Grappa 02 - Grappas Treibjagd
ist schwer verheiratet und hat Kinder. Ein echter Saubermann!«
»Na und, was heißt das schon? Du bist auch verheiratet und hast sogar drei Kinder. Hält dich das vom Fremdgehen ab?«
Er wurde ärgerlich. »Mensch, Maria! Das ist doch was anderes. Der hier ist aktiv in seiner katholischen Gemeinde, geht jeden Sonntag in die Kirche, unterstützt Künstler und soziale Gruppen. Seine Frau ist in irgendwelchen christlichen Wohlfahrtsverbänden engagiert und so weiter. Sogar eine Wallfahrt nach Lourdes hat der mal gemacht, damit es seinen Patienten besser geht. Der betet sogar, bevor er sich die Haare kämmt!«
»Ein Heuchler eben. Wie viele Männer. Peter, lass uns überlegen! Warum trifft sich dieser Mann mit Lauras Kollegin? Warum hat sich die Engler für Lauras letzten Fall interessiert? Warum wollte sie von Naider unbedingt die Akte haben?«
»Welche Akte?«
Ich erzählte ihm von der verschwundenen Akte mit Lauras letztem Fall. Dem Fall der kleinen Beate Bartusch, die monatelang von einem unbekannten Mann namens »Onkel Herbert« missbraucht worden war. Nur dass ich die Akte geklaut hatte und sie sich in meinem Schließfach befand, ließ ich erst mal weg. Peter Jansen brauchte auch nicht alles zu wissen, zumindest noch nicht.
»Irgendwie gibt es eine Verbindung zwischen Laura, Beate Bartusch, Agnus Naider, Frau Engler und diesem Bet-Bruder. Aber welche? Wo ist der gemeinsame Anknüpfungspunkt? Welche Rolle spielt ›Onkel Herbert‹? Und was hat das alles mit Lauras Tod zu tun?«
Peter Jansen überlegte. »Alles hängt mit dieser Beratungsstelle zusammen. Und der Arbeit, die dort gemacht wird. Alle Verdächtigen kennen sich. Laura muss etwas gewusst haben. Und dieses Wissen war tödlich für sie!«
»Vielleicht geht es um Erpressung! Was hat Ellenbogen der Engler in dem Lokal gegeben? Was war in dem Umschlag? Geld?«
»Irgendwie ist diese Story bombig«, meinte Jansen und strahlte, »ein richtiger Kriminalfall. Und die Polizei hat mal wieder keine Ahnung. Schnappt sich diesen Dünnbrettbohrer! Was willst du als Nächstes machen, du Spürnase?«
»Zunächst werde ich mir diesen gottesfürchtigen Professor mal näher ansehen«, sagte ich, »als Journalistin dürfte das wohl kaum ein Problem für mich sein. Sein Hobby ist die psychologische Märchendeutung – so hat mir Laura erzählt. Darüber könnte ich ja mal einen Artikel schreiben. Oder ich knöpfe mir sein soziales Engagement vor! Hehre Lichtgestalt drängt den Mühselig und Beladenen ihre guten Taten auf. Solchen Typen gefällt es doch, wenn sie von der Presse einen Heiligenschein verpasst bekommen!«
Jansen lachte. »Nimm lieber die Sache mit den Märchen. So was macht sich gut in der Wochenendausgabe. Ganz weit hinten, auf den Seiten für die Schöngeister. Schreib doch mal eine lange, nachdenkliche Geschichte, die niemand bis zu Ende durchhält.«
»Na gut. Ich könnte ihn ja mal fragen, was Rotkäppchen wirklich im Korb hatte, den es zur Großmutter bringen wollte. Kuchen und Wein – ob das wohl alles war? Und welche Rolle spielt der böse Wolf? Hat er sich an Rotkäppchen vergriffen?«
Wir lachten und blödelten weiter. »Und frag ihn mal, was Schneewittchen in Wahrheit mit den sieben Zwergen getrieben hat«, fuhr Jansen fort, »wahrscheinlich war die Kleine etwas nymphoman veranlagt. Und pass nur auf, dass er nicht glaubt, du seist die böse Hexe in Hänsel und Gretel, die ihn verspeisen will.«
Ich winkte ab. »Ich glaube, der Mann wäre ein Grund, lebenslange Diät einzulegen. Ich kann Heuchler nicht ausstehen.« Dann ging ich an meinen Schreibtisch und wählte die Telefonnummer der Zentralklinik. Bat devot um einen Termin beim Herrn Professor. Die Sekretärin meldete sich fünf Minuten später. Am anderen Morgen gegen elf sollte ich im Vorzimmer erscheinen.
Ein Märchenprinz mit vielen Flecken
Ich wurde vorgelassen. Bewaffnet mit Block und Kugelschreiber betrat ich das Zimmer des Chefarztes, die wissbegierige Journalistin mimend. Für solche Tarn- und Täuschungsrunden hatte ich sogar die passende Garderobe: das kleine dunkelblaue Kostüm mit dem kurzen Jäckchen, darunter ein weißes Hemdblüschen, die roten Haare artig im Nacken zu einem Pferdeschwanz zusammengerafft und durch eine Chanel-Schleife gebändigt. Solche Herren standen auf konservativ und brav. Er ließ seinen Blick wohlwollend über mich gleiten, als ich in sein Zimmer trat.
»Vielen Dank, dass Sie für mich Zeit haben, Herr Professor. Aber in unserer neuen Serie
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