Leib begraben hatte.
«Er wollte bestimmt nach ihr sehen», knüpfte Jeffrey an Saras vorigen Gedanken an. «Wir hören uns in der Nachbarschaft um, ob sich in letzter Zeit jemand hier herumgetrieben hat, der nicht hergehört.»
«Das ist meine Laufstrecke da draußen», warf Sara ein. «Und ich bin noch nie jemandem begegnet. Wir hätten sie überhaupt nicht entdeckt, wenn du nicht über das Rohr gestolpert wärst.»
«Brad untersucht das Rohr auf Fingerabdrücke.»
«Vielleicht wäre es besser, wenn du das machst», erwiderte sie. «Oder ich.»
«Brad weiß, was er tut.»
«Das meine ich nicht», sagte sie. «Du hast dich verletzt. An dem Rohr ist Blut von dir.»
Jeffrey zögerte einen Moment. «Er trägt Handschuhe.»
«Auch eine Schutzbrille?», fragte Sara. Sie kam sich kleinkariert vor, doch sie musste das Thema ansprechen. Jeffrey antwortete nicht, und so wurde sie deutlicher: «Ich will dir nicht auf die Nerven gehen, aber wir sollten vorsichtig sein, solange das Ergebnis noch nicht da ist. Du würdest es dir nie verzeihen, wenn …» Sie bremste sich. Den Rest konnte er sich denken. Als er weiter schwieg, fragte sie: «Jeffrey?»
«Ich gebe Carlos das Rohr mit», erklärte er, und sie hörte ihm an, dass er verärgert war.
«Tut mir leid», sagte sie, auch wenn sie nicht
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