Grappa 02 - Grappas Treibjagd
gut so. Ich musste die Überlegene spielen, die alles im Griff hat, mit jeder Situation spielend fertig wird.
»Darf ich Ihnen etwas zu trinken anbieten?«, fragte ich höflich.
»Antworten Sie!«, herrschte er mich an.
»Herr Naider und ich haben den Räumen im Keller Ihres Institutes einen Besuch abgestattet«, sagte ich im Plauderton, »und dabei haben wir eine nette kleine Kollektion von Filmen, Fotomagazinen und Fotoserien gefunden. Die haben alle eins gemeinsam: In ihnen wird gezeigt, wie Erwachsene Kinder vergewaltigen und missbrauchen und das auch noch Liebe nennen. Und eine Adressenkartei und ein paar Disketten für den Computer haben wir auch noch gefunden. Ihr Herr Kowalke, diese treue Seele, hat uns ordnungsgemäß quittiert, was wir mitgenommen haben.«
Ich lächelte ihn an. Er hatte die Hand mit der Waffe sinken lassen. Seine Mundwinkel zuckten. »Wer weiß davon?«
»Die Polizei. Sie ist gerade unterwegs, um den Rest zu beschlagnahmen. Und sie weiß auch, dass Sie der Vorsitzende des Institutes beziehungsweise seines Trägervereins sind. Und der Anruf von Frau Engler ist den Behörden auch bekannt, denn sie hängt ja mit drin, wie Sie wissen.«
»Wird man einen Haftbefehl gegen mich beantragen?«
Die Antwort auf diese Frage würde mein Leben retten, durchfuhr es mich wie ein Blitz, wenn ich jetzt ›nein‹ sagte, dann würde er mich nicht umbringen. Ich musste ihm das Gefühl geben, dass er sich noch aus der Sache retten konnte.
Ich schüttelte den Kopf. »Nein, Ihr Name ist nicht gefallen. Von einem Haftbefehl ist mir nichts bekannt, leider. Denn ich persönlich bin überzeugt, dass Sie da mit drin hängen, und zwar kräftig. Aber der Staatsanwalt sieht das leider ganz anders. Er glaubt, dass Ihr guter Name missbraucht worden ist. Ich konnte ihn leider nicht vom Gegenteil überzeugen.«
Sein Gesichtsausdruck änderte sich. Es hatte geklappt! Er legte die Waffe auf den Tisch, schlug die Hände vors Gesicht und jammerte: »Mein Gott! Ich habe von nichts gewusst, ich bin belogen und betrogen worden. Das müssen Sie mir glauben!«
Eine schlechte Vorstellung, doch er spielte sich warm. Sogar eine Träne quetschte er sich aus einem seiner wasserblauen Augen, diesen Augen, mit denen er kleine Mädchen für seine sexuellen Wünsche abtaxierte!
Bis zur Vernehmung durch die Staatsanwaltschaft konnte er noch viele Male die Rolle des gutgläubigen Biedermanns üben. Irgendwann würde die Rolle dann sitzen. Ich hätte ihn umbringen können, diesen verdammten Heuchler!
»Sie hatten keine Ahnung? Und wer hat den Schwarzen Peter? Wer ist der Boss des Lolita-Zirkels? Vermutlich Herr Kowalke, oder? Der hat das alles ganz allein gemanagt!«
Er blickte mich mit Unschuldsmiene an und sagte mit brechender Stimme: »Ich kann mir vorstellen … auch wenn ich es kaum zu denken wage, es ist Frau Engler! Bettina Engler!«
»Und warum gerade sie? Warum hat Frau Engler Sie denn informiert, dass Naider und ich im Teutoburger Wald waren? Welchen Grund sollte sie gehabt haben, wenn Sie von nichts wissen?«
Er überlegte kurz. »Sie hat mich angerufen, das ist richtig. Sonst wäre ich ja nicht hier. Sie hat ein Geständnis abgelegt und zugegeben, dass alles ohne mein Wissen geschah. Sie war völlig hysterisch am Telefon.«
Seine Tränen waren versiegt, der Blick wieder klar, und die Stimme klang normal. Er trainierte, und ich war seine Sparring-Partnerin. »Und warum soll eine Frau wie Frau Engler so was tun?«
»Das ist mir ja auch rätselhaft. Sie sagte etwas von Geldproblemen, ganz habe ich sie nicht verstanden, denn sie war völlig verzweifelt.«
»Welche Geldprobleme?«
»Bettina Engler ist spielsüchtig. Fast jeden Abend besucht sie das Casino. Sie hat mich oft um Geld gebeten, und ich habe es ihr gegeben. Aus Mitleid!«
»Mir kommen die Tränen! Weiß Frau Engler denn schon, dass sie die Hauptschuldige sein wird?«
»Es ist ganz einfach die Wahrheit! Sie allein war es! Sie hat den Handel betrieben. Und das wird sie auch der Polizei erklären, da bin ich mir ganz sicher!«
Das mit der Spielsucht könnte stimmen, dachte ich. Der Rest war gelogen. Die Frau würde die Schuld auf sich nehmen, allein um von ihrer Sucht los zu kommen. Denn im Gefängnis gibt es kein »Bakkarat«, kein »Black Jack« und auch keine einarmigen Banditen, die man mit Geld füttern musste! Er würde ihr die Schulden erlassen, sie würde für ihn in den Knast gehen. Ein Deal auf Gegenseitigkeit!
»Und wenn Sie so unschuldig sind,
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