Grappa 02 - Grappas Treibjagd
Waffe zu Tür, »und jetzt raus! Die Pistole behalte ich.«
Die Polizei sucht und findet
»Meine Leute und ich sind mit dem Ergebnis der Durchsuchung zufrieden. Als unsere Bielefelder Kollegen das Institut gegen 23.30 Uhr erreichten, trafen wir einen Herrn Kowalke, seine Frau und eine Frau Engler an. Alle drei waren gerade dabei, einen Kombi-Wagen mit Schriftstücken und Filmkassetten zu beladen. Die Beamten verhinderten den Abtransport.« Dr. Wendelin, der Staatsanwalt, bemühte sich, so geschäftsmäßig und unbeteiligt wie möglich zu berichten.
»Und? Was haben die drei gesagt, als plötzlich Polizei auftauchte?«, wollte ich wissen.
»Ich komme gleich dazu«, meinte Schnösel und schraubte sich ein dünnes Lächeln heraus. Trotz seines nächtlichen Einsatzes hatte Dr. Wendelin Zeit für ein Duschbad gehabt, der Geruch des parfümierten Gels erschlug den Duft des Regens, der durchs geöffnete Fenster drang. Ich atmete durch und hörte nur mit einem halben Ohr zu. Er erging sich in endlosen Schilderungen von uninteressanten Details. Dann wischte er sich die nicht vorhandenen Schweißperlen von der Stirn, so, als habe er die nächtliche Aktion völlig ohne Hilfe gemeistert. Ich gähnte.
»Ich zeigte dem Beschuldigten Kowalke den Durchsuchungsbefehl und verhinderte, dass er während unserer Aktion weitere Beteiligte informieren konnte. Nach erster Durchsicht des Materials handelt es sich um verbotene Schriften und Filme, in denen Minderjährige zur Prostitution angehalten werden. Die Straftatbestände nach Paragraf 174 Strafgesetzbuch, sexueller Missbrauch von Schutzbefohlenen, Paragraf 176, sexueller Missbrauch von Kindern, Paragraf 180, Förderung sexueller Handlungen Minderjähriger, und 180 a, Förderung der Prostitution, kommen hier voll zur Anwendung.« Triumphierend blickte Wendelin Jansen und mich an, als erwarte er Szenenapplaus.
Oberlangweiler, dachte ich und fragte: »Und gegen wen werden diese vielen schönen Paragrafen nun angewandt?«
»Zunächst gegen Unbekannt«, erläuterte Schnösel, »denn wir müssen nun ermitteln, wer die Filme hergestellt hat, wer die Täter, wer die Opfer sind.«
Das hörte sich nach einer Zehnjahresplanung an! Ellenbogen würde schon in Rente sein, wenn er zu einer ersten Vernehmung bestellt würde.
»Keine Haftbefehle? Was ist mit Frau Engler? Oder diesem Kowalke und seiner Frau? Oder dem honorigen Professor Ellenbogen? Haben wir Ihnen die Beweise überlassen, damit Sie die Chose vermasseln?«
Die Wut kroch mir den Rücken hoch. Jansen machte eine beruhigende Geste in meine Richtung. Ich übersah sie.
»Es ist alles nicht so einfach, wie Sie sich das als Journalistin vorstellen«, meinte der Staatsanwalt ärgerlich. »Aber ich kann Sie beruhigen. Im Strafgesetzbuch gibt es auch den Paragrafen 184, Absatz 3, das Verbot der Verbreitung pornografischer Schriften nämlich, in denen der sexuelle Missbrauch von Kindern dargestellt wird. Deshalb sitzen Herr und Frau Kowalke und Frau Engler seit heute früh in Untersuchungshaft.«
»Na also, es geht doch! Und was ist mit Professor Ellenbogen? Er ist der Kopf dieser Porno-Bande! Die Kowalkes und Frau Engler sind doch nur die Handlanger!«
»Zurzeit gibt es keine Anhaltspunkte dafür. Weder Frau Engler noch das Ehepaar Kowalke haben Herrn Dr. Ellenbogen belastet. Es sieht tatsächlich so aus, als habe er von all dem nichts gewusst.«
»Sie ermitteln also nicht gegen ihn?«
»Wir müssen uns an Fakten halten. Ich habe nicht die geringste Lust, Herrn Ellenbogen ohne Anhaltspunkte zu beschuldigen. Ein guter Anwalt fegt eine solche Sache innerhalb weniger Minuten vom Tisch, und ich bekomme Probleme …«
»Um Himmels willen«, meinte ich höhnisch, »das wollen wir ja vermeiden, dass Sie Probleme bekommen, Herr Staatsanwalt.«
Peter Jansen mischte sich ein: »Wie wäre es mit einer Gegenüberstellung? Mit diesem Bartusch zum Beispiel, der hat doch die Filme von seiner kleinen Tochter gemacht und sie in den Magazinen anbieten lassen? Hat auf Frau Grappa geschossen. Und er kennt diesen mysteriösen ›Onkel Herbert‹, er hat ihn schließlich selbst jede Woche einmal empfangen, bevor er ihm seine Tochter überlassen hat.«
»Das wäre eine Möglichkeit«, gab Dr. Wendelin zu, »aber der Mann hat bisher so gut wie nichts gesagt. Der Beschuldigte Bartusch schweigt, was sein gutes Recht ist, denn ihn erwartet auf jeden Fall ein Strafverfahren.«
Ich sah die Aufklärung meiner Mord- und Kinderporno-Story in weite Ferne
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