Grappa 02 - Grappas Treibjagd
entschwinden.
»Sagt er auch nicht, wer ihm sein neues Auto bezahlt hat?«, wollte ich wissen.
»Nein, er hat angeblich Geld beim Galopp-Rennen gewonnen. Er weiß genau, dass er nicht mehr als fünf Jahre ins Gefängnis muss, und denkt vermutlich an die Zeit danach. Sein Anwalt ist auf jeden Fall einer der besten Strafverteidiger der Stadt.«
»Und wer bezahlt den?«, fragte ich.
»Das wissen wir nicht, ist auch ohne Relevanz für das Verfahren. Mehr kann ich Ihnen zum jetzigen Zeitpunkt nicht mitteilen. Und jetzt entschuldigen Sie mich bitte, ich habe in der Sache noch ein Fernsehinterview zu geben und muss ins Studio fahren.«
Dr. Wendelin warf noch einen prüfenden Blick in den kleinen Spiegel, der über dem Waschbecken seines Büros hing. Er lockerte sein Haar etwas auf und zupfte sich das Hemd mit dem Krokodil zurecht.
»Die haben eine Maskenbildnerin«, beruhigte ich ihn, »die macht auch aus Ihrem Gesicht etwas!«
Sein Blick gefiel mir und brachte mich zum Grinsen. Dr. Wendelin öffnete wortlos die Tür, um uns ohne »Guten Tag« hinauszulassen, und sprang mit jugendlich-dynamischen Schritten die Stufen zum Ausgang hinunter.
»Fernsehinterview!«, rief ich aus, als er die Glastür aufdrückte, »so macht der unsere Story zu dem Meilenstein seiner Beamtenkarriere! Hätten wir die Sache doch lieber allein durchgezogen!«
»Wir waren und bleiben die Ersten! Wir haben ja die Fotos von der Aktion!« Jansen grinste zufrieden.
»Wie bitte?« Ich war verblüfft. »Welche Fotos denn?«
»Von dem Polizeieinsatz heute Nacht!«
»Peter! Hast du schlecht geträumt? Wir haben keine Fotos!«
»Ganz im Gegenteil«, feixte Jansen, »zum Träumen bin ich nicht gekommen. Auch nicht zum Schlafen. Ich habe Meister gestern Nacht ins Grüne geschickt, mit einem hochempfindlichen Film. Das Ergebnis kann sich sehen lassen! Viele grüne Männchen, die viele schöne Sachen aus dem Haus schleppen. Dazu noch Fotos von den Kowalkes und Frau Engler, wie sie in den Polizeiwagen klettern.«
»Der alte Meister war draußen? Du bist eine Kanone! Die Idee war brillant, könnte mir eingefallen sein!«
»Danke für das zweitklassige Lob! Und warum sitzt du noch nicht am Computer? Soll ich die Geschichte auch noch schreiben, oder was?«
»Aye, aye, Sir! Die Story inklusive Ellenbogen oder lieber ohne?«
»Natürlich ohne. Ich habe keine Lust, eine Schadensersatz- oder Beleidigungsklage an den Hals zu bekommen.«
»Ein bisschen feige bist du doch!«
Wir gingen durch die dunklen Flure der Staatsanwaltschaft in den feuchten Herbstmorgen. Meine Laune hatte sich noch nicht gebessert.
»Lassen wir Ellenbogen also doch davonkommen?«
Jansen schüttelte den Kopf. »Nein. Wir müssen noch warten. Der Mann ist ein großes Kaliber, und wir haben wirklich noch nicht genug Material gegen ihn. Ich kann die Behörden schon verstehen.«
Warum nur, so dachte ich, bekommen meine heißen Storys im Verlauf der Recherchen immer wieder eine merkwürdige Eigendynamik? Ich will einen Mörder fangen und lasse eine Porno-Schmiede hochgehen. Ich bin hinter »Onkel Herbert« her und bringe das Nervenbündel Frau Engler in den Knast. Alles bleibt auf halber Strecke hängen und bewegt sich nicht mehr weiter!
»Moment!«, unterbrach Jansen meine Gedanken, »da war doch noch die Sache mit dem Kleeblatt neben seinem Schniedelwutz. Das wäre es doch! Wir müssten ihn nur dazu kriegen, die Hosen runterzulassen!«
»Vergiss es, Peter!«, winkte ich müde ab. »Schon passiert. Da gibt es kein Kleeblatt.«
Er staunte Bauklötze. »Wie kannst du das wissen?«
»Ellenbogen hat mich gestern Abend besucht. Mit einer Knarre in der Hand. Machte dann plötzlich auf weinerlich und unschuldig. Als ich die Waffe dann in der Hand hatte, musste er die Hüllen fallen lassen.«
»Das gibt es doch nicht! Du guckst zu viele schlechte Krimis! Und? Was war zwischen seinen Beinen zu sehen?«
»Zunächst kochfeste Baumwolle mit halbem Bein. Maco-gekämmt. Darunter nicht die Spur von einem Kleeblatt. Und über die weiteren Kleinigkeiten will ich mich nicht auslassen. Nicht der Rede wert.«
Jansen lachte und lachte. »Du richtest eine Knarre auf den Chefarzt der Zentralklinik und zwingst ihn, die Hosen auszuziehen. Köstlich! Und er kann dich noch nicht mal verklagen. Stell dir mal diese Lachnummer vor Gericht vor. Maria, du hast den ersten Preis für hautnahen Journalismus gewonnen!«
»Das hautnah, das verbitt ich mir. Aber mal ernst: Könntest du dir vorstellen, dass wir
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