Grappa 02 - Grappas Treibjagd
Und hat selbst Filme gedreht und angeboten. Aber das ganz große Geld ist nicht an Bartuschs Händen hängengeblieben!«
»Wenn Sie das wissen, wieso ist Bartusch dann nicht im Knast?«
»Er ist haftunfähig. Starkes Asthma. Ein guter Anwalt hat ihn rausgeholt.«
»Wer hat den Anwalt bezahlt?«
»Ich will mal so sagen: der Lolita-Zirkel. Sie müssen sich das Ganze vorstellen wie eine kriminelle Vereinigung, mafiaähnlich strukturiert.«
»Wie viel Umsatz wird mit solchen Produkten gemacht?«
»Manche Händler sind dabei zu Millionären geworden. Die Nachfrage steigt und steigt … Beweise zu finden, ist schwierig. Im Fall Bartusch wissen wir nicht, wo wir den Täter suchen sollen. Dieser Mann hat sich verkleidet, sein Äußeres total verändert. Wo also sollen wir diesen ›Onkel Herbert‹ suchen?«
Ich blickte Jansen an, der nickte zustimmend. »Ich habe einen Verdacht, wer dieser Onkel Herbert ist«, sagte ich dann.
Zahlmann blickte überrascht auf. »Dann lassen Sie mal hören!«
Ich erzählte. Ließ fast nichts aus, erwähnte Lauras Arbeit und brachte ihren Tod mit der Suche nach »Onkel Herbert« in Verbindung.
Zahlmann schaute nicht so, als sei er durch meine Story beeindruckt. »Und? Welche Beweise haben Sie?«
»Seine Reaktion auf meinen Besuch in der Zentralklinik. Dass er hinter der Akte her war. Und die Sache mit der Mausehaut-Puppe, das kann kein Zufall sein. Außerdem weiß ich, dass er es war!«, meinte ich trotzig.
»Das ist dünn, oder? Wenn die Eltern und das Kind ihn nicht identifizieren? Das reicht noch nicht mal dazu, ihn zu einer Vernehmung ins Polizeipräsidium zu bestellen.«
Zahlmann erhob sich. »Und jetzt hätte ich gern die Akte, die Frau Gutweil über Beate Bartusch angelegt hat. Wie Sie da dran gekommen sind, sagen Sie mir nicht, oder?«
Ich schüttelte den Kopf: »Zeugnisverweigerungsrecht für Journalisten. Aber – weil Sie es sind. Man hat sie uns anonym zugeschickt.«
Er glaubte kein Wort und meinte: »Ich verstehe. Wenn's wichtiger wäre, würde ich Sie in Beugehaft nehmen lassen und zwar solange, bis Sie plaudern.«
Wir sagten dazu nichts. Ich gab Zahlmann schweigend die Akte. Die Kopien lagen sicher in meinem Schreibtisch.
Der Kommissar erhob sich und steckte Bartuschs Schießeisen ein. »Immerhin etwas«, meinte er zufrieden und blickte auf die Waffe, »wenn die hier bei dem Anschlag auf Sie benutzt worden ist, dann kriegen wir Bartusch wenigstens dafür dran.«
»Ach ja? Ich dachte, der sei haftunfähig?«
»Wer so schön schießen kann und mit seinem Auto einen Unfall inszeniert, bei dem ein Mensch verletzt wird, der kann so krank nicht sein. Sein Anwalt dürfte es diesmal nicht schaffen.« Und im Umdrehen konnte er sich die Bemerkung nicht verkneifen: »Ihnen den Rat zu geben, mit der Geschichte aufzuhören, erspare ich mir, weil er vergebens wäre. Aber rufen Sie mich wenigstens an, wenn was ist, ja?«
Peter Jansen und ich nickten synchron. Mit schweren und doch elastischen Schritten verließ Hauptkommissar Friedel Zahlmann die Redaktion.
Bierstadt vergisst schnell
Wir machten uns an das Tagesgeschäft. Die Fotos von Beates Zeichnungen aus Lauras Akte trockneten gerade. Ein Haus, ein Baum in Schwarz, gelbe Schäfchenwolken, ein Mädchen im roten Kleid, über dem ein vierblättriges Kleeblatt wie ein Damokles-Schwert schwebte. Als ich die Zeichnungen zum ersten Mal gesehen hatte, hatte ich das Kleeblatt für ein Glückssymbol gehalten. Inzwischen wusste ich es besser.
Der Artikel erschien. Bierstadt stand Kopf. Auch in den Tagen danach. Alle wollten das arme kleine Mädchen bei sich aufnehmen, Schulklassen sammelten Geld, und der Name »Onkel Herbert« wurde zum bestgehassten Namen in unserer Stadt.
Bartusch war in Untersuchungshaft, und seiner Frau ging es besser. Doch reden wollte sie noch immer nicht, sie hatte Angst. Ellenbogen hatte sich übrigens in der Klinik nicht um seine »Verwandte« gekümmert, die ich ihm so nett ans Herz gelegt hatte. Und bei mir oder bei der Zeitung meldete er sich nicht. Auch, dass sein Foto neben der Überschrift Wer ist Onkel Herbert? eingeklinkt war, führte ihn nicht zu unüberlegten Handlungen.
Unter dem Foto hatte Peter Jansen ein überschwängliches Loblied auf das »Forschungs- und Informationszentrum für Kindheit und Sexualität« gesungen und die Verdienste seines Vorsitzenden herausgestellt. Aber – Ellenbogen machte keinen Fehler. Stellte sich tot.
Die Öffentlichkeit forderte Informationen von den
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